Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Costa
Vom Netzwerk:
bestimmte Teile erinnern«, sagte er schließlich, wobei seine Stimme so klang, als stünde er kurz davor, in Tränen auszubrechen. Er begann mit der Ecke seines Hemdkragens zu spielen, wobei er zuerst den Stoff glatt strich und ihn dann zwischen seinen eleganten, langen Fingern hin und her zog. »Eindrücke, Fragmente … Ich erinnere mich daran, dass mich jemand geschlagen hat. Und getreten.« Er ließ den Stoff los und legte kurz die Hand auf die Seite, von der Claudia wusste, dass sie von blauen Flecken und Verletzungen übersät war. »Ich erinnere mich an einen Ort mit vielen Leuten … Autos auf einem Parkplatz. Alle starrten mich an. Die Augen der anderen schienen riesig zu sein … irgendwie seltsam – als ob sie nicht die richtigen Proportionen hätten.«
    »Geschah das erst vor kurzem oder glaubst du, dass es eine Szene aus jener Zeit war, bevor das passierte, was dich das Gedächtnis verlieren ließ?« Claudia machte sich nun wirklich Sorgen. Paul zitterte, und als er ihren Blick bemerkte, bedeckte er sein Gesicht mit den Händen.
    »Vor kurzem. Glaube ich jedenfalls.« Seine Aussprache war nun schlecht zu verstehen. »Und ich erinnere mich daran, in einer Art von Café gewesen zu sein. Ich muss Wechselgeld in meiner Tasche gehabt haben. Ich glaube, ich habe etwas gegessen … Tee getrunken …« Er schaute auf und lächelte sie
gequält an. »Ja, ich erinnere mich genau daran. Es war grauenvoll. Danach habe ich mir das Gesicht gewaschen … In einer öffentlichen Toilette. Ich erschrak zu Tode, als ich mich im Spiegel sah. Mein Gesicht … Es hat nichts mehr mit mir zu tun gehabt.«
    Dieses Gesicht, das Paul nicht mehr erkannt hatte, wirkte nun verängstigt. Claudia streckte die Hand aus und nahm die seine. Er tat ihr so furchtbar Leid. Seine Haut fühlte sich ganz kalt an. Paul fuhr mit seiner bruchstückhaften, verwirrten Erzählung fort:
    »Danach weiß ich noch, dass ich ewig lang durch die Gegend gelaufen bin. Vielleicht habe ich ja irgendwo eine Pause eingelegt und geschlafen, ich weiß es nicht mehr … Das Nächste, woran ich mich erinnern kann, ist das Ufer am Fluss, und von da ab nimmt sich alles klarer aus. Ich habe mich gewaschen und …« Er sah nun zu ihr auf und schaffte es, sie erneut anzulächeln. »Als meine Kleider trocken waren, zog ich sie an, rollte mich zusammen und schlief erneut ein. Als ich aufwachte, wurde es bereits dunkel und ich schien mich im Zentrum eines gewaltigen Unwetters zu befinden. Als ich die Lichter deines Hauses sah, rannte ich dort hin.«
    Dann hätte es also jedes Haus sein können, dachte Claudia und sah das schöne Gesicht und den attraktiven Körper des Mannes an, der buchstäblich vor ihre Füße gefallen war, um sich dann zu erheben und sie zu neuem Leben zu erwecken.
    Ein bloßer Zufall …
    Und trotzdem glaubte sie das nicht. Schicksal, Karma, Glück – wie auch immer man es bezeichnen wollte – hatte ihn genau in jenem Moment zu ihr geführt, als sie ihn so dringend brauchte. Er löste etwas in ihr aus; es war vorherbestimmt gewesen, dass er ihre Sexualität von neuem anfachen sollte.
    »Und den Rest kennst du«, sagte er, und seine Hand rührte sich in der ihren.

    Claudia spürte, wie sich auch ihre Seele regte, während seine langen Finger die ihren umschlossen und sie an andere Stellen ihres Körpers denken ließen, die bereits von ihm berührt worden waren. Am liebsten hätte sie ihn wieder zu sich gezogen und dazu ermutigt, das zu tun, was er mit einem so großen Selbstvertrauen tun konnte. Aber für den Moment gab es praktische Dinge, die noch zu lösen waren.
    »Nun, ich denke, da sind zwei Ansatzpunkte, von denen wir ausgehen«, sagte sie und versuchte zumindest, konzentriert, wenn nicht sogar ein wenig geschäftsmäßig zu klingen. »Du hast offensichtlich schon seit Längerem nicht mehr richtig gegessen, weshalb ich dir erstmal ein herzhaftes und gesundes Frühstück machen werde. Und zweitens finde ich, dass du einen Arzt aufsuchen solltest. Und zwar so schnell wie möglich. Du hast offensichtlich eine Kopfverletzung, die sich dringend jemand anschauen muss.« Sie warf einen raschen Blick auf die Wunde an seiner Stirn, die noch immer recht bedenklich aussah. Sie wurde zwar zum Teil von seinen Locken bedeckt, aber es ließ sich doch nicht leugnen, dass sie für ihn gefährlich werden konnte. »Man sollte da nichts versäumen.«
    Paul betrachtete ihre verschränkten Hände. »Ein Arzt?« Er runzelte die Stirn und sah aus, als ob es sich bei

Weitere Kostenlose Bücher