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Haus des Blutes

Haus des Blutes

Titel: Haus des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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spärlich beleuchteten Zelle lag.
    Ein Graffito zierte eine der Wände, ein einfacher Schriftzug, der lediglich aus zwei Worten bestand: LAZARUS RETTET. Über ihm befand sich eine weitere Liege, an der Wand gegenüber ein identisches Pritschenpaar. Stockbetten. Er hatte seit zwei furchtbaren Wochen in einem Sommerlager der Junior High nicht mehr in einem Etagenbett geschlafen. Von der Decke baumelte eine nackte Glühbirne, die knisterte und knackte und Schatten wie epileptische Gespenster durch den Raum huschen ließ.
    Und er hatte Gesellschaft.
    Eine schlanke Frau, die nichts als einen ledernen Lendenschurz und ein passendes Oberteil trug, tigerte ruhelos in der Zelle auf und ab. Sie hatte strähniges braunes Haar und trug Sandalen mit dünnen Sohlen, die auf den Zementfußboden klatschten. An ihrem Hals war eine Tätowierung sichtbar, die vage an Kettenglieder erinnerte.
    Aus ihrer unmittelbaren Umgebung drang ein unangenehmer Geruch zu Chad herüber. Er überlagerte zwar nicht alles, war aber so deutlich wahrnehmbar, dass er beinahe eine physische Präsenz in der Zelle darstellte. Sie roch wie eine Obdachlose, die bereits seit vielen Jahren auf der Straße lebt. Dafür schienen ihre langen Beine äußerst wohlgeformt und muskulös zu sein. Ihr Bauch war flach, ihre Brüste üppig, und ihr Outfit hätte gut zu einem Flüchtling in einem Science-Fiction-Film gepasst. Sie kam ihm vor wie eine Kriegerbraut aus einer postapokalyptischen Welt.
    Als sie bemerkte, dass er aufgewacht war, blieb sie stehen und starrte ihn an. Ihre lebendigen grünen Augen ließen sie umso exotischer erscheinen. »Ich werd hier nicht lange um den heißen Brei rumreden, Frischling – wenn du noch irgendwas Wertvolles mit dir herumträgst, gib’s besser her.«
    Chad schwang seine Beine über die Bettkante und hockte sich auf den Rand der Pritsche. Er fühlte sich schwach und erschöpft, als hätte er den ganzen Tag lang schwere körperliche Arbeit verrichtet.
    »Warte, einen Augenblick. Hast du gerade gesagt …«, protestierte er.
    Im nächsten Moment hatte sie ihn mit beiden Händen am T-Shirt gepackt und mühelos von der Pritsche gehoben. »Halt’s Maul!« Sie schüttelte ihn so heftig, dass Chad Angst hatte, sein Kopf könnte sich von seinem Hals lösen. Feuchtigkeit sprühte auf seine Wangen. »Du solltest mich besser ernst nehmen, du Idiot. Ich will alles, was du hast. Sofort.«
    Chad schluckte, kämpfte einen Moment damit, seine Stimme wiederzufinden, und erwiderte: »Okay! Okay! Aber lass mich wieder runter. Ich mach alles, was du willst.«
    Sie ließ ihn umgehend los und er landete auf seinen Füßen. Er brauchte einen Augenblick, um wieder einen sicheren Stand zu finden, und leerte dann mit einem letzten, angsterfüllten Blick in die funkelnden Augen der Frau seine Hosentaschen. Es war nicht viel: etwas Kleingeld, das er ihr sofort hinstreckte, als alle Münzen auf seiner Handfläche lagen. Sie versetzte ihm einen Schlag gegen den Arm und das Kupfer und Silber klimperte auf den Zellenboden. Chad tastete die Gesäßtasche ab, in der sich normalerweise seine Brieftasche befand, und stellte erschrocken fest, dass sie verschwunden war.
    »Hey.« Absurde Empörung mischte sich einen Moment lang in seine Stimme. Dann erinnerte er sich wieder an die bescheidene Gesamtsituation, in der er steckte, und erwiderte den versteinerten Blick der Frau. »Meine Brieftasche ist weg.«
    Sie packte sein linkes Handgelenk. »Natürlich ist sie das.« Sie riss die falsche Rolex von seinem Arm, die er bei einem Straßenhändler in Key West gekauft hatte, und ließ sie in einem Beutel verschwinden, der an ihrem Lendenschurz hing. »Die gehört jetzt mir. Alles, was du besessen hast, gehört mir.«
    Noch nie zuvor in seinem Leben – weder als er die strengen Bestrafungen seines Vaters über sich hatte ergehen lassen, noch als er die Schmähungen der Sportskanonen und all der anderen fiesen Typen in der Schule ertrug, wirklich noch nie – hatte er sich von einem anderen Menschen so eingeschüchtert gefühlt.
    Er bemühte sich, das Zittern in seiner Stimme zu verbergen. »O-okay.«
    »Und jetzt deine Schuhe.«
    Sie schlug ihm mit ihrer Handkante gegen die Brust, und er taumelte rückwärts und knallte unsanft auf die Pritsche. Er schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand und jaulte vor Schmerzen auf. Dann spürte er ihre Hände wieder. Kräftige, tastende Hände. Hände, die keinen Widerstand duldeten. Chad war ohnehin nicht in der Lage, sich körperlich

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