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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Winkler
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dich.«
    »Nein! Nicht ich. Es ist der Herr!«
    Erst jetzt fiel ihr Blick auf die Trage. Und den Menschen, der leichenblass unter blutdurchtränkten Laken lag. Victorias Herz setzte einige Schläge aus.
    John!
    »Legt ihn auf den Untersuchungstisch«, sagte der Doktor. »Aber vorsichtig!«
    Wie durch einen Nebelschleier sah sie, wie die drei Samoaner den leblosen Körper auf den Tisch hoben. Wie in Trance band sie sich die Schürze wieder um, holte die gereinigten Instrumente aus dem Schrank –
warum hatte sie sie eigentlich hineingestellt?
 – und trat neben den Doktor. Sie fühlte sich wie in einem Traum, den sie schon einmal geträumt hatte. Das erste Mal war alles gutgegangen. Dies aber war nun die alptraumhafte Variante.
    »Sagen Sie mir, was Sie sehen!«, zischte der Doktor ihr auf Lateinisch zu und schlug das Laken beiseite.
    Sie schluckte, schloss die Augen, in denen Tränen brannten.
Wach auf! Jetzt solltest du aufwachen! Dann ist alles gut. Alles wird gut!
    »Victoria!«
    Die scharfe Stimme des Doktors riss sie zurück in eine Wirklichkeit, vor der sie am liebsten geflohen wäre. Doch es half nichts.
Vor ihr lag ihr schwerverletzter Mann, ihr eigener Mann, John Seymour! Aber wie konnte das geschehen? Es war den ganzen Tag über ruhig gewesen.
    »Ein lauter Krach«, sagte Karl, als hätte er ihre Gedanken gelesen.
Oder hatte sie etwa laut gedacht?
Sie war sich nicht sicher. »Das Haus ist eingestürzt. Balken fielen uns auf den Kopf. Und unter einem war Herr John.«
    »Victoria!« Die Stimme des Doktors klang streng. Mit kräftigem Griff packte er ihr Kinn und zwang sie, nicht mehr Karl anzustarren, sondern ihm in die Augen zu sehen. »Hören Sie mir zu. Ich brauche Sie jetzt. Hier, in diesem Moment. Ich kann Ihrem Mann sonst nicht helfen!«
    Sie löste sich von den Augen des Arztes und fragte sich, ob er ihr Gesicht überhaupt noch erkennen konnte. Er war schließlich halb blind.
Was wollte er von ihr? Was … John!
    Ihr Blick irrte über den blutigen Körper ihres Mannes, die provisorischen Verbände. Sie erkannte die geblümten Küchenvorhänge, mit denen jemand das rechte Bein abgebunden hatte, ein blutdurchtränktes Geschirrtuch war um seinen linken Arm gewickelt, der in einem unnatürlichen Winkel neben ihm lag.
    »Victoria!«
    Und plötzlich kam es ihr vor, als ob ihr Kopf vom Rest ihres Körpers getrennt wurde, und ihre Gedanken waren mit einem Schlag klar, scharf, professionell.
    »Linkes Bein Unter- und Oberschenkel mehrfach gebrochen, rechter Oberschenkel ebenfalls, rechter Unterschenkel fehlt.« Traumatische Amputation war der Fachbegriff. Sie schluckte. Ihre Stimme wurde unsicher, ihre Hände blutig, während sie den Körper ihres Mannes abtastete. »Becken … unklar, vermutlich instabil.« Sie schüttelte den Kopf, presste die Lippen zusammen. Aus Johns Bauch, in Höhe der Leber, ragte ein Stück Holz heraus. Sie erkannte das gedrechselte Bein eines der Stühle aus dem Esszimmer. »Fremdkörper im oberen rechten Quadranten. Brustkorb … mehrere offene Rippenbrüche.« Sie sah ihrem Mann kurz ins Gesicht. John atmete blutige Blasen. »Verdacht auf Verletzung der Lunge. Frakturen an beiden Armen. Kopf …«
Er war so blass!
Und doch atmete er. Zärtlich strich sie ihm über die kalte, schweißnasse Stirn. »Kleine Kopfplatzwunde über der rechten Augenbraue.«
    Der Doktor warf ihr einen resignierten Blick zu, schüttelte den Kopf. Er musste nichts sagen. Die Unterschenkelarterien waren durchtrennt worden. Die Leber war verletzt, möglicherweise auch die Pfortader. Die Lunge war verletzt, vielleicht sogar die wichtigen Venen und Arterien. Wer konnte schon sagen, wie viel Blut er bereits verloren hatte. Sie wusste, dass jede einzelne dieser Verletzungen lebensgefährlich war. Und alle zusammengenommen? Hoffnungslos. Selbst wenn sie besser ausgestattet gewesen wären. Selbst wenn sie sich gerade jetzt, in diesem Augenblick, in der Charité in Berlin oder im Sankt-Georg-Krankenhaus in Hamburg befänden und ein Team der besten Chirurgen des Landes zur Verfügung stünde, hätte sich die Lage nicht geändert. Es war hoffnungslos. Sie sah auf dem kleinen Tisch neben ihr die Instrumente, die sie in aller Eile bereitgelegt hatte: Skalpell, Schere, Haken, Nahtmaterial. Sie würden sie nicht brauchen. Nicht für John.
    Er bewegte sich, stöhnte, schlug die Augen auf. Sein Blick irrte suchend durch den Raum.
    »Vic…«
    Sie nahm seine Hand und hielt sie, so fest sie konnte.
    »Ich … wollte dich

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