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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Winkler
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dich hergerichtet, du bekommst sogar ein kleines Handgeld. Dabei wird die Arbeit dort gewiss nicht schwer sein. Du musst die Kinder beaufsichtigen, wenn Luise im Geschäft zu tun hat, und ihr ein wenig in Küche und Garten zur Hand gehen. Du kannst von ihr vieles lernen, was man meiner Ansicht nach versäumt hat, euch auf der Höheren Töchterschule beizubringen, und was dir später nützlich sein wird.«
    »Was denn? Kissenbezüge häkeln?« Victoria schüttelte heftig den Kopf. »Niemals.«
    Klaras Atem beschleunigte sich, ihre Hand grub sich schmerzhaft in Gotthards Schulter in dem Bemühen, die Fassung zu bewahren. Was ihr nur zum Teil gelang.
    »Überlege es dir gut. Luise braucht dringend Hilfe. Und wenn du ihr nicht bald Bescheid gibst, wird sie sich ein anderes Mädchen suchen.«
    »Da brauche ich nicht zu überlegen. Ich will nicht nach Reinbek.«
    »Ist es dir etwa lieber, den ganzen Tag auf der faulen Haut herumzulungern, anstatt das Leben eines anständigen Fräuleins zu führen?«
    »Wenn die Alternative darin besteht, verrotzte Kindernasen zu putzen und löchrige Strümpfe zu stopfen, dann ja.«
    »Victoria! Mäßige deinen Ton! Gotthard! Sag etwas!«
    Klara stieß ihn auffordernd an. Sein Blick glitt von seiner Frau neben ihm zu seiner Tochter. Beide standen sie mit vor Zorn weißem Gesicht und funkelnden blauen Augen da, sturköpfig und eigensinnig. Ob seine Frau ahnte, wie sehr sie einander in diesem Augenblick glichen? Victoria besaß die Stärke, die Geradlinigkeit und die Unnachgiebigkeit ihrer Mutter. Die Kräfte waren gleichmäßig verteilt, der Ausgang des Wortgefechts ungewiss. Gerne hätte er den Fortgang des Streits interessiert beobachtet, doch er saß genau zwischen ihnen. Gotthard holte tief Luft und wünschte sich abermals die gemäßigte Ruhe und die geordnete Betriebsamkeit des Krankenhausalltags. Auf der Suche nach Hilfe oder einem rettenden Gedanken glitt seine Hand in die Hosentasche zu seiner Taschenuhr. Sie war kein Erbstück. Er hatte sie sich verdient, ein Geschenk seiner Eltern anlässlich seines Abiturs. Seine Hand umschloss das kühle Gold, sein Daumen strich über den glatten Uhrendeckel. Ein beruhigendes Gefühl. Es ließ ihn die Bewunderungswürdigkeit seines Vaters vergessen und erinnerte ihn daran, dass auch er manch gute Leistung vorzuweisen hatte: die Reifeprüfung am Johanneum als Jahrgangsbester zu bestehen, zum Beispiel. Oder die internistische Abteilung am Krankenhaus Sankt Georg seit fünfzehn Jahren als Chefarzt zu leiten. Vielleicht konnte er sich jetzt sogar als guter Ehemann und Vater erweisen. »Regt euch nicht auf, ihr zwei«, sagte er in jenem Tonfall, den er oft gegenüber der Oberschwester anschlug, wenn sie sich bei ihm beklagte. »Wir wollen doch nicht hier und jetzt über deine Zukunft entscheiden, Victoria. Wir möchten lediglich in Ruhe darüber reden, welche Möglichkeiten sich dir bieten. Mutter hat dir bereits einen Vorschlag gemacht. Jetzt würden wir gern hören, welche Pläne
dir
vorschweben.«
    »Aber Gotthard …«
    Er legte Klara eine Hand auf den Arm. »Nein, jetzt ist Victoria an der Reihe. Nur zu, mein Kind, sprich.«
    Victoria senkte den Blick und runzelte die Stirn, als müsste sie erst entscheiden, ob sie ihren Eltern die Wahrheit anvertrauen konnte. Dann sah sie ihn an. »Ich möchte das Lehrerinnenseminar besuchen.«
    Klara schlug ihre Hände vor das Gesicht. »Nein! Nicht wie Franziska Johannsen!«
    »Doch, genau so!«
    »Ich wusste, dass diese Freundschaft kein gutes Ende nimmt. Hat sie dir etwa diese Flausen in den Kopf gesetzt?«
    »Das sind keine Flausen, Mutter. Es ist mein aufrichtiger Wunsch. Und Franziska hat mir nichts eingeredet. Wir sind unabhängig voneinander auf diesen Gedanken gekommen.«
    Klara stieß Gotthard erneut an.
    »Wissen ihre Eltern schon Bescheid?«, fragte er und merkte im selben Augenblick, dass dies nicht die Reaktion war, die seine Frau sich von ihm erhofft hatte.
    »Sie darf das Lehrerinnenseminar besuchen. Sie hat es mir vorgestern erzählt.«
    »Hat sie dir auch gesagt, dass ihre Mutter sich ihretwegen die Augen ausweint?«, warf Klara ein.
    »Trotzdem haben es ihre Eltern erlaubt«, gab Victoria trotzig zurück.
    »Die Johannsens haben auch fünf Töchter. Vermutlich ist ihr Vater froh, wenn er sich eine Aussteuer sparen kann.« Klara schüttelte den Kopf und rang die Hände. »Tu mir das nicht an, Kind! Was willst du überhaupt am Lehrerinnenseminar, wo dich doch Basteleien und Kinderreigen gar

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