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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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drehte sich zu uns um. Ich spürte den Blick aus den Augen in einem Gesicht, das aus schwarzem Lavagestein hätte gemeißelt sein können, wie Laser auf mir ruhen. Adlernase, buschige Brauen, kurze schwarze Haare. Und überall im Gesicht Tätowierungen: Wirbel und geometrische Formen und Schnörkel um die Augen, so daß er wie ein Paisley-Halstuch aussah. Er lächelte - die Art von Ausdruck, die ich mit Gedanken daran assoziiere, jemandem den Kopf abzureißen - und kam an unseren Tisch. Ich sah, daß er ziemlich groß war, als er sich vor uns aufbaute. Groß und breit. Auf den Wülsten seiner Muskeln waren weitere Wülste zu sehen. »Wie geht's, Scotty?« knurrte er.
    Scott zuckte die Achseln. »Geht so.« Er deutete in meine Richtung. »Ich wollte dich mit jemandem bekanntmachen, Te Purewa. Mit einem Bruder vom Festland, Dirk Tozer.«
    Te Purewa - war das sein Name oder irgendein hawai'ianischer Ausdruck, den ich noch nicht verstanden hatte? - richtete seine brennenden dunklen Augen auf mich. »Kia ora!« bellte er mich an. Und dann schienen ihm fast die Augen aus dem Kopf zu quellen, und er streckte mir die Zunge heraus.
    Meine natürliche Reaktion darauf bestand darin zu lachen. Und als ich die Wut in seinen Augen aufblitzen sah, wußte ich, daß ich einen Fehler gemacht hatte. Der große Kerl verzog das Gesicht, und seine Tätowierungen schienen sich zu winden. Dann wandte er sich ohne ein weiteres Wort ab und ging.
    »O je«, sagte ich leise zu Scott.
    »Gut erkannt, Bruder.« Der Ork schüttelte den Kopf. »Ich hätte Sie wohl warnen müssen. Te Purewa...«
    »Ist das sein Name?«
    »Ja, es ist Maori, aus Aotearoa - das hieß früher mal Neuseeland.« Scott seufzte. »Jedesmal, wenn ich ihn sehe, ist er mehr Maori als zuvor. Im Grunde ist er ein guter Junge, aber manchmal geht er einfach zu weit, wissen Sie? Dieser ganze Kanike von wegen Herkunft und Abstammung... Letztes Jahr waren es die Tätowierungen« - er zog imaginäre Linien über sein Gesicht -, »dann hat er sich vor ein paar Monaten eine Sprachsoft zugelegt, damit er Maori sprechen konnte. Und jetzt zieht er auch noch den traditionellen Begrüßungsschwachsinn ab. Was das mit der Zunge soll? Er sagt, Maoris sähen einen als Zeichen des Respekts grimmig an.« Er zuckte die Achseln. »Ich halte das für Kanike, wenn man mich fragt.«
    »Und jetzt haßt er mich auf immer und ewig?«
    Scott kicherte. »Wollen Sie's genau wissen? Te Purewa hat nicht das Merkvermögen, um einen Groll über lange Zeit zu hegen, Hoa. Wenn Sie ihn das nächstemal sehen, knurren Sie ihn an und sagen: ›Kia ora!‹, dann wird er sie wie einen lange vermißten Bruder behandeln.« Er hielt inne, und sein Lächeln verblaßte. »Ich dachte, Sie würden ihn gern kennenlernen, weil er von allen Leuten, die ich kenne, einem Shadowrunner noch am nächsten kommt. Te Purewa ist SINlos und hängt bei einigen von den Kaiepa rum, bei denen immer was los ist. Ich weiß allerdings nicht, was er für Geschäfte für sie erledigt - und will es auch gar nicht wissen -, aber hier in der Gegend kommt er der Action noch am nächsten.«
    Er sah auf die Uhr. »Noch ein Bier?«
    Ich dachte darüber nach, dann schüttelte ich den Kopf. »Was liegt als nächstes an?«

    Als nächstes kam der kulturelle/historische Teil, wie sich herausstellte. Scott fuhr den Phaeton zurück ins Finanzzentrum der Innenstadt von Honolulu und dann weiter nach Osten ins Regierungsviertel der Stadt. Die erste Station war ein relativ nichtssagendes zweistöckiges Gebäude, das so aussah, als bestünde es aus behauenem Lavagestein. Trotz der Tatsache, daß das Haus nichts Besonderes war, kam es mir irgendwie bekannt vor, als hätte ich es schon einmal gesehen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich erinnerte. Das war es - eine alte 2D-Fernsehshow, die ich bei einer Retrospektive in Seattle gesehen hatte, irgendwas über Cops in Hawai'i. Bei dieser Gelegenheit hatte ich das Haus schon einmal gesehen.
    Das sagte ich auch zu Scott, doch er zuckte nur die Achseln. »Davon weiß ich nichts, Bruder, aber ich denke, daß es wohl möglich ist. Das ist der Iolani-Palast. Ein altes Gemäuer, eineinhalb Jahrhunderte alt.«
    »Aber was ist das?« fragte ich.
    Der Ork sah mich an, als hätte ich gerade ein paar Dutzend Punkte meines IQ verlegt. »Das ist der Palast, Hoa. Das Kapitol, in dem der Ali'i wohnt und mit seinem Kahuna hofhält.«
    »Mit seinem Schamanen?«
    Scott schüttelte den Kopf. »Nein. Tja, vielleicht, aber... In

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