Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
einem Shadowrun-ner machte. Er kannte tatsächlich ein paar Schieber, aber nur gesellschaftlich - jedenfalls ging ich davon aus. Übersetzung? Er lebte in den Schatten, gehörte aber nicht zu ihnen, wenn Sie den Unterschied begreifen. Vielleicht hatte er schon ein paar Leute mit den Talenten getroffen, nach denen ich suchte, aber wahrscheinlich war ihm das gar nicht bewußt.
    Trotzdem war er die einzige Eintrittskarte in die Schattengemeinde Honolulus, die ich im Augenblick hatte. Wenn mir eine Möglichkeit einfiel, ihn dazu zu bringen, seine Fühler auszustrecken - und es gleichzeitig vor den verschiedenen Parteien, die mich tot sehen wollten, zu verheimlichen -, würde ich sie wahrnehmen müssen. Dazu bedurfte es einigen Nachdenkens... was wiederum einigen Schlaf erforderte. Mein Hirn war nur noch Sojapaste. Ich streckte die Hand aus, um das Telekom auszuschalten...
    Und hielt inne. Was machte es schon, ich konnte ebensogut meine Mailbox überprüfen, wo ich einmal dabei war. Es war nicht besonders wahrscheinlich, daß Argent oder Sharon Young sich schon gemeldet hatten, aber ein Blick konnte nicht schaden. Unter Benutzung der hübsch versteckten Hintertür, die Quincys Programm in HTKs System eingerichtet hatte, erhielt ich Zugang zu meiner Mailbox und forderte das Inhaltsverzeichnis an.
    Wunder über Wunder, es wartete tatsächlich eine Botschaft auf mich: nicht ausschließlich Text, sondern sogar mit Stimme. Kein Absender - wie nicht anders zu erwarten, und die Absendeadresse gehörte einem der zahlreichen anonymen E-Mail-Dienste, die in der Karibischen Liga blühen und gedeihen. Neugierig drückte ich auf Abspielen.
    »Mr. Montgomery, wir müssen miteinander reden.«
    Meine linke Hand zuckte vor und hieb so hart auf die Pausentaste, daß das Makroplastgehäuse einen Sprung bekam. Ach, Drek... wie, zum Teufel, hatte er mich so schnell gefunden?
    Die Stimme gehörte natürlich Jacques Barnard, dem Kerl, der mir diesen Drek eingebrockt hatte, und der mich jetzt zweifellos aus dem Spiel nehmen wollte... auf Dauer und endgültig. Einen Moment lang starrte ich das Telekom mit echter Angst an.
    Dann unterdrückte ich die Aufwallung und schnaubte angewidert über meine Reaktion. Was, zum Henker, glaubte ich eigentlich? Daß Barnard aus dem verdammten Telekom gekrochen kam, wenn ich den Rest der Nachricht abspielte? Reiß dich zusammen, Montgomery. (Ein weiterer Beweis, daß meine Reaktionen im Eimer waren, flüsterte mir eine innere Stimme zu. Halt verdammt noch mal die Klappe, fauchte eine andere innere Stimme die erste an.) Ich drückte auf Zurückspulen und dann auf Abspielen.
    »Mr. Montgomery, wir müssen miteinander reden.« Die Aufnahme war so kristallklar, als stünde Barnard neben mir - kein Knistern, keine Beeinträchtigung des Klangs. Zweifellos einer der Vorteile, sich die besten Übertragungsleitungen der Konzernklasse leisten zu können. »Ich bin sehr besorgt wegen der Ereignisse und Ihrer Reaktion darauf, Mr. Montgomery«, fuhr er kalt fort. »Sie müssen sofort Kontakt mit mir aufnehmen und mir die genauen Einzelheiten im Hinblick auf das Ableben ... unseres gemeinsamen Freundes schildern. Ich bin sehr enttäuscht, daß Sie es bisher noch nicht für nötig befunden haben, sich mit mir in Verbindung zu setzen, und frage mich, ob ich Ihr Verhalten als Beweis für Ihre Komplizenschaft an... den Ereignissen interpretieren soll. Nehmen Sie so schnell wie möglich Kontakt mit mir auf, und zwar unter Benutzung der bekannten Verfahrensweise. Wir haben einiges zu besprechen und zu planen.«
    Barnards Stimme hielt kurz inne, um dann mit eisigem Unterton fortzufahren. »Ich rechne damit, sehr bald von Ihnen zu hören, Mr. Montgomery. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?« Die Aufzeichnung endete mit einem Klicken.
    Ich starrte auf den leeren Telekomschirm. Was, zum Teufel, sollte ich nun davon halten? Wenn ich Barnards Botschaft für bare Münze nahm, wußte er nicht mehr über das Warum und Wozu des Anschlags auf Tokudaiji als ich. Falls ich ihm glaubte, hatte er sich unwillkürlich -und durchaus nicht unbegründet - gefragt, ob ich Tokudaiji nicht selbst umgelegt hatte, und zwar aus Gründen, die nur ich kannte. Falls ich ihm glaubte, forderte er mich auf, mich mit ihm in Verbindung zu setzen, damit ich ihn über Tokudaijis Tod ins Bild setzte und wir unseren nächsten logischen Zug planen konnten.
    Falls. Das war das Schlüsselwort, nicht wahr? Falls ich ihm glaubte, wollte er, daß ich aus meinem Versteck

Weitere Kostenlose Bücher