Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
Myrnin.
Eve schien zu spüren, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, sie zu drängen. Sie hielt vor dem Café an und sagte: »Bleib drin, bis es dunkel wird. Michael kommt dich dann abholen.«
»Ich möchte Shane besuchen«, sagte Claire. »Aber für den Heimweg werde ich schon eine Mitfahrgelegenheit finden.«
»Verdammt, Claire...«Eve seufzte. »Ich kann dich nicht daran hindern. Aber wenn du wartest, könnt ihr zusammen hingehen, Michael und du. Ich sehe euch dann heute Abend. Zum Abendessen gibt es Tacos, okay?«
Im Moment klang das für Claire nicht besonders verlockend, aber sie nickte. Sie stieg aus und betrat das Common Grounds, das aus einem Meer von Geräuschen und Unterhaltungen bestand – wie immer war es überfüllt mit College-Studenten und ein paar Einheimischen. Sie hatte sich angewöhnt, nach dem Glitzern von ID-Armbändern Ausschau zu halten.
Jennifer saß am selben Tisch, den auch Monica bevorzugte, sie nippte an einem Getränk, von dem Claire wetten würde, dass es das gleiche war, das Monica immer nahm, und sie trug ein Outfit, das sie wahrscheinlich von Monica weitergereicht bekommen oder zumindest von denselben Designern abgekupfert hatte. Sie sah wütend aus und blickte Claire finster an, als sie ihren Rucksack auf den Fußboden stellte und auf einen Stuhl glitt. »Du siehst beschissen aus«, sagte Jennifer. »Wirklich krank oder verkatert?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Also verkatert«, sagte Jennifer und grinste. »Und ich dachte immer, du seist so ein richtiges minderjähriges Unschuldslamm.«
Beim Geruch von Kaffee wurde ihr ganz flau, trotzdem ging Claire zur Theke hinüber und bestellte sich einen Mochaccino. Oliver war heute nicht im Dienst, sie kannte die beiden Baristas hinter der Theke nicht.
Als sie sich umdrehte, saß jemand anderes an Jennifers Tisch auf dem Stuhl, der zuvor frei gewesen war.
Monica.
Mist. Das packe ich nicht. Nicht heute. Sie fühlte sich schrecklich und das Letzte, worauf sie jetzt Lust hatte, war ein Schlagabtausch mit der Zickenkönigin.
Monica musterte sie wie mit einem Röntgenblick, schaute Jennifer an und schlug sich mit einer übertriebenen Geste an die Stirn. »Ich dachte, der Grunge-Look ist schon seit den Neunzigern ausgestorben.«
»Halt die Klappe.« Claire setzte sich auf ihren Platz, in einer Hand hielt sie den Mochaccino. »Ich gebe Jennifer Nachhilfe, nicht dir.«
»Ich würde nicht zulassen, dass du mir Nachhilfe gibst, du Miststück. Wahrscheinlich würdest du mir nur die falschen Antworten geben.«
Das war eine total gute Idee und Claire sah Angst in Jennifers Gesicht aufflackern. Sie seufzte. »Das würde ich nicht tun«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Weil – weil das wichtig ist. Schule.« Die beiden schauten Claire an, als sei sie plemplem.
»Egal. Ich würde es einfach nicht tun. Möchtest du jetzt Nachhilfe oder nicht?«
Jennifer nickte. Claire griff nach ihren Heften, blätterte zu den Notizen, die sie in Wirtschaft gemacht hatte, und begann zu erklären. Wenigstens strengte sich Jennifer an. Monica seufzte dauernd und zappelte herum, aber Jennifer schien irgendwie aufzupassen. Sie sagte sogar einige Formeln richtig, als Claire sie abfragte. Es dauerte etwa eine Stunde, um sie auf den Wissensstand einer soliden Zwei zu bringen, aber das war gut genug. Jennifer hatte kein Interesse an Einsen und Monica war es sowieso völlig egal.
Claire bereitete ihr Mochaccino Übelkeit. Sie knallte ihre halb volle Tasse hin und ging auf die Toilette. Sie nahm ihren Rucksack mit – teilweise aus der durchaus vernünftigen Befürchtung heraus, dass Monica und /oder Jennifer irgendetwas Fieses damit anstellen würden, wenn sie ihn bei ihnen stehen ließ.
Sie stand vor dem Spiegel und starrte auf ihr fahles Gesicht – sie hatte Augenringe wie ein Waschbär und bleiche Lippen. Plötzlich befiel sie wieder ein Augenblick der Klarheit, ein Aufflackern gnadenloser Schönheit in einer Welt, die in Grau zu versinken schien.
Nur ein kleines bisschen. Nur um den Tag durchzustehen. Es war sowieso nicht mehr viel davon übrig.
Sie zwang sich, nicht darüber nachzudenken. In ihrem Kopf hämmerte es, ihr Mund war trocken, ihre Muskeln taten weh und sie brauchte etwas, um sich besser zu fühlen. Denn im Moment wusste sie nicht, wie sie den Tag durchstehen sollte.
Sie streute sich etwa zehn mickrige Kristalle in die Handfläche. Der Erdbeergeruch kitzelte ihr in der Nase, sie schob die Kristalle herum und beobachtete, wie das Licht auf
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