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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cleave
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längste  – von der Länge eines Babyarms  – ist wohl ihr Glücksbringer. Sie kann Verbindung mit den Toten aufnehmen und die Zukunft voraussagen, und für vierzig Dollar extra legt ihr Mann die Karten. Sie macht allerdings keine Show wie einige der anderen. Sie hockt mit ihm an einem Küchentisch und schlürft asiatischen Tee, zwischen Wänden voller asiatischer Drucke mit asiatischen Schriftzeichen darauf, die er nicht lesen kann. Der Qualm der glimmenden Räucherstäbchen auf dem Fensterbrett kitzelt ihm in der Nase. Die Hellseherin betrachtet seine Handflächen und erklärt ihm, dass sie keine Handleserin sei, dann nimmt sie seine Hände und gibt merkwürdige Laute von sich, wie die analogen Modems, die es vor seiner Haftstrafe noch gab. Es klingt, als wollte sie eine Fernverbindung aufbauen.

    »Sie haben einen Menschen verloren«, sagt sie, als sie sich ins Jenseits eingeloggt hat, und im Gegensatz zu einem analogen Modem hat sie die Verbindung gleich beim ersten Mal hergestellt. »Einen für Sie wichtigen Menschen.«
    Als die Sitzung zu Ende ist, fühlt er sich mal wieder betrogen; mal wieder hat ihn eine Abzockerin um seine Kohle gebracht, doch am meisten ärgert er sich über sich selbst, weil er sich das angetan hat. Aus irgendeinem Grund dachte er, dass es bei ihr als Asiatin echter wäre, spiritueller, darum ist die Enttäuschung umso größer. So langsam gehen ihm die Möglichkeiten aus, mit seiner Familie in Kontakt zu treten.
    Er bedankt sich nicht mal für ihre Mühe. Sondern steht einfach vom Tisch auf, als sie ihm sagt, dass seine Frau ihm vergibt. Er wirft ihr das Geld hin und lehnt das Angebot ab, sich die Karten legen zu lassen.
    Caleb durchquert auf dem Weg nach draußen das Wohnzimmer, wo er auf dem Fernsehschirm seinen Wagen erblickt. Aber erst zwei Schritte später kapiert er, was er da gerade gesehen hat. Er bleibt stehen und tritt zurück in den Türrahmen. Auf dem Sofa sitzt der Ehemann mit zwei golfballgroßen Glaskugeln in der Hand und lässt sie mithilfe seiner Finger umeinanderkreisen. Er hebt den Kopf und nickt Caleb wortlos zu, doch der starrt die Reporterin an, die gerade erzählt, dass Dr. Stanton und seine Kinder als vermisst gemeldet wurden. Und dass man am Tatort Kampfspuren und Blut gefunden hat. Außerdem habe ein Wagen, der in derselben Straße entdeckt
worden sei, das Interesse der Polizei geweckt. Erneut wird das Auto gezeigt, dann sieht man, wie es auf die Ladefläche eines Abschleppwagens gezogen wird.
    Caleb hat damit gerechnet, dass man Stantons Verschwinden heute bemerken würde. Und dass man seinen Wagen finden würde. Allerdings hat er es für unwahrscheinlich gehalten, oder hätte zumindest nicht gedacht, dass es so schnell passiert.
    Das wirft alles über den Haufen.
    Die Frau folgt ihm zur Haustür und versucht, ihm einen weiteren Termin aufzuschwatzen, beim nächsten Besuch gebe es Rabatt. Ohne sich noch einmal umzudrehen, läuft er rasch zu Stantons Wagen. Und sie bleibt am Eingang stehen. Plötzlich wird ihm klar, dass man, falls es nicht schon längst geschehen ist, bald eine Beschreibung des Wagens mitsamt Nummernschild in sämtlichen Nachrichten verbreiten wird. Weiß die Hellseherin das? Er dreht sich zu ihr um, doch sie geht schon wieder ins Haus zurück.
    Sein eigenes Auto hat er letzte Nacht abgewischt. Sollte er darin irgendeine Spur hinterlassen haben, wird die Polizei sie finden. Im Haus hat er ebenfalls sämtliche von ihm berührte Oberflächen sauber gewischt. Es kann Wochen dauern, bis die Ergebnisse der DNS-Untersuchung vorliegen, deswegen macht er sich keine Sorgen, aber Fingerabdrücke lassen sich schnell überprüfen. Sollten sie davon welche finden, haben sie innerhalb weniger Stunden seinen Namen.
    Aber sie werden keine finden. Er hat aufgepasst.

    Verdammt, warum bloß war er letzte Nacht so abgelenkt? Hätte er sich besser konzentriert, hätte er vielleicht das ganze Pensum geschafft. Und die Cops hätten so viele Fingerabdrücke finden können, wie sie wollten, weil inzwischen alles vorbei gewesen wäre.
    Sollten sie einen Fingerabdruck finden  – was er allerdings nicht annimmt  – und seinen Namen herausbekommen, dann werden sie als Erstes mit seinem Bewährungshelfer reden und sich seine Adresse besorgen. Und dann werden sie feststellen, dass er nicht da ist, und auf der Arbeit anrufen und anschließend zum Schlachthof fahren. Da der Arzt und die Kinder verschwunden sind, werden sie wahrscheinlich sogar gleich zum

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