Haus der Vampire 01 - Verfolgt bis aufs Blut-ok
umzuschauen.
Fast angekommen...
Sie war schon auf den Treppen, die zum Mathematikgebäude hinaufführten, als sie hörte, wie Shane hinter ihr anhielt. Er starrte zum Platz in der Mitte, und als Claire sich umdrehte, sah sie Monica, die von einer Clique ihrer Fans umgeben war und direkt zu ihm zurückstarrte. Die beiden hätten genauso gut allein sein können. Es war die Art von Blick, den nur Leute austauschten, die ineinander verliebt sind oder drauf und dran, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen.
»Verdammtes Miststück«, keuchte Shane. Er klang erschüttert. »Komm, weiter«, sagte Claire und packte ihn am Ellbogen. Sie hatte Angst, dass er sich nicht würde weiterziehen lassen, aber er ließ es zu, als wäre er mit seinen Gedanken ganz woanders. Als er sie schließlich ansah, war sein Blick finster und hart.
»Nicht hier«, sagte sie. »Sie würde sich nicht darauf einlassen.“
»Warum nicht?«
»Es wäre ihr peinlich.« Er nickte langsam, als würde das einen Sinn für ihn ergeben, und folgte ihr in die Klasse.
Claire musste sich anstrengen, um sich auf die eintönige Vorlesung zu konzentrieren, die sie eh schon kannte, da sie den Stoff, über den der Professor sprach, längst gelesen hatte. Die meiste Zeit dachte sie an Shane, der reglos neben ihr saß, die Hände auf dem Pult, und Löcher in die Luft starrte. Er hörte nicht einmal Musik auf seinem iPod. Sie fühlte die Anspannung seines Körpers, als würde er nur darauf warten, auf irgendetwas eindreschen zu können.
Sie hatte gleich gewusst, dass das keine gute Idee war.
Der Unterricht dauerte anderthalb Stunden mit fünfzehn Minuten Pause dazwischen; als Shane aufstand und hinausging, folgte sie ihm hastig. Er ging zu den Glastüren hinauf und schaute über den Hof.
»Sie ist weg«, sagte er, ohne sie anzuschauen. »Hör auf, dir Sorgen um mich zu machen. Ich bin okay.«
»Sie - Eve sagte, sie hätte euer Haus niedergebrannt.« Keine Antwort. »Und - deine Schwester...«
»Ich konnte sie nicht rausholen«, sagte Shane. »Sie war zwölf und ich konnte sie nicht aus dem Haus rausholen. Es wäre meine Aufgabe gewesen, auf sie aufzupassen.«
Er sah sie noch immer nicht an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Nach einer Weile ging er weg und verschwand in der Jungentoilette; sie stürzte in die Mädchentoilette und wartete ungeduldig, bis sie an der Reihe war. Als sie wieder herauskam, war er nirgends zu sehen.
Oh, shit.
Aber als sie zurück in den Hörsaal kam, saß er an seinem Platz, dieses Mal mit den Ohrstöpseln des iPods in den Ohren.
Sie sagte nichts. Er schwieg ebenfalls.
Es war die längste und unangenehmste Vorlesung, die Claire je erlebt hatte.
***
Physik fand im selben Gebäude statt. Falls Monica noch draußen auf dem Platz in der sengenden Sonne wartete, würde sie wirklich schön braun werden. Shane saß da wie eine Statue - wenn Statuen Ohrstöpsel tragen und so unter Strom stehen, dass einem die Haare am Arm zu Berge stehen. Sie fühlte sich, als würde sie neben einer Bombe sitzen, die noch nicht hochgegangen war, und angesichts des ganzen Physikunterrichts, den sie schon gehabt hatte, wusste sie genau, was das bedeutete. So viel zum Thema potenzielle Energie...
Physik ging im Schneckentempo vorüber. Shane öffnete Wasser und Süßigkeiten und teilte mit ihr. Chemie fand im nächsten Gebäude statt, aber Claire sorgte dafür, dass sie durch den Seiteneingang gingen und nicht über den Hof. Keine Spur von Monica. Sie quälte sich durch weitere anderthalb Stunden Chemie und Anspannung. Shane entspannte sich nach und nach so weit, dass bei ihr nicht mehr bei jeder Bewegung, die er machte, die Alarmglocken anschlugen; schließlich fing er an, den überwiegenden Teil der Stunde auf seiner tragbaren Playstation zu spielen. Sie hoffte, dass er Zombies abschlachtete. Das schien seine Laune aufzuhellen.
Im Chemielabor war er sogar ganz guter Dinge, interessierte sich für das Experiment und stellte so viele Fragen, dass der Teaching-Assistant, der noch nie zuvor an Claires Tisch kommen musste, herüberkam und Shane anstarrte, als ob er herausfinden wollte, was er hier zu suchen hatte.
»Hi«, sagte Shane und streckte ihm die Hand hin. »Shane Collins. Ich bin - wie heißt das? Gasthörer. Ein Gasthörer dieses Unterrichts. Mit meiner Freundin hier, Claire.«
»Oh«, sagte der TA, dessen Namen Claire nicht kannte. »Gut. Alles klar. Dann hören Sie ruhig weiter zu.«
Shane reckte die Daumen nach oben und grinste
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