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Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Costa
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aufgerissen waren. »Ich habe auch einmal ein solches Auto gehabt«, sagte er mit einer Stimme, die kaum lauter als ein Hauchen war. Dann trat er einen Schritt nach vorn, schüttelte dabei, ohne es zu bemerken, Claudia ab und ging zu dem Wagen. Dort legte er die Finger auf die glatte Karosserie des Jaguars.
    Das kann er nicht alles spielen, dachte Claudia. Der seltsam verwirrte Ausdruck in der Miene ihres Begleiters versetzte ihr einen Stich. Er befand sich ganz offensichtlich mit einem Schlag in einem inneren Kampf, als mussten die Erinnerungen
seinem Gehirn erst mühsam entwunden werden. Er kämpfte und hatte noch nie zuvor so atemberaubend schön ausgesehen.
    »Es war ein Wrack. Fast ein Totalschaden … Aber ich bin mir sicher, dass es dieses Modell war und sogar dieselbe Farbe hatte.« Er strich mit der Hand über die Motorhaube, als wollte er sie liebkosen.
    »Das ist ausgezeichnet. Du erinnerst dich also an etwas. Es könnte wichtig sein«, sagte Claudia und trat neben die Fahrertür zu ihm. »Erinnerst du dich noch an etwas? Löst es noch andere Bilder in dir aus?«
    Paul schien nicht auf sie zu achten, sondern ließ seine Hand weiter über die Karosserie wandern. Dann begutachtete er die springende Raubkatze, das Markenzeichen des Jaguars, und untersuchte auch diese mit den Fingerspitzen. Einen Moment später lief er zur Beifahrertür, öffnete sie und beugte sich herab, um in den Wagen zu schauen. Als er schließlich einstieg, eröffnete auch Claudia die Tür auf ihrer Seite, warf die Handtasche auf den Rücksitz und setzte sich neben Paul. Am liebsten hätte sie gleich weiter nachgebohrt, doch sie spürte instinktiv, dass es sich um einen sehr schwierigen, delikaten Moment handelte. Er runzelte die Stirn, als er das Armaturenbrett aus Walnussholz in Augenschein nahm.
    »Ja … ja, das tut es«, antwortete er auf einmal auf Claudias Frage. Eindringlich besah er sich die einzelnen Instrumente, ehe er sich dem Radio zuwandte. »Mehr oder weniger.« Er sah Claudia an. »Aber es fällt mir schwer. Alles ist so wenig greifbar. Irgendwie sehr verschwommen.«
    »Dann lass es vorerst ruhen«, sagte sie und berührte ihn erneut am Arm. Ihr wurde plötzlich klar, wie schwer es ihr fiel, ihn nicht anzufassen. In diesem Auto waren sie sich wieder so nahe, dass ihr Blut in Wallung geriet. »Sei geduldig.« O ja, Claudia, sei endlich geduldig! Sie zog die Hand weg, als hätte
sie sich verbrannt. »Wenn es dir nicht gut geht oder du jetzt zu durcheinander bist, können wir den Termin in der Klinik auch absagen. Ich bin mir sicher, dass Beatrice und dieser Spezialist oder was auch immer er sein mag, das verstehen würden.«
    »Nein, das ist schon in Ordnung«, erwiderte Paul und drehte den Oberkörper so, dass sie ihm direkt ins Gesicht blicken konnte. Seine Miene war nun ganz ruhig und wirkte beinahe verklärt. »Ich fühle mich wieder gut. Ich glaube, dass ich mich tatsächlich zu erinnern beginne … Es … Irgendwie scheinen sich die Nebel zu lichten.« Wieder runzelte er die Stirn, doch diesmal wirkte er nicht verwirrt, sondern eher belustigt. »Aber was auch immer es sein mag – ich glaube jedenfalls nicht, dass es Erinnerungen aus jüngster Zeit sind. Es kommt mir eher wie die Erinnerung an eine Erinnerung vor, wenn du weißt, was ich meine.« Er grinste sein perfektes, engelgleiches, jungenhaftes Grinsen, und Claudia packte rasch das Lenkrad, um sich nicht auf ihn zu stürzen.
    »Ja, ich glaube schon«, antwortete sie, obwohl sie gar nicht wusste, was sie da eigentlich sagte. »Mehr oder weniger …« Dieser enge Raum, der nach Leder duftete, hatte eine aufreizende Wirkung auf sie. Pauls Zauber verband sich hier mit dem Duft nach Oldtimer und Romantik. War sie denn so verrückt anzunehmen, dass sie sich auf das Fahren konzentrieren konnte?
    »Wir sollten besser los«, fügte sie kurz angebunden hinzu. Paul machte keine Anstalten, sich anzuschnallen. Er saß nur da und sah sich im Inneren des Autos um, als würde er versuchen, sich in dem Teil der Vergangenheit, an den er sich erinnern konnte, zu orientieren. Er berührte das Armaturenbrett, die Ledersitze und sogar die höchst sinnlich geformte Kupplung. Schließlich lehnte er sich zurück. Seine Aufmerksamkeit schien sich nun nach innen zu wenden.
    Es wäre viel einfacher, sich auf die Fahrt und die bevorstehende
Untersuchung zu konzentrieren, wenn er nicht so verführerisch aussehen würde, überlegte Claudia. Sie war ganz durcheinander. Paul hatte aus der

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