Hausbock
Verständnis für mich.«
»Und?«
»Er hat gesagt, dass man mit ihm reden kann. Es ist eben nicht eindeutig.
Es hängt alles von seiner Stellungnahme ab.« Fiona nippte an ihrem Glas. »Für
mich hat sich das so angehört, als ob das überhaupt kein Problem ist.«
»Na super«, sagte Morgenstern. »Und wie geht das weiter?«
»Er hat mir angeboten, dass er sich das Haus noch einmal anschaut.
Als Privatgutachter sozusagen. Und dass die Sache dann bestimmt gut ausgeht.«
»Ein Privatgutachten?«, fragte Morgenstern erstaunt.
»So ähnlich hat er es ausgedrückt. Er hat nebenbei noch ein kleines
Beratungsbüro, sagt er.«
»Wofür die Leute alles Zeit haben«, sagte Morgenstern. »Die sind
alle nicht ausgelastet in ihren Behörden da droben in München.«
»Dieser Pfunder will sich schon morgen früh um acht mit mir am Haus
treffen. Ich soll allein kommen, damit nicht so viel Trubel ist.«
Morgenstern trank seinen Averna auf einen Zug aus, nur noch die
Eiswürfel klackerten im leeren Glas. Er knallte das Glas auf den Tisch. »Ich
glaube, ich weiß jetzt, was das für ein Spiel ist«, sagte er dann. »Fiona, hat
der Mann in irgendeiner Weise von Geld geredet?«
Fiona wurde rot, was Morgenstern bei ihr bisher äußerst selten
erlebt hatte. »Du willst mir bloß den Abend verderben«, sagte sie, und es
schien fast, als würde sie gleich zu schluchzen beginnen. »Du willst nur, dass
wir dieses Haus nicht kaufen, nicht wahr, Mike?«
»Darum geht es jetzt überhaupt nicht, Fiona.«
»Geht es eben doch.« Zornig stampfte sie mit dem Fuß auf. Die Kinder
zogen die Köpfe ein. »Ich regele das Ganze für uns, kümmere mich um alles,
laufe von Pontius zu Pilatus und schaffe es am Ende sogar noch, dass dieses
Haus von der Denkmalliste gestrichen wir. Was ist schon dabei, wenn dieses
Gutachten dann fünfhundert Euro kostet? Das ist es definitiv wert.«
»Fünfhundert Euro«, wiederholte Morgenstern langsam.
Auf dem Heimweg machten sie bei der Sparkasse halt. Morgenstern hob
am Automaten Geld ab. Fünfhundert Euro in zehn Fünfzig-Euro-Scheinen. Er steckte
das dünne Geldbündel in die Brusttasche seiner Jeansjacke und knöpfte sie
sorgfältig zu. So viel Geld hatte Rupert Ledermann monatlich an die
Denkmalstiftung gespendet, dachte er. Und genauso viel an seine Tochter.
Als sie zu Hause waren, die Kinder ins Bett gesteckt hatten und mit
einer Flasche Rotwein auf dem kleinen Balkon saßen, war Morgenstern schweigsam
wie nie. Unablässig kreisten seine Gedanken um Lothar Pfunder und Rupert
Ledermann. Und auch Raphaela Ledermann fiel ihm ein. Wusste sie, woher das Geld
kam, das ihr Vater ihr monatlich überwies?
Fiona ging ins Bett, und Morgenstern versprach, bald nachzukommen.
Es war zehn Uhr abends und schon dunkel. Morgenstern, ermutigt durch Prosecco,
Averna und Rotwein, suchte die Handynummer der jungen Frau, fand sie aber
nicht. Er beschloss, in der Wohngemeinschaft des Hausbock-Züchters anzurufen.
Bachmeier ging nach zweimaligem Klingeln ans Telefon. »Nein, Raphaela
ist nicht da«, beantwortete er unmotiviert kichernd Morgensterns Frage. »Wo sie
wohl sein wird? In Eichstätt, in ihrer Lieblingskneipe.« Wieder kicherte er.
»Sie sollten nicht so viel verbotenes Zeug rauchen«, empfahl Morgenstern.
»Sonst bringen Sie Ihre Doktorarbeit über den Hausbock nie fertig. Die Welt
wartet drauf.« Damit legte er auf.
»Na, auch mal wieder hier?«, sagte der Wirt, als Morgenstern das
Lokal betrat.
Morgenstern sah sich um. »Ich suche nach Raphaela Ledermann. Die
sollte eigentlich hier sein.«
»War sie auch. Bis vor zehn Minuten. Wollen Sie ein Bier?«
Morgenstern nickte. »Wurm-Bräu.« Er grinste. »Holzwurm. – Sagen
Sie mal, haben Sie ›The House of the Rising Sun‹ in Ihrem Computer?«
»Logisch«, sagte der Wirt und klickte sich durch seine
Musiksammlung.
Wenig später schmetterte Morgenstern bereits freudig aus voller
Kehle: »There is a house in New Orleans …« Die Zeile, in der es heißt, das
Haus habe viele arme Jungs in den Ruin getrieben, sang er besonders laut mit.
»Ich kaufe mir jetzt auch ein altes Haus«, erzählte er dem Wirt
unaufgefordert.
»Viel Spaß dabei. Wo denn?«
Morgenstern deutete vage nach Norden. »Da oben«, sagte er. Fiona
hatte ihm eingeschärft, vor dem Notartermin noch nicht zu viel Wind um den Kauf
zu machen. Nicht dass am Ende noch schlafende Hunde geweckt würden.
»Teuer?«, fragte der Wirt.
»Nein, kann man eigentlich nicht sagen«, murmelte Morgenstern.
Ein
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