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Haus Ohne Hüter

Haus Ohne Hüter

Titel: Haus Ohne Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böl
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Religionsunterricht, denn beim Kaplan hatten die beiden gebeichtet. Aber das Gesicht des Kaplans veränderte sich nicht, wenn er mit Grebhake und Wolters sprach. Oder hatten Grebhake und Wolters es nicht gebeichtet und waren trotzdem kommunizieren gegangen? Ihm stockte der Atem, als er an diese Möglichkeit dachte, und er wurde vor Angst dunkelrot im Gesicht, so daß die Großmutter fragte: »Was hast du?« und er sagt: »Nichts, es ist der Qualm«, und sie beschleunigte ihren Schlußvortrag, riß den Scheck heraus Ȭ und er ging in Onkel Alberts Zimmer und platzte, noch in der Tür stehend, heraus: »Grebhake und Wolters haben Unschamhaftes getan.« Zweifellos, Onkel Alberts Gesicht veränderte sich, er biß sich auf die Lippen, wurde ein wenig blaß, als er fragte: »Wo, was hast du gesehen Ȭ woher weißt du?«
    Es fiel ihm schwer, aber er sprach weiter: »Im Gebüsch haben sie«, aber er
    stammelte nur: »Offene Hosen, dunkelrote Gesichter.« Onkel Albert stopfte ruhig seine Pfeife, zündete sie an und sprach lange, ein wenig zu lange: von
    der Vereinigung der Geschlechter, von der Schönheit der Frauen, vom
    eine Begeisterung, die ihm ein wenig lächerlich vorkam, als er wiederum
    anfing, die Schönheit der Frauen zu preisen und den Drang der Männer, sich mit ihnen zu vereinigen; leise, dunkle Begeisterung in Onkel Alberts Stimme.
    »Übrigens«, sagte Onkel Albert, und er klopfte überflüssigerweise die Pfeife
    aus, denn sie enthielt noch brennenden Tabak, und zündete Ȭ gegen seine Gewohnheit Ȭ eine Zigarette an. »Übrigens weißt du ja wohl noch, daß daher die Kinder kommen: aus der Vereinigung der Männer mit den Frauen.« Wieder tauchten Adam und Eva auf Ȭ Blumen wurden genannt, Tiere, die Kuh von Onkel Alberts Mutter Ȭ wieder Adam und Eva; und was Onkel Albert sagte, klang vernünftig, ruhig und einleuchtend, obwohl es keine Er Ȭ klärung für das enthielt, was Grebhake und Wolters im Gebüsch getan hatten, eine Handlung, die er nicht genau hatte beobachten, nicht einmal hatte ahnen können: offene Hosenlätze, dunkelrote Gesichter und der bittere Geruch frischen Grüns... Onkel Albert sprach lange »von gewissen Geheimnissen, die ich dir nur andeuten kann«, sprach auch von dunklen Trieben, und wie schwierig es für jeden heranwachsenden jungen Mann sei, auf die Zeit zu warten, wo er für die Vereinigung reif sei. Wieder tauchten Blumen auf und Tiere. »Ein ganz junges Kuhkälbchen zum Beispiel«, sagte Onkel Albert,
    »vereinigt sich noch nicht mit einem Stier und kann auch noch keine Jungen
    bekommen, nicht wahr, obwohl es schon ein Geschlecht hat. Ein Geschlecht haben alle Tiere, alle Menschen.« Viele Zigaretten rauchte Onkel Albert, während er sprach, und für Augenblicke fiel er ins Stottern.
    Unmoralisch fiel Martin ein, Onkel und Heirat. »Du warst doch auch
    verheiratet, als du in England warst?«
»Ja.«
    »Und hast dich mit deiner Frau vereinigt?«
    »Ja«, sagte Onkel Albert, und so scharf er auch hinsah, er konnte kein Zittern an Onkel Albert entdecken und keine Veränderung in seinem Gesicht.
    »Und warum hast du keine Kinder?«
    »Ja«, sagte Onkel Albert, »nicht aus jeder Vereinigung kommen Kinder« Ȭ wieder Blumen, wieder Tiere, nichts von Adam, nichts von Eva, und er unterbrach Onkel Albert und sagte: »Es ist also doch, wie ich gedacht habe?«
    »Unmoralisch kann eine Frau auch sein, wenn sie keine Kinder von dem
    Mann bekommt, mit dem sie sich vereinigt Ȭ wie Welzkams Mutter.«

    »Verdammt«, sagte Onkel Albert, »wie kommst du darauf?« »Weil Brielachs Mutter unmoralisch ist, sie hat ein Kind, hat sich mit einem Mann vereinigt, mit dem sie nicht verheiratet ist.« »Wer hat denn gesagt, daß Heinrichs Mutter unmoralisch ist?« »Brielach hat gehört, wie der Rektor es zum Schulrat sagte: >Er lebt in schrecklichen Verhältnissen, seine Mutter ist unmoralisch.<«
    »So«, sagte Onkel Albert, und er sah, daß Onkel Albert wütend war und fügte weniger sicher hinzu: »Es ist wirklich wahr, Brielach hat es gehört, und er weiß genau, daß seine Mutter unmoralisch ist.«
    »So«, sagte Onkel Albert, »und weiter?« »Weiter«, sagte er, »nun ja, auch Welzkams Mutter ist unmoralisch, obwohl sie keine Kinder hat. Ich weiß es.« Onkel Albert sagte nichts, blickte ihn nur erstaunt und sehr freundlich an.
    »Unschamhaft«, sagte er plötzlich, und es fiel ihm in dieser Sekunde ein, »ist, was Kinder tun, unmoralisch das, was Erwachsene tun Ȭ aber haben Grebhake und Wolters

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