Haus der Sünde
zurückkehrte.
Kapitel 15
Einladungen
»Beatrice Quine hat angerufen. Sie möchte, dass du und Paul mit ihr auf einen Kostümball geht … Anscheinend glaubt sie, es könnte ihm helfen, sich daran zu erinnern, wer er ist.«
Claudia vermochte sich im ersten Moment nichts vorzustellen, was weniger wahrscheinlich Pauls Gedächtnisschwund heilen könnte. Die fröhliche Ausgelassenheit auf einer solchen Party würde sowohl ermüdend als auch verwirrend wirken – das Letzte, was er während seiner Erholung brauchte.
Doch dann überlegte sie weiter. War er nicht kostümiert gewesen, als er auf ihrer Schwelle gestanden hatte? Vielleicht konnte Beatrices Partyrummel tatsächlich als Auslöser für weitere Erinnerungen funktionieren. Vielleicht würde er so in Erfahrung bringen, was vor dem traumatischen Erlebnis lag, das ihn sein Gedächtnis verlieren ließ. Dann wüsste er vielleicht auch, wann er sich das letzte Mal in seinem Kostüm aus der Zeit Edwards VII. gezeigt hatte. Es war bestimmt keine schlechte Idee, Dr. Quines professionellen Rat zu befolgen und ihre Einschätzung der Lage als richtig zu betrachten. Claudia musste lächeln.
»Tut sie das?«, meinte sie und betrachtete Melody. Die junge Frau schien nur deswegen wach geblieben und auf sie gewartet zu haben; sie sah in ihrer gestreiften, eng anliegenden Satinrobe wieder einmal entzückend aus. »Was hält Paul von der Idee?«
»Ehrlich gesagt, nicht allzu viel.« Melody wickelte eine
Strähne ihres dunklen Haars um ihre Finger und blickte so drein, als wäre sie der Frage am liebsten ausgewichen. Claudia wunderte sich, was wohl gerade passiert war, als das Telefon geklingelt und Beatrice angerufen hatte. Sie stellte fest, dass sie genauso wenig, wie sie sich wegen ihres eigenen Benehmens an diesem Abend schämte, auf Paul oder Melody und das, was die beiden miteinander getrieben haben mochten, eifersüchtig war. Schließlich hatte sie ihm, ehe sie weggegangen war, noch zugeflüstert: »Sei nett zu Melody.«
Sie entschloss sich, nicht weiter nachzubohren. »Wo ist Paul jetzt?«, erkundigte sie sich stattdessen.
»Er war plötzlich furchtbar müde«, erwiderte Melody; das klang ziemlich vage. »Er meinte, dass ihm das momentan immer wieder passiere. Also ist er vor einer Stunde zu Bett gegangen. Er hat kaum noch die Augen offen halten können.« Diesmal war es der Satinmantel, an dem die junge Frau zog und zerrte.
Claudia merkte, wie ihr Herz von Mitgefühl beinahe überlief. Melody hatte viel zu lange mit diesem Ekelbrocken von Ehemann ausgehalten und durfte sich nun auf keinen Fall schuldig oder beschämt fühlen. Vor allem nicht, wenn Claudia selbst überhaupt keine Gedanken in dieser Richtung hegte.
»Es ist schon in Ordnung, weißt du?« Sie strich sanft über das Gesicht ihrer Freundin. »Ich habe überhaupt nichts dagegen. Ich habe mich auch mit Tristan nicht gerade moralisch unverfänglich verhalten. Du musst dir also gar keine Vorwürfe machen.«
Melodys erleichtertes Strahlen schien den Raum zu erhellen. Sie holte tief Luft, und ihre süßen, runden Brüste bewegten sich verführerisch unter dem Satinstoff ihrer Robe. Claudia hätte am liebsten geseufzt, denn schon wieder spürte sie, wie sich die Lust in ihr regte. Es war beunruhigend, wie rasch das in letzter Zeit immer wieder passierte. Schließlich
war weniger als eine Stunde vergangen, seitdem sie es so stürmisch mit Tristan getrieben hatte.
»Wie schlimm hast du dich denn benommen?«, wollte Melody wissen.
»Oh, furchtbar! Verabscheuungswürdig!«, antwortete Claudia selbstzufrieden. »Ich werde dir alles erzählen, während ich mich hier herausschäle -« Sie zeigte auf ihr Abendkleid, die High-Heels und die Seidenstrümpfe. »- und dann kannst du mir erzählen, was du mit Paul getrieben hast.«
»Hm … Wohl eher, was er mit mir gemacht hat«, sagte Melody mit leiser Stimme, während sie Claudia auf der Treppe nach oben folgte.
Versucht sie, einen Blick unter mein Kleid zu werfen?, dachte Claudia, als sie oben auf dem Treppenabsatz ankam. Ich muss einen hübschen Anblick bieten – mit den Spitzenstrümpfen, dem schmalen Strumpfhalter und vor allem ohne Höschen.
»Hm … ausgezeichnet«, murmelte sie und grinste Melody verschwörerisch an.
Das Gesicht ihrer Freundin war leicht gerötet. Höchstwahrscheinlich hatte sie also tatsächlich einen Blick gewagt.
Im Schlafzimmer streifte sich Claudia die hochhackigen Schuhe ab, die überraschend bequem gewesen waren. Sie besaßen eine
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