Haus des Todes
einen Blick auf das Messer mit den violetten Lackresten an der Spitze, lässt es jedoch auf dem Sitz liegen. Stattdessen steigt er aus dem Wagen und öffnet den Kofferraum. Stanton ist immer noch gefesselt, und als Caleb auf ihn hinunterschaut, hört er auf, gegen die Karosserie zu treten.
»Wenn du das nicht lässt«, sagt Caleb und wiederholt die Ansprache, die er vor ein paar Sekunden gehalten hat,
»dürfen deine beiden verbliebenen Töchter es ausbaden. Dann mache ich mit Katy, was man mit meiner Tochter gemacht hat. Und zwar alles . Anschließend werde ich sie in winzige Stücke hacken und sie dir in den Rachen stopfen. Ist die Botschaft angekommen?«
Der Arzt murmelt etwas und nickt dann. Caleb knallt den Kofferraum wieder zu. Einer der Nachbarn starrt ihn aus dem Fenster an. Derek Templeton, fünfzehn Jahre älter und fünfzehn Jahre dicker als bei ihrer letzten Begegnung. Er hat ihm mal bei der Montage einer Küche geholfen. Das meiste haben sie allein hingekriegt, nur die Arbeitsplatte mussten sie von Profis anbringen lassen. Sie haben dafür jede Menge Elektrowerkzeuge gebraucht und alles zusammengehämmert, es ging ziemlich drunter und drüber, aber das Endergebnis konnte sich sehen lassen. Derek spendierte Pizza und Bier, und sie hockten mit ihren Frauen draußen auf der Veranda und stießen auf gute Zeiten an. In diesem Moment macht Derek ein Gesicht, als könnte er nicht glauben, wen er da anstarrt. Er winkt langsam und mechanisch herüber, nur aus dem Handgelenk, ohne den Arm zu bewegen. Caleb ertappt sich dabei, wie er zurückwinkt, einem menschlichen Instinkt folgend wie sein Gegenüber, beide bewegen sie sich wie Marionetten.
Caleb senkt seinen Arm. Und Derek hört auf zu winken. Sie starren einander über die Straße hinweg an wie zwei Revolverhelden, bereit zu ziehen. Dann verschwindet Derek vom Fenster. Und Caleb steigt wieder in den Wagen.
Er weiß nicht mal, warum er überhaupt hergekommen ist. Wahrscheinlich hat er gehofft, er würde das Haus so vorfinden, wie er es verlassen hat; man hätte die Möbel zurückgebracht, sie wären mit Staub bedeckt, und der Duft vom Parfum seiner Frau und der Geruch ihres Körpers würden noch in der Luft hängen. Und das Haus würde ihn, obwohl es verlassen wäre, in einem lange zurückliegenden Abschnitt seines Lebens willkommen heißen. Egal welcher Teil seiner Persönlichkeit geglaubt hatte, er könnte in sein altes Zuhause zurückkehren, er hätte nicht gründlicher danebenliegen können. Die Vergangenheit ist Vergangenheit, und man kann sie nicht ändern, Caleb weiß das besser als jeder andere.
Kapitel 37
Bevor wir etwas sagen können, hebt Benson Barlow die Hände in die Höhe wie ein Pressesprecher, der gleich eine Erklärung dazu abgeben wird, warum man seinen Klienten vor einem Restaurant in der Stadt splitternackt aufgegriffen hat. Während er auf uns zukommt, machen wir ein paar Schritte zurück, sodass Melanies Mutter und ihr Freund hinter ihm das Büro betreten können. Man kann hören, wie Erin aufgeregt auf ihre Tochter einredet, während ihr Freund offensichtlich nicht weiß, was er sagen soll. Man kann es förmlich hören, wie ihre Mutter sie fest in den Arm nimmt. Doch von Melanie dringt kein Laut zu uns heraus.
»Die Sache setzt ihr ganz schön zu«, erzählt uns Barlow. »Ich habe sie zwar zum Reden bringen können, aber, also, es wird schwer für sie werden, das alles hinter sich zu lassen.«
»Was …«, fange ich an, doch er unterbricht mich.
»Ich glaube, ich habe die Antworten auf Ihre Fragen. Sie wollen wissen, was Cole zu den Mädchen gesagt hat und ob sie woandershin gefahren sind, und wenn ja, ob sie mitgekriegt hat, wohin.«
»Und?«, fragt Schroder.
»Sie sagt, er habe ihnen eine Geschichte über ein kleines Mädchen namens Tabitha erzählt. Ein böser Mann namens James habe Tabitha wehgetan, doch Dr. Stanton habe allen erklärt, James sei in Ordnung und würde niemandem jemals mehr wehtun. Offensichtlich hat Caleb ihr eine Menge erklärt. Sie weiß, dass Tabitha überfallen wurde und dass der Mann, der das getan hat, dank ihres Vaters wieder auf freien Fuß kam, auch wenn ihr die Zusammenhänge nicht ganz klar sind. Und sie weiß, dass der Mann anschließend Jessica Cole getötet hat. Sie hat erzählt, Caleb habe sie und Katy gezwungen, von einer komisch schmeckenden Cola zu trinken, er habe partout drauf bestanden, und dann seien sie eingeschlafen.«
»Warum hat er Melanie dagelassen?«, frage ich.
»Es ist
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