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Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Costa
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die mir eingefallen sind«, erwiderte er und sah dabei wie ertappt zu Boden. Plötzlich wirkte sein Gesicht völlig verschlossen, und Claudia wusste nicht, ob er Angst hatte oder sauer auf sie war.
    »Worum handelt es sich?«, bohrte sie nach. Sie merkte, wie ihre eigenen Ängste und Zweifel wieder ihre hässlichen Köpfe reckten. Was hatte er vor?
    »Ich weiß nicht«, sagte er, nahm ihr den Block aus der Hand und sah sich seine eigenen Aufzeichnungen an. »Es war wie das Kochen. Plötzlich ist mir das alles eingefallen, ganz unerwartet, und es kam mir wichtig vor, das aufzuschreiben, ehe es wieder verschwindet. Ich habe wirklich keine Ahnung, was das bedeuten kann, aber es fühlte sich ganz selbstverständlich an, als ich es aufschrieb. Ich hatte das Gefühl, als wüsste ich wirklich, was ich da tue. Aber jetzt ist es wieder ganz bedeutungslos.«
    »Wow«, sagte Melody, die über Claudias Schulter schaute. »Sie sind ganz offensichtlich ein sehr gebildeter Mann … auf irgendeinem Gebiet.«
    Claudia weigerte sich, ebenfalls einen Kommentar zu diesem Punkt abzugeben. Sie wollte nicht über die mögliche Bedeutung dieser Symbole nachdenken, und einen Augenblick lang war sie außerdem wütend. Jetzt war wirklich nicht der Moment, um daran erinnert zu werden, wie zeitlich beschränkt Pauls Anwesenheit in ihrem Haus doch war.
    »Nun kommt schon!«, sagte sie kurz angebunden. »Die Sterne warten.«
    Die Stimmung, die das uralte Himmelszelt ausstrahlte, wirkte befreiend und friedlich. Ob es nun an den Sternen oder dem Wein oder der Jugendlichkeit und Schönheit ihrer beiden Freunde lag, Claudia schaffte es jedenfalls innerhalb kürzester Zeit, ihre schlechte Laune zu verbannen. Es war eine klare Nacht mit einer kaum sichtbaren Mondsichel, und als sie so in
die samtige Dunkelheit mit den glitzernden Punkten aus Licht blickte, kam ihr wie aus dem Nichts die dumpfe Erinnerung an ein paar Dinge, die sie vor langer Zeit einmal über die Astronomie aufgeschnappt hatte. Die Sterne waren so weit entfernt, es waren kosmische Phänomene, die man sich in ihrer Größe und majestätischen Würde kaum ausmalen konnte. Viele von ihnen mussten um vieles mächtiger und gewaltiger als die pralle Mittagssonne sein. Das überstieg jegliche Vorstellungskraft und war ein weiteres Rätsel, das sich ihr bot.
    Paul legte den Kopf zurück und hob die Hand. Mit blassen Fingern zeigte er auf die fernen Sterne, als wollte er nach ihnen greifen.
    »Der Große Bär«, sagte er mit einer seltsam schulmeisterlich klingenden Stimme, die in der stillen Nacht deutlich zu vernehmen war. »Das bekannteste Sternbild.«
    Claudia warf ihm einen raschen Blick zu und sah, das seine Augen schmal geworden waren, als wollten sie sich auf die einzelnen Lichtpunkte konzentrieren. »Und die Sterne sind … Alkor, Mizar, Alioth, Megrez, Phecda, Merak, Dubhe …«
    »Paul«, sagte Claudia leise. »Woher kommt das alles auf einmal?«
    »Ich kenne sie. Ich kenne sie einfach«, erwiderte er, wobei er selbst überrascht klang. »Aber ich bin überzeugt, dass ich sie gestern Nacht noch nicht hätte aufzählen können.«
    »Also kehrt Ihr Gedächtnis tatsächlich zurück«, sagte Melody. Claudia merkte, dass die junge Frau Paul unterhakte, und sie hätte beinahe über den leichten Stich von Eifersucht gelacht, der in ihr aufkam. Leider konnte sie Paul nicht am anderen Arm unterhaken, da er noch immer auf die Sterne deutete.
    »Sie könnten Recht haben«, sagte er, nachdem er zwei weitere Konstellationen erklärt und die einzelnen Sterne benannt hatte.

    »Ja, ja! Da bin ich mir sicher!« Melody kam richtig in Fahrt. »Zuerst die Rezepte, dann diese komplizierten mathematischen Gleichungen und jetzt die Namen der Sterne. Bestimmt kehrt gerade Ihr Leben zu Ihnen zurück.«
    »Es ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen, dass du nun anfängst, dich an bestimmte Dinge zu erinnern«, meinte Claudia, die versuchte, so neutral wie möglich zu klingen.
    Dennoch bemerkte sie, wie Paul ihr in der Dunkelheit einen scharfen Blick zuwarf. Sie glaubte fast seine Gedanken lesen zu können: Du glaubst mir immer noch nicht, was? Er senkte den Arm, und sie spürte, dass er sie noch immer beobachtete, als ob er sie dazu herausfordern wollte, sich ebenso wie Melody an ihn zu hängen. Aber Claudia widerstand.
    »Ja, das ist es«, erklärte er mit ruhiger Stimme. »Aber ich finde, dass ich auch großes Glück gehabt habe, wo ich gelandet bin und bei wem.«
    »Ich habe nichts Besonderes getan«,

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