Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
blassen Schimmer. Keinen Schimmer!«
»Ich habe deinen Bruder kennengelernt«, schoss Shane zurück.
Sie wurden beide still. Gefährlich still. Claire räusperte sich. »Bruder?«
»Halt dich da raus, Claire«, sagte Eve. Sie klang absolut ruhig, überhaupt nicht wie sie selbst. »Du möchtest da wirklich nicht hineingeraten.«
»Jede Familie in Morganville hat ihre Leiche im Keller«, sagte Shane. »Ihre Knochen rasseln ziemlich laut bei euch zu Hause, Eve. Urteile also nicht über mich.«
»Mir kommt da gerade so eine Idee: Warum zum Henker verschwindest du nicht einfach aus meinem Zimmer, du Arschloch!«
Shane hob seine Brechstange auf, öffnete die Tür und ging hinaus. Er griff nach unten, zerrte den Biker auf die Füße und schob ihn in Richtung Treppe. Der Biker taumelte stöhnend vorwärts.
Claire linste durch den Türspalt, bis sie sicher war, dass sie weg waren, dann nickte sie Eve zu, die den Hockeyschläger fallen ließ und die Schranktür öffnete. »Oh Mist«, seufzte sie. »Ich hoffe, da drin ist nichts kaputtgegangen. Es ist nicht einfach, in dieser Stadt an Klamotten zu kommen. Michael?«
Claire schaute über ihre Schulter. Ein Haufen von rotem und schwarzem Netzstoff bewegte sich und Michaels Blondschopf tauchte darunter hervor. Er setzte sich auf, pflückte Goth-Klamotten von sich ab und hielt schweigend ein schwarzes Spitzenhöschen hoch. Stringtanga.
»Hey!«, kreischte Eve und riss es ihm aus der Hand. »Privat! Und... Schmutzwäsche!«
Michael lächelte nur. Für einen Typen, der vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden erstochen, zerstückelt und begraben worden war, sah er bemerkenswert aufgeräumt aus. »Ich frage lieber nicht, womit du das getragen hast«, sagte er. »Es macht mehr Spaß, sich das auszumalen.«
Eve schnaubte und half ihm auf. »Shane hat unseren neuen Lover nach unten begleitet. Was jetzt? Wir können schließlich nicht durch das Abflussrohr abhauen.«
»Nein, zumindest nicht in Netzstrümpfen«, stimmte er zu und verzog dabei keine Miene. »Zieh dich um. Je weniger Aufmerksamkeit dir diese Typen schenken, desto besser.«
Eve griff sich ein Paar Jeans vom Fußboden und ein Babydoll-T-Shirt, das ihr jemand geschenkt haben musste; es war wasserblau und hatte einen schillernden Regenbogen über der Brust. Es sah so was von überhaupt nicht nach Eve aus. Sie funkelte Michael an und trommelte mit einem Fuß.
»Was?«, fragte er.
»Ein Gentleman dreht sich um. So habe ich das zumindest gehört.«
Er drehte sich zur Ecke. Eve zog ihr Shirt aus Spiderweb-Spitze und das rote Top darunter aus und schlüpfte aus dem rotschwarzen Schottenrock. Die Netzstrümpfe hatten Strapse – total sexy. »Kein Wort«, warnte sie Claire und rollte sie herunter. Sie ließ Michael nicht aus den Augen. Ihre Wangen glühten rot.
Es dauerte dreißig Sekunden, bis sie angezogen war, dann raffte Eve die verstreuten Kleidungsstücke zusammen und stopfte sie in den Schrank, bevor sie sagte: »Okay, du kannst dich umdrehen.«
Das tat Michael auch und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand. Er lächelte leicht mit halb geschlossenen Augen.
»Was?«, fragte Eve. Sie war noch immer rot. »Sehe ich noch nicht bescheuert genug aus?«
»Du siehst großartig aus«, sagte er und kam herüber, um sie leicht auf die Lippen zu küssen. »Geh dir das Gesicht waschen.«
Eve ging ins Bad und machte die Tür zu. Claire sagte: »Du hast doch bestimmt so was wie einen Plan, oder? Wir haben nämlich keinen. Na ja, Shane denkt, wir sollten seinen Dad tun lassen, was immer er vorhat, und abhauen. Aber Eve hält das für keine so gute Idee...«
»Es wäre Selbstmord«, sagte Michael rundheraus. »Shanes Dad ist ein Vollidiot und das wird Shane noch umbringen. Und euch auch.«
»Aber du hast einen Plan.«
»Ja«, sagte Michael. »Ich habe einen Plan.«
Als Eve aus dem Bad zurückkam, legte Michael wieder den Finger auf die Lippen, schloss die Tür auf und ging mit ihnen den Flur entlang. Er fasste hinter den Bilderrahmen und drückte auf den versteckten Knopf; die Täfelung öffnete sich knarrend und gab eines der geheimen Zimmer im Glass House preis. Amelies Zimmer, wie sich Claire erinnerte. Das Zimmer, das die Vampirin am liebsten mochte, wahrscheinlich weil es keine Fenster hatte und man es erst wieder verlassen konnte, wenn man auf einen verborgenen Knopf drückte. Wie merkwürdig es doch war, wenn man in einem Haus lebte, das ein Vampir gebaut hatte, dem es im Grunde auch noch
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