Haus der Versuchung
recht behalte.«
»Ich möchte nicht, dass Sie mich wieder bestrafen«, sagte Natalie.
»Wirklich nicht?« Er lachte. »Dabei dachte ich, das hätte Ihnen gerade Spaß gemacht.«
Seine Ausgelassenheit dauerte nur einen kurzen Moment. Aber in diesem hatte er sich in die Karten schauen lassen. Natalie wusste das, selbst wenn Simon es gar nicht bemerkt hatte. »Nun, so muss ich wohl einfach das Beste hoffen«, meinte sie.
»Genau so sollten Sie an die Sache rangehen. Vielleicht gelingt es Ihnen am Ende ja doch.«
»Ja, vielleicht«, erwiderte Natalie. »Das wäre dann hoffentlich keine zu große Enttäuschung für Sie.«
»Nein, ich würde mich sehr für Sie freuen.«
»Und staunen?«
Simon schüttelte den Kopf. »Nein, Frauen wie Sie bringen mich längst nicht mehr zum Staunen.«
Während Natalie duschte und sich zum Abendessen umzog, dachte sie unablässig über seinen letzten Satz nach. Es gefiel ihr nicht, einer Gruppe zugeordnet zu werden – »Frauen wie Sie«. Sie nahm sich vor, dass Simon sie nach diesen zwei Wochenenden als Individuum wahrnehmen würde. Und zwar als eines, das er hoffentlich begehrte.
9. Kapitel
A ls Natalie am Abend den Speisesaal betrat, wurde sie an einen großen, runden Tisch geführt, an dem bereits vier Männer und drei junge Frauen saßen. Weil sie noch im Ohr hatte, was Simon ihr angekündigt hatte, musterte sie Letztere sorgfältig. Eine von ihnen war eine kleine, quirlige Blondine mit kurzen Locken. Eine andere besaß glatte, dunkle Haare und sanfte, braune Augen – sie erinnerte Natalie an Winona Ryder. Die dritte war eine Inderin mit wunderschönem Gesicht und zierlicher Figur, deren Haare wie ein dichter, schwarzer Vorhang über ihren Rücken fielen.
Natalie setzte sich auf den freien Stuhl. »Hallo, ich bin Natalie.«
»Ich heiße Juliette«, sagte die Blonde. »Das sind«, fuhr sie fort und zeigte auf das Winona-Double, »Victoria und…«
»Und ich bin Sajel«, ergänzte die Inderin lächelnd.
Natalie erwartete, dass auch die Männer sich vorstellen würden, aber das taten sie nicht. Sie nickten ihr nur höflich zu und setzten ihre Unterhaltung über die Köpfe der Frauen hinweg fort. Der Männertalk schien ihnen sichtlich lieber zu sein.
»Unhöflich, was?«, sagte Juliette.
»Ich glaube, sie sind einfach verunsichert«, meldete sich Victoria. Ihre Stimme war leise, aber anziehend. »Und wegen heute Abend wahrscheinlich nervös.«
»Sind wir das nicht alle?«, meinte Natalie.
»Ich freue mich darauf«, gestand Sajel. »Was machst du beruflich?«, fuhr sie fort. »Ich bin Anwältin, und mein Verlobter Anil, der dir direkt gegenübersitzt, ist Berater für Kliniken. Unsere Eltern erwarten, dass wir heiraten. Aber er findet mich zu selbstbewusst, und ehrlich gesagt ist er mir zu dominant. Wir hoffen beide, dass dieser Kurs uns zu mehr Gleichgewicht in unserer Beziehung verhelfen wird, denn wir wissen, dass wir unsere Eltern nicht enttäuschen dürfen. Irgendwie müssen wir also dafür sorgen, dass es funktioniert.«
Natalie schnitt eine Grimasse. »Das ist ja schrecklich. Es muss doch furchtbar sein, jemand zu heiraten, den du nicht liebst.«
»Nicht unbedingt. In vielerlei Hinsicht haben wir auch Glück. Wir stammen aus ähnlichen Verhältnissen, und unsere Familien sind seit Jahren befreundet. Außerdem sind Leute, die aus Liebe heiraten, in ihren Beziehungen auch nicht unbedingt erfolgreich. Anil und ich wissen zumindest, dass wir einige Gemeinsamkeiten haben.«
»Aber wenn es im Bett nicht stimmt…«
»Wir finden einander attraktiv«, sagte Sajel leise. »Es ist nur so, dass Anil nicht mit einer Ehefrau gerechnet hat, die so eigensinnig ist wie ich. Von daher glaube ich, dass es ihm gutgetan hat, herzukommen, denn nun sieht er, dass das nichts Außergewöhnliches ist.«
Als sie Anil betrachtete, konnte Natalie verstehen, was Sajel an ihm anziehend fand. Er hatte ein hübsches Gesicht und schmelzende, braune Augen. Allerdings besaß er auch einen harten Zug um den Mund, der darauf schließen ließ, dass er sturer war, als man nach einem flüchtigen Blick vermutet hätte.
»Wer sind die anderen Männer?«, fragte sie Juliette.
»Ich kenne auch nur ihre Namen: Toby, Mark und Adam. Ich glaube, die drei haben heute Nachmittag eine negative Erfahrung gemacht, denn ich hörte Toby zu Adam sagen, er sei nur deshalb hiergeblieben, weil er wusste, dass die Kosten nicht zurückerstattet werden.«
Natalie lachte. »Das klingt nicht gerade vielversprechend.
Weitere Kostenlose Bücher