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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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vielleicht doch? Ganz leise? Bildete ich mir die feinen Geräusche nur ein? Was war das für ein permanentes Hintergrundgeräusch in meinen Nächten im Jahr 1982? Ich horchte in mich hinein. Die wirklichen Gefahren, die neuen Gefahren, die Radioaktivitä t – man hört und sieht und riecht sie nicht, heißt es doch, oder? Ich war so angestrengt damit beschäftigt, darüber nachzudenken, ob ich Klaus’ Getippe hörte oder nicht, dass ich hellwach blie b – die nächsten Stunden war an Einschlafen nicht zu denken. Ich horchte in die Dunkelheit. Dann ging ich mit steifen Knien zu meinem Plattenspieler und legte Paul ist tot von Fehlfarben auf, sah wie er nur Ruinen und summte leise mit: »Vielleicht liegt es daran, dass mir irgendetwas fehlt.«
    Sonderlich wohl fühlte ich mich nicht mit den neuen Ohropax. Ich hörte rein gar nichts mehr, nur das Rauschen meines eigenen Bluts. Es war von der akustischen Seite ein bisschen so, wie ich mir Isolationshaft vorstellte. Plötzlich fühlte ich Panik in mir aufsteigen. Ich hörte kein Gerumpel im Hof mehr, kein Taubenscharren auf meinem Fensterbrett, kein Schreibmaschinengeklapper von Klaus und keine Musik vom Hauser. Und der Gedanke, dass Bomben auf Berlin fallen könnten, ohne dass ich es hörte, war auch irgendwie beängstigend.
    Am nächsten Tag merkte ich, dass es Klaus mit seiner Trauer um den Tod von Peter Weiss ernst war. Klaus hielt mir einen langen Vortrag, er meinte, dass Weiss einer der wenigen überragenden linken Theoretiker gewesen sei, er schlug Die Ästhetik des Widerstands auf und las mir fast eine Stunde lang daraus vor.
    »Warum hast du mir nicht vorher mal von ihm erzählt?«, fragte ich Klaus. »Ihr fangt immer erst mit den spannenden Sachen an, wenn die Leute tot sind.«
    Klaus guckte irritiert. Aber ich war in Fahrt: »Und wer schreibt heute so wie Weiss über die linken Bewegungen?«
    Klaus schüttelte den Kopf. »Natürlich gibt es da auch gute Leut e …« Dann vertiefte er sich wieder in die Ästhetik des Widerstands. Ohne das Buch näher zu kennen, ging mir durch den Kopf, wie wunderbar der Titel zu Klaus zu passen schien.
    Als ich nach der Schule auf den Hof ging, taumelte mir der Hauser entgegen. Um drei Uhr nachmittags. Hatte wohl zu viele Bierchen zum Frühstück getrunken. Er trug ein verwaschenes, enges T-Shirt, das aussah, als hätte er es irgendwo gefunden. Der schwarze Schriftzug war ausgeblichen: Bausparkasse Wüstenschrott .
    Der Hauser schien gar nichts mehr mitzukriegen. Er grüßte weder die Pechs, die gerade, flankiert von Waldemar, mit je zwei Aldi -Tüten in der Hand in den Hinterhof trippelten, noch mich. Erst verhedderte er sich an einem ausladenden Garderobenständer, den Herr Olk unlängst in seine Urbane Collage integriert hatte, dann torkelte er gegen eine Steinbrust. Zwei junge Ratten sprangen über seine Füße. Dann wieder sah es so aus, als wollte der Hauser ein paar Schritte auf mich zu machen. Mannometer, war der hackevoll.
    »Bin ick denn hier von Jeistan umjebn?«, fragte er, während er sich die Augen rieb. »Dit raschelt, dit knirscht, dit wispat, aba ick kann nüscht sehen. Da is nüscht! Denk ick ma ’ … doch ick gloob, da ist wat… ick weeß nich, wie kann dit sein, is doch helllichta Tach!«
    Immerhin stapfte er auf die richtige Tür im Seiteneingang zu. Bereitwillig hielt ich sie ihm auf. »De Tür jeht von alleene uf f …«, wunderte er sich und kratzte sich am Kopf. Sogar die Pechs lachten. Sie hatten den gleichen Aufgang wie der Hauser.
    »Wir passen uff, dass der uff’m richtijen Atoll landet«, meinte Herr Pech und nahm dem Hauser schon mal die Schlüssel aus der Hand.
    Fünf Minuten später sah ich ihn von meinem Fenster aus in seinem Wüstenschrott-T-Shirt vor seinen Palmen liegen und friedlich schlummern.
    » The crocodile is coming! « Es knarzte hinter mir. Falk wollte Hilfe beim Plattenumräumen auf dem Hochbett. Er bot mir dafür zwei für Erwin und Karl bestimmte Chipstüten an, die er vorsorglich zurückgehalten hatte. Beim Umräumen fiel mir Falks Notizbuch auf. Mein Bruder erklärte mir, dass er festgestellt habe, die Kleine Philosophie des Rauchens sei thematisch zu groß angelegt gewesen. Er habe beschlossen, sein Buch Kleine Philosophie des Selberdrehens zu nennen. Er sah mich mit erwartungsvoller Miene an.
    »Dann hat der 1 . Mai zumindest dir eine Erkenntnis gebracht.«
    Als ich später wieder nicht schlafen konnte, besuchte ich Klaus, um ihn in ein nächtliches Gespräch zu

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