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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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fragte
Morgenstern.
    »Das ist die taz, diese linke Tageszeitung aus Berlin. Die Typen
hatten die Tatze schon vor uns als Markenzeichen. Aber sie haben versäumt, es
als Logo eintragen zu lassen.«
    »Die taz aus Berlin«, wiederholte Morgenstern.
    »Genau. Und diese müslimäßige Stofftasche, nach der sie suchen,
passt auch viel besser zu denen als zu uns.«
    Zurück im Büro suchte Morgenstern die Telefonnummer der taz heraus.
In einer Anwandlung von Naivität ging er davon aus, der Vertrieb der Zeitung in
Berlin würde ihm problemlos die gesamte Liste der bayerischen Abonnenten zur
Verfügung stellen, besser noch die Adressen der Leser in einem Umkreis von
dreißig Kilometern um die Schwarzmühle im schönen bayerischen Anlautertal.
    »Im Computerzeitalter ist so etwas doch kein Problem«, sagte er dem
Vertriebschef am Telefon in kumpelhaftem Ton. Das seien nur ein paar Klicks,
also sei es ein Klacks, nicht wahr, hahaha. Schließlich gehe es um die
Aufklärung eines Verbrechens durch die bayerische Kriminalpolizei, und wer eine
taz-Tragetasche sein Eigen nenne, sei zweifelsfrei kein Gelegenheitsleser,
sondern, haha, »Überzeugungstäter«.
    In Berlin löste seine Anfrage erst ungläubiges Staunen, dann
schallendes Gelächter aus. Obendrein erhielt Morgenstern noch einen äußerst
schnoddrigen Kurzvortrag über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im
Allgemeinen und über die verachtenswerten politischen Mehrheitsverhältnisse im
weiß-blauen Freistaat im Besonderen. Ob er überhaupt wisse, was die taz sei: eine
erklärtermaßen linke Zeitung. Ein Anpfiff erster Güte, und das alles auf
Berlinerisch. Morgenstern, abgebürstet wie ein Schulbub, hatte rote Ohren, als
er auflegte.
    »Informationelle Selbstbestimmung«, grummelte Morgenstern. »Was soll
das denn überhaupt sein?«, fragte er Hecht.
    »Datenschutz«, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. »Das
solltest sogar du wissen, Mike.«
    »Ich lauf halt nicht den ganzen Tag mit dem Gesetzbuch unterm Arm
rum«, brummte Morgenstern. »Aber die paar Namen hätten sie uns trotzdem geben
können. Die Leser hier bei uns kannst du an einer Hand abzählen. Aber nein, die
hocken auf ihren Daten wie die Henne auf ihrem Gelege.«
    »Ich glaube, der Bayernkurier hätte seine Adressen auch nicht rausgerückt«,
wandte Hecht ein. »Wie schaut die Zeitung eigentlich aus? Ich kenne die gar
nicht.«
    Morgenstern zeigte ihm die Homepage der taz im Internet. Auf der
Titelseite war demnach groß das Logo der Zeitung, nämlich eine rote Tatze,
daneben der Titel »taz. die tageszeitung«.
    »Irgendwo habe ich die schon mal gesehen«, sagte Hecht.
    »Erst diese Tage.« Er dachte angestrengt nach. »Wo war das noch
gleich …? Ich könnte schwören, ich habe sie gesehen.«
    »In Schrobenhausen?«
    »Quatsch. Da lesen alle den Schrobenhausener Kurier. Und meine
Mutter hat noch die Kirchenzeitung und den Altöttinger Liebfrauenboten.«
    Morgenstern sah seinen Kollegen verständnislos an.
    »Brauchst nicht so blöd zu gucken. Das liest man so auf dem Land.
Die Altbayerische Heimatpost und den Bayernkurier. Und das Landwirtschaftliche
Wochenblatt. Meine Oma hatte früher auch noch eine katholische Zeitschrift, die
hieß Seraphischer Kinderfreund.«
    Morgenstern schüttelte den Kopf. In diesem Umfeld brachte die linke
taz kein Bein auf den Boden, das war logisch. »Die Abonnenten des Altöttinger
Liebfrauenboten sind meistens auch keine Enduro-Fahrer«, sagte er.
    »Genau«, sagte Hecht und strahlte plötzlich. »Jetzt weiß ich, woher
ich die Zeitung kenne. Aus Raitenbuch, aus der verrauchten Wohnküche.«
    »Ehrlich? Wo war die denn?«
    »Du hattest ja nur Augen für die Vogelspinne und den Grashüpfer«,
sagte Hecht und sah mit Vergnügen, wie Morgensterns Unterarme in derselben
Sekunde von einer Gänsehaut überzogen wurden. »Spaß beiseite. Mit einer alten
Titelseite der taz war eins der Terrarien ausgelegt.«
    Morgenstern schlug Hecht begeistert auf die Schulter. »Spargel, du
bist der Wahnsinn. Peter ›The Brain‹ Hecht.«
    Er nahm das Telefon und drückte die Wiederwahltaste. Lange musste er
nicht läuten lassen.
    »Morgenstern hier, Kripo Ingolstadt. Genau, der von vorhin. Ich
wollte Ihnen nur sagen, dass wir inzwischen einen Namen haben. Ihr Abonnent
oder Genosse oder wie immer Sie das nennen, heißt Bachmeier. Andreas Bachmeier
in Raitenbuch, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen in Bayern. Machen Sie sich
schon mal darauf gefasst, dass es da demnächst einen

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