Haus der Sünde
die Hüften in ihre Richtung, stieß leicht
zu und fuhr dann mit einem einzigen, langen Gleiten in sie. »Das ist nicht die richtige Zeit, über eine andere Frau zu sprechen.«
»Dir sei verziehen«, keuchte Claudia und schlang die Arme und Beine um ihn.
Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie wieder ein Wort miteinander wechselten.
Das Klingeln des Telefons weckte Claudia aus einem tiefen Schlaf. Sie brauchte mehrere Augenblicke, um sich orientieren zu können und überhaupt zu wissen, wo sie sich befand.
Als sie sich umsah, entdeckte sie die ihr so vertrauten Einrichtungsgegenstände ihres sonnendurchfluteten Schlafzimmers, das ganz in cremefarben und Eiche gehalten war. Sie fragte sich, warum sie sich nicht woanders befand. Irgendwie kam es ihr unnatürlich vor, hier zu sein – in ihrem eigenen Himmelbett, umgeben von weißer Spitze und feinen Stoffen und den gesammelten Antiquitäten ihres verstorbenen Mannes. Eine schlichtere Umgebung wäre eher das gewesen, was sie in diesem Augenblick erwartet hatte. Am besten im Gästezimmer mit der blauen Farbe und den viel simpler gehaltenen Möbeln. Und dem einfachen Bett, auf dem gerade Paul lag.
Das Telefon klingelte noch immer. Claudia fluchte, weil sie vergessen hatte, den Anrufbeantworter einzuschalten, und streckte dann die Hand aus, um den Hörer abzuheben.
Verschlafen murmelte sie: »Ja, bitte?«
»Hallo? Claudia? Hier ist Beatrice«, sagte die Ärztin am anderen Ende der Leitung. Ihre Stimme klang genauso klar und hell wie der schöne Morgen draußen vor dem Schlafzimmer. »Ich hoffe, ich habe nicht irgendetwas unterbrochen«, fuhr sie fort, ohne zu lachen. Allerdings klang es ganz so, als hätte sie das am liebsten getan.
»Nein, überhaupt nicht. Ich habe nur etwas länger als sonst
geschlafen«, erwiderte Claudia, setzte sich auf und fuhr sich mit der freien Hand über das Gesicht. Dann strich sie sich die Haare zurück. Wie spät ist es überhaupt, fragte sie sich. Die Sonne stand schon recht hoch.
Beatrice ließ einen Laut hören, der wie »Hm« klang, allerdings wohl eher so etwas bedeutete wie »Du brauchst mich nicht auf den Arm zu nehmen«. Laut sagte sie jedoch: »Wahrscheinlich haben Sie den Schlaf gebraucht.«
»Wenn Sie meinen«, erwiderte Claudia. Dann merkte sie, wie unhöflich sie klang und fügte rasch hinzu: »Es tut mir Leid, ich glaube, ich bin noch gar nicht ganz wach … Gibt es irgendwelche Neuigkeiten, die Pauls Untersuchungen in der Klinik betreffen?«
»Ja, die gibt es, sogar sehr gute Neuigkeiten«, sagte Beatrice. »Es gelang mir, schon für heute Nachmittag einen Termin für ihn zu machen – wenn Ihnen beiden das passt.«
»Natürlich, das ist ja ausgezeichnet! Sehr freundlich von Ihnen, sich die ganze Mühe zu machen«, erwiderte Claudia, die sich trotzdem wünschte, dass ihr und Paul noch etwas länger die Möglichkeit gegeben wäre, allein miteinander zu sein. Gleichzeitig fühlte sie sich bei diesem Gedanken schuldig. Es war schließlich ohnehin nur eine Frage der Zeit, wann er sein Gedächtnis wieder erlangen und sie dann verlassen würde.
»Aber das habe ich doch gern getan. Es macht mir Freude, Leuten helfen zu können«, versicherte ihr Beatrice. Claudia spürte, dass die Ärztin es wirklich ernst meinte. Trotz ihrer erotischen Ausstrahlung und atemberaubenden Direktheit war Doktor Quine ausgesprochen fürsorglich und ein durch und durch netter Mensch.
Der Termin war für halb drei am selben Nachmittag in der Ainsley Trust Klinik vereinbart worden. Claudia war noch nie zuvor in diesem privaten Krankenhaus gewesen, hatte aber schon von verschiedenen Bekannten gehört, dass es ausgezeichnet
sein sollte. Sie wusste ungefähr, wo es lag, und bezweifelte nicht, es nach Beatrices Anweisungen zu finden. Die Ärztin wollte sie und Paul um Viertel nach zwei an der Pforte treffen.
»Und sagen Sie Paul, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht«, gab Beatrice Claudia noch mit auf den Weg. Ihre Stimme klang sanft und beruhigend. »David Colville ist ausgezeichnet. Er ist der Beste auf seinem Gebiet, aber ich bezweifle sowieso, dass er irgendetwas finden wird. Bestimmt ist es nur eine Frage der Zeit.«
Zeit, dachte Claudia, nachdem Beatrice aufgelegt hatte. Diese kleine Sache mit der Zeit. Wie viel bleibt mir noch davon? Vielleicht nicht mehr viel, ich sollte sie also besser nutzen.
Aber hatte sie denn die letzte Nacht verschwendet? Sie und Paul hatten nur deshalb nicht in einem Bett geschlafen, weil er, nachdem sie
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