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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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überprüfte routinemäßig alle Leute, die so ein Modell fuhren. Die Beamten wollten bloß mit ihm reden, aber sie merkten sofort, dass irgendwas nicht stimmte. Und nachdem sie sich gewaltsam Zutritt zu dem Haus verschafft hatten, fanden sie dort Tabitha. Nur eine Minute später, und sie wäre tot gewesen.«
    Melanie hat die Cola fast ausgetrunken. Beide Mädchen weinen jetzt.
    »Gib her«, sagt Caleb und nimmt ihr das Glas ab. Er füllt es erneut und reicht es Katy. Langsam trinkt sie davon, was ihr nicht leichtfällt, denn sie kann nicht aufhören zu weinen. Der Arzt krümmt sich immer noch auf dem Boden, vielleicht hat ihm die Geschichte eine Vorstellung
davon vermittelt, was passieren könnte. Er kommt kein Stückchen vorwärts, und sein Gesicht ist fast violett angelaufen. Langsam wird Melanie müde.
    »Euer Dad wusste, was der böse Mann getan hat«, sagt Caleb, den Blick immer noch auf Stanton gerichtet, »trotzdem waren die beiden kurz darauf Freunde. Euer Daddy hat lauter nette Sachen über James gesagt. Dass er nichts dafür kann, dass er krank ist, dass er nicht Herr seiner Sinne ist. Euer Daddy ist nur eine Stunde bei ihm gewesen, trotzdem hat er ihn so gut kennengelernt, dass er aller Welt erzählte, James brauche Hilfe und keine Bestrafung, er sei krank, und das alles komme nur von seiner Erziehung. Euer Daddy hat James alle Schuld abgesprochen und sie anderen Leuten zugeschoben. Er hat den Anwälten, dem Richter und der Jury erzählt, dass James’ Mutter schuld daran sei, und das Schulsystem, alle seien sie schuld, außer James selbst. Sie glaubten ihm, denn euer Daddy war sehr überzeugend. James könne geheilt werden, sagte er, wenn man ihm nur genug Zuwendung und Verständnis entgegenbringen würde. Statt ihn ins Gefängnis zu stecken, schickte man ihn in eine Klinik namens Grover Hills, wo man sich um Menschen kümmert, die nicht ganz richtig im Kopf sind. Und nach zwei Jahren erklärte euer Daddy James für geheilt, er meinte, jetzt könne er ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft werden.«
    Melanies Augenlider werden schwer. Sie gähnt und kämpft gegen den Schlaf an. Bei Katy ist es auch bald so weit. Wie lange hat er noch?
    »Also hat euer Dad James entlassen, und James bekam
eine Wohnung für sich allein, unter der Bedingung, dass er einmal pro Woche euren Daddy aufsucht.
    Aber euer Daddy hätte sich nicht mit so einem bösen Mann anfreunden sollen, niemand sollte das tun, denn dieser Mann war nicht geheilt. Eine Woche nach seiner Entlassung hat er meiner Tochter dasselbe wie Tabitha angetan, nur dass die Polizei nicht wusste, wo sie suchen sollte, weil James sie hierhergebracht hatte.« Caleb breitet seine Arme aus, um klarzumachen, dass er mit hierher diesen Raum meint, dieses Gebäude. »Er hat Jessica hier gefangen gehalten  – das war übrigens ihr Name, er hat sie hier gefangen gehalten und ihr wehgetan. Die Polizei wusste zwar, nach wem sie suchen sollte, aber nicht, wo sie suchen sollte, und als sie es dann wusste, war es zu spät. Als Whitby mit Jessica fertig war, nahm er ein Messer wie dieses hier«, er bewegt seines hin und her, damit sie es gut sehen können, »und hat damit neunzehnmal auf sie eingestochen. Und ihr Leben und ihr Blut und alles, was je aus ihr hätte werden können, ergoss sich auf den Boden, auf dem ihr gerade sitzt.«
    Melanie ist inzwischen eingeschlafen. Katy sackt das Kinn auf die Brust. Es fällt Caleb schwer, diese Geschichte zu erzählen  – ihm wird schlecht davon. Fünfzehn Jahre lang hat er sich ausgemalt, wie seine Tochter gestorben ist, und die sechs Stunden davor, die sie durch die Hölle ging, die Entführung, ihre Angst. Ganz egal, worum es gerade geht, er landet mit seinen Gedanken irgendwie immer bei seiner Tochter. Bei allem, was er hört oder sieht, stellt er in wenigen Schritten eine Verbindung zu
Jessica her. So wie man zu jedem Menschen auf der Welt um sechs Ecken eine Verbindung herstellen kann. Fällt beim Essen sein Blick auf ein Messer, muss er an seine Tochter denken. Sieht er im Fernsehen oder auf der Straße ein Kind oder in der Zeitung eine Anzeige für Kinderkleidung, ist es das Gleiche. Wenn er ein Steak isst, muss er an den Schlachthof denken. Kaltes Wetter, Polizeibeamte, vorbeirasende Autos, schimpfende alte Frauen  – und schon steigt vor seinem geistigen Auge wieder dieser Albtraum auf. Es gibt keinen Aus-Schalter. Der Anblick seiner nackten toten Tochter auf dem Boden ist ein Bild, das er nicht loswird, obwohl er

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