Haus der Sünde
Claudia zurückzukehren. Sie legte die Dinge aufs Bett und fasste dann nach der Hand ihrer Freundin, um sie auf die Matratze und die darauf liegende Tagesdecke herunterzuziehen.
»Brauche ich keinen Morgenmantel?«, meinte Claudia, ehe sie sich niederließ.
»Ist dir kalt?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Also?«
»Okay«, sagte Claudia und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, um es sich aus dem Gesicht zu streichen.
Ihr Gesicht von jemand anderem gereinigt und gepflegt zu bekommen war ein außergewöhnlich intimes Erlebnis. Sie hatte das Gefühl, als entstünde dadurch eine Nähe, die beinahe noch größer als beim Sex schien und nur noch dadurch, dass sie nackt und somit verletzlich war, unterstrichen wurde. Melody fuhr mit hauchzarten Bewegungen über ihre Haut, als sie die Lotion auftrug.
»Du wolltest mir von Tristan erzählen«, erinnerte Melody ihre Freundin, während sie mit den Fingern winzig kleine Kreise auf deren Wange zog. »Glaubst du, dass du ihn genügend eingeschüchtert hast? Ich wäre sehr froh, wenn nun Richards Pläne und hinterhältige Angriffe ein für alle Mal vorüber wären.«
So sanft und züchtig massiert zu werden, fühlte sich herrlich an. Claudia hätte lieber geschnurrt als zu antworten. »Ich weiß nicht, ob ich ihn eingeschüchtert habe«, erwiderte sie und ließ ihre Schultern kreisen. »Aber ich glaube nicht, dass
ich in finanzieller Hinsicht noch einmal von ihm hintergangen oder belästigt werde.« Sie lächelte zufrieden, und Melodys Finger strichen über die Muskeln in ihrem Gesicht. »In anderer Hinsicht wird er sich vielleicht aber nicht mehr so zurückhaltend zeigen.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass er dich toll findet«, sagte Melody und begann mit einem Papiertaschentuch, die Creme von Claudias Gesicht zu tupfen.
»Ich weiß nicht, was er vor dem heutigen Abend gefühlt hat«, meinte Claudia, die es genoss, wie das Papiertaschentuch sanft über ihre Haut strich. »Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er mich jetzt nicht mehr so schnell vergessen wird.«
»Und was hast du getan, um ihn in seine Schranken zu verweisen?«, wollte Melody wissen, denn ihre Neugier war noch nicht befriedigt.
Claudia zog für einen Moment in Betracht, ihre Geschichte nicht mit allen Details zu erzählen. Doch Melody verdiente Offenheit, auch wenn Claudia noch nie zuvor in ihrem Leben derart freizügig und ohne Zurückhaltung gesprochen hatte – außer vielleicht manchmal mit Gerald. So berichtete sie ihrer Freundin nun in allen Einzelheiten von ihrer jüngsten erotischen Eskapade.
»Mein Gott, du bist wirklich unglaublich«, sagte Melody bewundernd, als Claudia schließlich zum Ende kam. Die junge Frau atmete unregelmäßig, ihre Pupillen waren geweitet. Falls sie nicht schon vorher erregt gewesen war, dann war sie es jedenfalls jetzt. Claudia konnte sich kaum einen schöneren Anblick vorstellen: Melodys zusammengezogene Brustspitzen zeichneten sich unter dem hellen Satinstoff ihrer Robe ab, sie rutschte unruhig auf der Tagesdecke hin und her.
Aber sehe ich etwa weniger anrüchig aus?, dachte Claudia und blickte auf die harten Spitzen ihrer eigenen Brüste, wobei
sie bemerkte, dass bereits ein zarter Schweißfilm auf ihrer Haut zu sehen war.
»Jetzt bist du dran«, sagte sie und rutschte auf dem Bett zurück, um es sich in den Kissen bequem zu machen. »Erzähl mir, was zwischen dir und Paul vorgefallen ist. Das ist schließlich nur fair.« Sie klopfte neben sich auf die Matratze, und Melody zog ihre Robe aus, um es sich auf dem Bett ebenfalls bequem zu machen.
Mit einem Seufzer, der ihr Einverständnis zeigte, begann die junge Frau zu sprechen.
»Ich war gerade dabei, mit Beatrice zu telefonieren«, sagte Melody und wünschte sich nichts mehr, als dass das Zittern aufhöre. Damit sie ihre Geschichte genauso packend und anregend erzählen konnte, wie das Claudia gerade mit der ihren gelungen war. Ihre Freundin hatte alles für sie getan: Sie hatte sie bei sich aufgenommen, sie hatte ihren Glauben an sich selbst wieder gefestigt und sogar ihren Lover mit ihr geteilt – den ersten Mann, den Claudia seit dem Tod Geralds gehabt hatte. Sie verdiente wirklich das Beste – sie verdiente vollkommene Offenheit und Ehrlichkeit.
»Na ja, ich nehme an, du weißt, wie gern Beatrice Quine redet und alles genau wissen will.« Claudia nickte. »Es wurde zu einer ziemlich langen Unterhaltung. Sie wollte alles über mich erfahren und was geschehen ist … mit Richard natürlich. Es
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