Haus der Versuchung
flüsterte Natalie.
Simon lag völlig regungslos. »Wie meinen Sie das?«
»War es nichts Besonderes für Sie?«
»Ich habe meinen Job gemacht.«
»Ach, wirklich?«
»Tut mir leid, Ihnen das so sagen zu müssen, aber: Ja. Ich bin mir sicher, dass es Ihrem Ego ungemein schmeicheln würde, wenn ich in Ihnen etwas Besonderes sähe, aber Sie sind wie die allermeisten Frauen, die hierherkommen. Wahrscheinlich etwas eigensinniger, aber das ist auch schon der einzige Unterschied.«
»Ich verstehe.«
»Nehmen Sie es nicht persönlich«, sagte er forsch, während er die letzten Fesseln löste und ihr half, sich aufzusetzen. »Selbst wenn ich an Ihnen interessiert wäre, was ich – und das möchte ich noch mal betonen – nicht bin, würde es gegen unsere Vorschriften verstoßen. Ich wäre sofort meinen Job los, wenn ich mich mit einem Gast einließe.«
»Und der Job bedeutet Ihnen viel?«
»Ja. Ich ziehe daraus mehr Befriedigung als aus allem, was ich sonst so mache.«
»Wie traurig«, meinte Natalie.
Simon war ehrlich erstaunt. »Wie meinen Sie das, ›traurig‹?«
»Nun, Sie können, was das Eingehen einer Beziehung angeht, keinen Deut besser sein als wir alle, wenn Ihnen das hier mehr Vergnügen bereitet als alles andere.«
»Wir sind ja nicht hier, um über mein Liebesleben zu diskutieren, sondern um Ihres in Ordnung zu bringen. Ich sehe Sie dann beim Abendessen.«
Sie merkte ihm an, wie gern er von ihr wegwollte, aber das spielte keine Rolle. Wenigstens war sie zu ihm durchgedrungen, hatte ihn ein wenig aus der Fassung gebracht, und genau das war nötig, wenn sie irgendwelche Fortschritte erzielen wollte. »Was haben Sie gemeint, als Sie vorhin vom Abendprogramm sprachen?«, fragte sie.
»Heute Abend sollen Sie eine ganz neue Erfahrung machen. Dabei werden Männer und Frauen gleichzeitig unterwiesen. Die Frauen bilden untereinander Paare und lieben sich dann, während einige der Männer dabei zuschauen. Die Idee dahinter ist, dass Frauen Gelegenheit bekommen sollen zu erleben, wie es ist, andere Frauen zu befriedigen oder von ihnen befriedigt zu werden. Und die Männer lernen hoffentlich durchs Zuschauen, was Frauen wirklich wollen.«
»Ich werde nicht mit einer anderen Frau schlafen!« Natalie schockierte der bloße Gedanke daran.
»Warum denn nicht? Schließlich scheinen Sie ja zu glauben, Ihren Körper am besten zu kennen, wenn Männer mit Ihnen schlafen. Da sollte eine Frau sich doch auskennen, ohne dass Sie es ihr erklären müssen.«
»Das kann ich nicht«, protestierte Natalie und versuchte, sich das Szenario auszumalen, das Simon ihr geschildert hatte.
»In dem Fall müssen Sie abreisen. Diese Lektion ist keine Wahlveranstaltung.«
»Aber ich will nicht abreisen.« Natalie hörte die Furcht in ihrer Stimme und verachtete sich dafür, doch Simon brachte sie damit zum Innehalten. Er setzte sich neben sie aufs Bett.
»Hören Sie, Natalie. Als Sie sich entschieden haben, hierherzukommen, war das sehr mutig. Sie haben festgestellt, dass Sie unzufrieden mit Ihrem Liebesleben sind, und wollten das ändern. Das Problem ist nur, alte Gewohnheiten abzulegen erfordert, dass Sie Neues ausprobieren, weil Ihnen sonst ja gar nichts bleibt.«
»Aber ich interessiere mich nicht für Frauen.«
»Sie haben nicht verstanden, worum es hier überhaupt geht. Ob Sie ein Faible für Frauen haben oder nicht, spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass Sie an den zwei Wochenenden hier Lust erleben, aber Lust, die Ihnen auf völlig neue Weise verschafft wird. Und es wird nicht so sein, dass man Sie mit einer anderen Frau in ein Zimmer sperrt und sich selbst überlässt. Da werden viele Männer zugegen sein. Ich hätte gedacht, das müsste Ihnen gefallen.«
»Warum?«
»Überlegen Sie mal, welche Macht Ihnen das gibt. Die Männer werden sich alle nach Ihnen verzehren. Das muss Sie doch anmachen, oder nicht?«
»Ich möchte ja alles ausprobieren«, sagte Natalie wahrheitsgemäß. »Aber ich weiß nicht, wie ich den Mut dafür finden soll.«
Zu ihrem Erstaunen legte Simon ihr seine rechte Hand auf den Nacken und fuhr ihr sanft durchs Haar. »Ich werde bei Ihnen sein«, versicherte er ihr. »Betrachten Sie es einfach als eine weitere meiner Lektionen. Sobald Sie fürchten, die Nerven zu verlieren, denken Sie an mich – das sollte Sie anspornen. Sie glauben, ich wünsche mir, dass Sie scheitern, also sollte meine Anwesenheit doch Ihren Widerspruchsgeist wecken. Schließlich möchten Sie doch nicht, dass ich am Schluss
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