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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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von Konzernen gerichtete Vergeltungsmaßnahmen vorstellen.
    Warum - warum und nochmals warum - sollte Barnard den Oyabun aus dem Weg räumen lassen? Es sei denn, er wollte die Einheimischen gegen die Konzerne aufwiegeln.
    Wie paßte das zusammen? Tatsächlich ziemlich gut.
    Zuerst wird der Oyabun umgelegt. Dann werden die Einheimischen provoziert. Dabei gehen ein paar Res-sourcen der Megakonzerne verloren. Dann - natürlich mehr aus Sorge, denn aus Wut - werden weitere Einheiten Konzernsicherheit verlegt, Privatarmeen, um die Inseln zu ›befrieden‹. Wenn man schon dabei ist, kann man auch gleich die Regierung absetzen, die sich als unfähig erwiesen hat, die Interessen der Megakonzerne zu schützen. Zum Teufel, derartiger Drek ist auch früher schon erfolgreich abgezogen worden. Fragen Sie mal einen Historiker.
    War es dann das? War ich in eine Verschwörung - eine weitere Verschwörung, um Himmels willen - verwickelt, die souveräne Regierung der verdammten Hawai'i-In-seln abzusetzen und einen Plutokraten auf den Thron zu setzen? Sanford B. Dole im neunzehnten Jahrhundert, Jacques Barnard im einundzwanzigsten...?
    Alle Fakten paßten zusammen - oder ich konnte sie zurechtbiegen -, aber ich mußte zugeben, daß es bestenfalls Indizienbeweise gab. Drek, wie ich es nur allzu oft tue, hielt ich mich fit, indem ich von Schlußfolgerung zu Schlußfolgerung sprang. Die ›Konzerncoup‹-Theorie beantwortete einige Fragen, ließ aber ein paar verwirrende Zweifel offen. Diese Zweifel nagten weiter an mir, während die rostigen Bettfedern unter meinem Rücken quietschten. Insbesondere mußte ich immer wieder an die beachtliche Diskrepanz denken, die zwischen Te Purewas Schilderung der politischen Überzeugungen seines Freundes Scott und der Art und Weise lag, wie Scott sich mir präsentiert hatte. Als wir die Demonstranten vor dem Regierungsgebäude sahen, hatte er kein Mitgefühl, keine Solidarität mit ihnen zum Ausdruck gebracht. Warum nicht, wenn er laut Te Purewa ein überzeugter Anhänger von Na Kama'aina/ ALOHA war?
    Konnten Barnard und Yamatetsu auf irgendeine Weise mit ALOHA im Bett liegen?
    Ich wälzte mich herum, und etwas bohrte sich in meine Hüfte. Keine Bettfeder, sondern etwas anderes...
    Und mit dem Ausruf: »Du bist ein verdammter Idiot!« schoß ich kerzengerade in die Höhe und wühlte in meiner Tasche. Und dort war es, wo ich es unbewußt hineingesteckt hatte, als mir der erste Schuß des Roomswee-per in den Ohren dröhnte.
    Das Etui mit dem Chip, den Barnard mir für Tokudaiji gegeben hatte.

10
    Meine Finger zitterten leicht, als ich den Chip in den Einleseschlitz des Uralt-Telekoms auf meinem Zimmer schob. Meine aufkeimende Hoffnung unterdrückend, rief ich das Inhaltsverzeichnis des Chips auf. Eine einzige Datei - barnard.txt . Ziemlich vielsagend, neh? Ich gab den Befehl ein, die Datei unter anderem Namen zu kopieren - falls es einen Schutzvirus gab, der das Original löschte, wenn jemand damit herumspielte dann versuchte ich die Kopie, nicht das Original, zu öffnen.
    Auf dem Bildschirm erschien ein Gewirr aus graphischen Symbolen - lachende Gesichter, griechische Buchstaben und ähnlicher Drek -, und der Lautsprecher gab eine Salve von Piepslauten von sich. Nun, das war nicht besonders schwer vorauszusehen gewesen, oder? Die Datei war verschlüsselt, so codiert, daß eine neugierige dritte Partei - wie ich zum Beispiel - sie nicht lesen konnte.
    Okay. Die Frage lautete jetzt, wie ›robust‹ die Verschlüsselung war. Es gibt tausend verschiedene Möglichkeiten, eine Datei zu verschlüsseln. Vielleicht ein Dutzend davon sind allgemein verbreitet. Dieses Dutzend rangiert von »Theoretisch nicht zu knacken« (praktisch gesehen, gibt es keine Verschlüsselung, die sich nicht knacken läßt) bis zu »Unsicher wie eine mit Klebeband verschlossene Safetür«. Mein nächster Schritt würde ausschließlich von der Art der Verschlüsselung abhängen, die Barnard für diese Botschaft gewählt hatte.
    (Augenblick mal. Verriet mir nicht schon die Tatsache etwas, daß es überhaupt eine Botschaft gab? Wenn die ganze Geschichte von der Ablieferung einer Botschaft Schwindel und lediglich Tarnung war, warum sollte ich mir dann die Mühe machen... Aber nein, das paßte nicht zusammen. Barnard konnte nicht wissen, ob ich mir den Chip nicht ansah, bevor ich ihn ablieferte. Irgendwas mußte darauf sein, um das Trojanische Pferd zu beruhigen.)
    Ich ließ den Text zum Anfang der verschlüsselten Datei zurückrollen

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