Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
Vom Netzwerk:
dass es niemand sehen konnte. Er seift sich ein und wäscht sich das Blut mit dem Shampoo aus den Haaren, sodass der Schaum sich rot färbt.
    Es war ein gutes Gefühl, als er vor fünfzehn Jahren zum Mörder wurde. Heute Abend hat er gar nichts gefühlt. Auf der Hinfahrt ist er zwar aufgeregt und nervös gewesen, doch dann  – nichts. Seit Jahren hat er sich diese Situation ausgemalt, und er dachte, dass all das Blut ihm etwas von dem zurückgeben würde, was er verloren hat, doch wie sich herausstellte, war das ein Irrtum. Als er im Haus seines ersten Opfers stand, war er innerlich wie erloschen, selbst nachdem das Messer sein Werk verrichtet hatte. Im zweiten Haus war es dasselbe. Es ging ihm dabei nicht um Rache oder sonst irgendein Gefühl, sondern um Bestrafung.
    Trotzdem hat er immer wieder zugestochen. Er hat die
Beherrschung verloren; plötzlich stiegen die Wut und der Schmerz aus fünfzehn Jahren in ihm auf und gewannen die Kontrolle über ihn. An den ersten Stich kann er sich noch erinnern, an die anderen nicht mehr. Erst als er auf die Leichen hinabstarrte und Blut von seinem Gesicht tropfte, fragte er sich, wie lange er schon dort war. Wie oft er zugestochen hatte. Dem Körper des toten Mannes nach zu schließen, sehr oft. Und dann dachte er, die Menschlichkeit müsste eigentlich bald aufkreuzen, sie käme nur etwas später zur Party, und wenn sie da wäre, würde sie ihn lähmen. Doch sie ließ sich nicht blicken. Sie klopfte nicht mal an die Tür.
    All diese Leute müssen für ihre Fehler büßen, so wie er für seinen gebüßt hat. Den beiden Männern heute Abend musste er ein wenig auf die Sprünge helfen, bevor sie sich erinnerten. Die anderen werden noch wissen, wer er ist. Sie sind jünger. Natürlich wird die Polizei die Verbindung herstellen. Doch er hat sich die Reihenfolge gut überlegt, und wenn sie die Zusammenhänge erkennen, ist die Nacht vorüber, und dann ist es zu spät.
    Er steigt aus der Dusche. Der Badezimmerspiegel ist beschlagen, und das ist auch gut so  – er will sich gar nicht sehen. Sein Spiegelbild wäre ein zu schmerzlicher Anblick. Er trocknet sich ab, geht ins Schlafzimmer und zieht sich an. Dann nimmt er sein Handy und ruft eine Nachrichtenseite im Internet auf; bisher werden die zwei toten Männer nicht erwähnt.
    Das Handy schaltet sich aus, und das Display ist blockiert, sodass er mit dem Finger darüberfahren muss,
um es wieder zu aktivieren. Es ist sein erstes Telefon dieser Art. Vor einigen Jahren waren die Dinger noch sehr viel größer und sehr viel schwerer, und wenn man nicht im richtigen Winkel auf das Display schaute, konnte man absolut nichts erkennen. Inzwischen sind sie so schmal wie einer seiner Finger und wohl auch ungefähr so schwer, und man kann mit ihnen alles machen. In ein paar Jahren wird die Menschheit ein Leben wie Captain Kirk führen.
    Gleich ist es Viertel vor zehn. Er schnappt sich seine Schlüssel, seine Jacke, sein Messer und die Blumen, die er vorhin gekauft hat. Im Türrahmen bleibt er noch einmal stehen und betrachtet für ein paar Sekunden sein Zimmer. Es ist das letzte Mal, dass er es sehen wird. Er hat sich hier nie zu Hause gefühlt. Er wird es nicht vermissen.
    Nachts wirkt die Innenstadt von Christchurch nach all den Jahren unverändert, auch wenn hier jetzt eine andere Atmosphäre herrscht. Wann immer es ihm möglich war, hat er die Zeitung gelesen  – er weiß, dass die Verbrechensrate weiter angestiegen ist  –, doch jetzt kann er es auch spüren. Die Menschen in dieser Stadt haben sich verändert. Es laufen mehr Leute mit glatt rasiertem Schädel und Tattoos herum, und Leute, die auf den Gehweg spucken, einander anrempeln und Streit suchen. Viele fahren schnelle Autos mit lauten Motoren. Es ist lange her, aber als er ein Teil dieser Welt war, sahen die Autos noch anders aus. Allerdings war der Status, den sie repräsentierten, damals schon derselbe, sie standen für Männer mit großen Egos und kleinen Schwänzen. Am
schlimmsten sind jedoch die Jugendlichen. Vor fünfzehn Jahren gab es Typen, die die beiden Hauptstraßen der Stadt unablässig rauf- und runterfuhren, mit großen Autos, die aussahen, als hätte man sie gerade vom Schrottplatz geholt. Jetzt sind die Wagen noch lauter, noch greller lackiert, und die Jungs kurven mit Plüschwürfeln am Rückspiegel und Neonlichtern an der Karosserie durch sämtliche Straßen der Stadt. Er kapiert es nicht, er kapiert es einfach nicht. Es kommt ihm vor, als würde er sich

Weitere Kostenlose Bücher