Haus des Todes
Herbert Poole, früher als Anwalt tätig war, und es zu Opfer
Nummer zwei, Albert McFarlane, einen Artikel über seine Pensionierung und die Verabschiedung durch seine Schüler gibt. Schroder hat bestätigt, dass der Scheidungsanwalt, den Opfer Nummer zwei engagiert hatte, nicht identisch war mit Opfer Nummer eins. Also muss es irgendeine andere Verbindung geben.
Ich fahre den Computer herunter und gehe ins Wohnzimmer, wo ich mich aufs Sofa lege und die Nachrichten schaue. Ich verspüre einen Anflug von Kopfschmerzen, doch ich habe das Gefühl, dass sie nicht von Dauer sein werden. Ich massiere mir die Schläfen, und der Schmerz lässt ein wenig nach. Währenddessen habe ich den Blick auf eine Frau von Anfang dreißig mit glatten Haaren gerichtet, die mit einem breiten Lächeln in die Kamera schaut und einen Bericht anmoderiert. Zwei alte Menschen wurden ermordet, und schon am selben Tag drücken die Medien dem Fall den Serienmörder -Stempel auf. Sie haben für den Täter sogar schon einen Namen – Der Sensenmann . Ich verziehe das Gesicht und frage mich, wer sich so schnell solch einen Namen aus den Fingern saugt und ob sich die Medienmaschinerie, die ein Weltuntergangsszenario nach dem anderen heraufbeschwört, extra für solche Anlässe in einem Kellerbüro zu einem Hungerlohn irgendeinen Spinner hält. In dem Fall sollten sie ihm wegen seines letzten Machwerks das Gehalt noch weiter kürzen. Es werden Aufnahmen vom Tatort gezeigt, ohne dass die Anwesenheit betrunkener Detectives zur Sprache kommt. Ich bin froh darüber, und Schroder und die anderen werden es erst recht sein – er
und seine Kollegen sind wohl noch mal glimpflich davongekommen und dürfen ihren Job behalten. Zumindest fürs Erste.
Denn wer die Medien kennt, weiß, dass da durchaus noch was kommen kann.
Kapitel 11
Calebs nächste Station liegt zwei Vororte weiter, in einem Haus am Ende einer Sackgasse, wo die Anwohner das Beste aus dem machen, was sie haben: Hier stehen alte Häuser mit gepflegten Gärten, ihre gesprungenen Fensterscheiben sind frisch geputzt, und obwohl sie ungleichmäßig gestrichen sind, blättert die Farbe nicht, nur unter einigen abgeschliffenen Stellen kommt das blanke Holz zum Vorschein. Caleb parkt vor dem Haus der Frau, und auch wenn wohl niemand seinen Wagen klauen würde, schließt er ihn ab. Mann, du musst die Karre überhaupt erst mal ankriegen. Das Messer lässt er unter dem Beifahrersitz liegen.
Der Weg zur Haustür wird von abgebrochenen Sonnenblumen gesäumt, der letzte Sturm hat ihre Stiele umgeknickt, von einigen steht nur noch ein Stummel, andere liegen schlaff auf dem Rasen. Auf dem Nachbargrundstück läuft ein Hund den Zaun entlang, er scharrt mit den Pfoten daran, ohne jedoch zu bellen. Als Caleb die Haustür erreicht, drückt er auf die Klingel; er weiß nicht, ob sie kaputt ist oder ob er sie nur nicht hört. Er
will schon klopfen, da öffnet eine Frau die Tür und schenkt ihm ein breites Lächeln, das durch ihren knallroten Lippenstift noch verstärkt wird.
»Pünktlich auf die Minute«, sagt sie. »Kommen Sie herein.«
Pünktlich auf die Minute ist ein Uhr morgens. Wahrscheinlich glaubt sie, dass die Uhrzeit ihren Sitzungen zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht. Er folgt ihr in ein Zimmer, das von dichten lilafarbenen Vorhängen verdunkelt wird. Im Haus riecht es nach Abendessen, irgendein Hühnergericht. Die Frau trägt ein Kopftuch über ihrem Haar, ein Samtkleid, das bis auf den Boden reicht, und auf den Händen hat sie Tätowierungen, von denen er nicht genau erkennen kann, was sie wohl darstellen sollen. Sie ist Anfang fünfzig, und vor dreißig Jahren mag sie einmal ziemlich hübsch gewesen sein. Abgesehen von ihrer rechten Hand, die verunstaltet ist – die Finger zeigen in alle Richtungen – und die wie eine Klaue aussieht. Er ist sich nicht sicher, ob sie so geboren wurde, einen Unfall hatte oder ob sie die Behinderung nur vortäuscht, um ihrer Rolle mehr Ausdruck zu verleihen.
»Nehmen Sie Platz«, fordert sie ihn auf und deutet auf einen Stuhl.
Das Zimmer wird von zwei Lampen in entgegengesetzten Ecken des Raumes beleuchtet. In ein Regal gequetscht stehen mehrere Bücher, deren Rücken Wörter wie Jenseits und Seele zieren. Sie sitzen an einem Kartentisch, der mit einem schwarzen Tuch bedeckt und ansonsten leer ist. An einer der Wände steht ein Sofa, wo auf
einer der Armlehnen ausgestreckt eine Katze liegt. Sie starrt ihn an, als würde sie seine Gedanken lesen, und
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