Haus der Vampire 03 - Rendezvous mit einem Unbekannten-ok
Ich sollte es zurückstellen. Aber im Ernst, sie würde es nie wiederfinden, wenn er es verlegte. Myrnin würde sich nicht daran erinnern. Er würde nicht einmal merken, dass es fehlte.
Als sie die Treppe hinaufging, drehte sie sich ständig um. Kaum waren sie halb draußen, hatte Myrnin sie schon vergessen und stöberte rastlos in einem Bücherstapel herum, wobei er unruhig vor sich hin murmelte.
Er war schon fort.
Er schaute zu ihnen hinauf und knurrte. Sie sah das harte Funkeln von Vampirzähnen.
Schnell lief sie die Treppe hinauf zur Tür.
9
M ichael sprach nicht mit ihr, und das war schlecht. Nicht dass er missmutig gewesen wäre, so wie Shane ab und zu, er war einfach nur in Gedanken versunken. Dadurch verlief die Fahrt unangenehm schweigsam. Draußen war es inzwischen vollkommen finster, auch wenn Claire durch die getönten Scheiben sowieso nichts erkennen konnte.
Die Welt erschien ihr nicht mehr real und sie hatte Kopfschmerzen.
»Das ist also der Deal, den du mit Amelie gemacht hast«, sagte Michael. »Für ihn zu arbeiten.«
»Nein. Ich machte den Deal mit Amelie und dann hat sie mir befohlen, für ihn zu arbeiten. Beziehungsweise von ihm zu lernen.«
»Besteht da ein Unterschied?«
Claire lächelte. »Ja. Ich werde nicht dafür bezahlt.«
»Brillant eingefädelt, du Genie. Bezahlt dich wenigstens irgendjemand dafür?«
Tatsächlich hatte sie keine Ahnung. Sie war gar nicht auf die Idee gekommen, Amelie um Geld zu bitten. War es üblich, dass man für so etwas bezahlt wurde? Sie glaubte schon, immerhin wurde von ihr erwartet, dass sie regelmäßig ihr Leben riskierte, wenn sie bei Myrnin war. »Ich werde mal nachfragen«, bot sie an.
»Nein«, sagte Michael grimmig. » Ich werde nachfragen. Sowieso wollte ich mit Amelie über diese ganze Angelegenheit mal sprechen.«
»Mach jetzt nicht einen auf großen Bruder, Michael. Das ist riskant. Du magst jetzt einer von ihnen sein, aber du bist nicht...«
»Einer von ihnen? Ja, ich weiß. Aber du bist viel zu jung für das alles, Claire, und du weißt nicht, was du tust. Du bist nicht in dieser Stadt aufgewachsen. Du begreifst die Risiken nicht.«
»Was, den Tod? Dieses Risiko verstehe ich nur allzu gut.« Sie fühlte sich erschöpft und alles tat ihr weh und außerdem war sie auf eine merkwürdige Art verärgert über Michaels Beschützerinstinkt. »Hör mal, mir geht es gut, okay? Außerdem habe ich heute eine Menge gelernt. Das wird sie glücklich machen, glaub mir.«
»Es ist nicht Amelies Stimmung, die mir Kopfzerbrechen bereitet«, sagte Michael. »Sondern du. Du veränderst dich, Claire.«
Sie schaute ihn direkt an. »Und du wohl nicht?«
»Das war jetzt unterste Schublade. Hör mal, ich habe die Nase voll davon, Shane mit Samthandschuhen anfassen zu müssen. Zwing mich nicht, mit dir genauso umzugehen.«
Ah, Michael war jetzt also auch angepisst. Na großartig.
»Weißt du, was? Ich werde aufhören, an deinem Leben herumzunörgeln, wenn du dich aus meinem heraushältst. Du bist weder mein Bruder noch mein Vater...«
»Nein«, unterbrach er sie. »Ich bin nur der Typ, der bestimmt, ob du weiterhin in seinem Haus wohnst.«
Das würde er nicht tun. Das durfte er einfach nicht. »Michael...«
»Du hast einen Deal mit Amelie gemacht, ohne mit jemandem darüber zu sprechen, und dann hast du auch noch ein Geheimnis draus gemacht. Sieh mal, dass ich das Armband gesehen habe, war der einzige Grund, dass du uns überhaupt davon erzählt hast. Sonst würdest du uns immer noch belügen. Das macht aus dir nicht unbedingt die ideale Mitbewohnerin.«
Michael legte eine kleine Pause ein. »Und dann ist da auch noch Shane.«
»Was kann ich für Shane?«
»Nichts. Aber ich kann nicht mit euch beiden gleichzeitig zurechtkommen, zumindest nicht im Moment. Deshalb solltest du das wieder geradebiegen, Claire. Keine Lügen und keine Risiken mehr, in Ordnung? Ich werde Amelie davon überzeugen, dass sie dich von diesen Sitzungen mit Myrnin befreit. Du bist zu jung dafür, das sollte sie eigentlich wissen.«
Keine Lügen mehr. Keine Risiken. Claire bewegte sich, fühlte das Fläschchen in ihrer Tasche und diese perfekte Klarheit durchzuckte sie noch einmal. Sie fragte sich, was Michael wohl dazu sagen würde, wenn er wüsste, dass sie die Kristalle von Myrnin eingenommen hatte. Wahrscheinlich nichts. Er sprach davon, sie aus dem Haus zu werfen, oder? Deshalb wäre ihm das vermutlich total egal.
Das Auto wurde langsamer und bog ab, dann holperte es
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