Haus der Sünde
Geschäftliches, Tristan«, unterbrach sie ihn, ehe er wieder mit einem komplizierten Gebäude aus Vorschlägen und Hinweisen anfangen konnte. »Es ist so lange her, seitdem ich das letzte Mal zum Essen war – ich möchte es genießen. Ich will Spaß!«, erklärte sie. »Wir wissen doch beide, dass es Gerald bestimmt nicht gefallen hätte, wenn ich ihm zu Liebe eine vertrocknete alte Witwe werden würde.«
Ein bisschen direkt, Claudia, tadelte sie sich selbst und genoss gleichzeitig das hoffnungsvolle Aufblitzen in Tristan haselnussbraunen Augen. Aber was machte das schon! Melodys Behauptung, Tristan sei an Claudia erotisch interessiert, stimmte offensichtlich. Die Tatsache, dass er sie scharf fand, war seiner Miene deutlich abzulesen und zeigte sich auch in der leichten Rötung seiner Wangen. Wahrscheinlich war er bereits ganz steif. Sie schenkte ihm ein seidenweiches Lächeln, denn der Gedanke an seinen Schwanz sagte ihr mehr als zu.
»Du hast Recht, Claudia. Natürlich sollst du Spaß haben«, erwiderte er. Seine Selbstbeherrschung, die allmählich wieder die Oberhand gewann, beeindruckte sie. »Wie wäre es, wenn wir den Wein vergessen und ich uns stattdessen eine Flasche Champagner bestelle? Wir könnten dann auf deinen Spaß anstoßen … und vielleicht auch auf eine Beziehung, die außerhalb unserer geschäftlichen liegt?«
»Wie wäre es, wenn wir das Essen einfach ganz absagen und stattdessen herausfinden, ob es in diesem Hotel ein hübsches Zimmer für uns gibt?«
Tristan klappte vor Verblüffung der Mund auf, er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Er zeigte seine regelmäßigen, weißen Zähne. Offensichtlich hatte er nicht erwartet, dass die Frau ihm gegenüber in Gedanken bereits zwei Schritte weiter war als er.
»Nun … na ja«, begann er. Sein jungenhaftes Stammeln
klang eigenartig anziehend. »Ich habe mir bereits die Freiheit genommen, eine Suite für uns zu buchen.« Nun lief er wirklich bis zum goldenen Haaransatz purpurrot an. Claudia glaubte beinahe, den Verdruss darüber mit Händen greifen zu können, dass er so tölpelhaft vor ihr wirkte. »Natürlich nur, damit wir uns auch unter vier Augen unterhalten könnten, falls das nötig sein sollte«, betonte er. Sie fragte sich, ob er wirklich meinte, dass sie ihm eine so billige Ausrede auch glaubte.
Sie warf ihm einen hochmütigen Blick zu, als wollte sie sagen: »Wie süß!« Dann erhob sie sich von ihrem Platz und nahm ihr Handtäschchen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken oder ihm eine Vorwarnung zu geben.
Für einen Moment schienen Tristans Augen vor Entsetzen schier aus ihren Höhlen zu fallen. Er hatte offensichtlich Angst, dass er das Ganze vermasselt hatte und sie durch seinen Vorstoß und seine Annahme, sie würde mit ihm ins Bett steigen wollen, brüskiert war. Claudia ließ ihn noch eine Weile zappeln, indem sie ihr Gesicht nicht verzog und weder Wärme noch Unmut zeigte. Sie strich nur ihren Rock mit einer Geste glatt, die nicht andeutete, ob sie nun gehen oder bleiben würde.
Tristan erhob sich ebenfalls. Er schien etwas sagen zu wollen, änderte dann aber seine Meinung.
Claudia musste innerlich lachen. Es war ihr gelungen, ihn wieder zu einem kleinen Schuljungen zu machen. Sie schaffte es, noch ein wenig länger zu schweigen, und drehte sich dann auf dem Absatz um, wobei sie einen Blick über ihre Schulter zu ihm zurück warf. »Nun, falls wir tatsächlich vorhaben sollten, dieses Hotel zu kaufen, Tristan, scheint es keine schlechte Idee, es erst einmal auf Herz und Nieren zu prüfen.« Ohne auf seine Antwort zu warten, schritt sie durch das ganze Restaurant dem Ausgang zu, wobei sie zu ihrer Zufriedenheit bemerkte, dass vor allem die anderen männlichen Gäste die Köpfe reckten,
um ihr nachzusehen. Sie zweifelte keinen Moment daran, dass Tristan ihr folgte und wie ein hingebungsvoller, gerade eben getadelter kleiner Hund ihre Spur aufnahm.
Auch in der Lobby registrierte Claudias weiblicher Radarschirm die bewundernden Blicke, die ihr zugeworfen wurden. Sie freute sich besonders darüber, da sie sich an diesem Abend wirklich Mühe gegeben hatte zu beeindrucken. Um ein Bild zu vermitteln, das Tristan den Atem rauben sollte, hatte sie ihre ganze Kunstfertigkeit, was Kleidung, Stil und Make-up betraf, in die Waagschale geworfen.
Das kleine Schwarze: welch eine schwache Beschreibung für ein Kleidungsstück, das einen solchen Eindruck zu hinterlassen vermochte. Claudia hatte für ihr kleines Schwarzes mehr
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