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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Hörer an Fiona weiter, die schon herangetrippelt kam.
    »Okay. Dann bringst du mich morgen um sieben Uhr zurück zu Mama«, hörte ich.
    In diesem Moment rief Anna aus der Küche: »Um sechs!«
    Schade, dass Anna nicht mal zu unseren Lehrern sagte: Die erste Stunde beginnt um neun Uhr! Sie würde sich bestimmt durchsetzen. Aber leider verwendete Anna alle ihre Energien darauf, Fionas höchst überschaubaren Kontakt mit ihrem Vater zu kontrollieren.
    Ich hatte Fionas Vater nur einmal gesehen, obwohl Fiona eine meiner besten Freundinnen war und das Ekel auch in Berlin wohnte. Der gut aussehende Mann im Alter meines Vaters mit langen braunen Locken und einem mit indischen Ornamenten bedruckten T-Shirt, der bei uns vor der Haustür stand, ließ mich sofort an Anna denken. Prompt drückte er die Klingel von Klügers. Niemand kam an die Gegensprechanlage.
    Dann wandte er sich zu mir um: »Kennst du die Fiona? Weißt du vielleicht, wann sie wiederkommt?«
    Ich zuckte die Schultern. »Mit der mache ich um drei Schularbeiten, dann ist sie bestimmt da.« Bis drei waren noch anderthalb Stunden Zeit.
    Als ich später bei Klügers am Wohnzimmertisch saß und mit Fiona Briefe für Gefangene schrieb, klingelte es.
    Ich hatte Fiona und ihrer Mutter natürlich von dem Gespräch erzählt. Anna zog ihre Tochter zu sich auf den Schoß, vergrub ihr Gesicht in Fionas hüftlangem gewelltem Haar. Beide flüsterten und kicherten miteinander. Bis das Klingeln aufhörte.
    Nachdem ich bei Fiona war, schickte mich Wiebke mit Lebensmitteln zu Erwin und Karl. Auf dem Rückweg begegnete ich Herrn Kanz. Er winkte mir zu. Das tat er normalerweise nicht, meist beachtete er mich überhaupt nicht. Er lupfte sogar seinen schwarzen zerbeulten Hut. »Julika, wie geht’s?«
    »Schlecht. Wie immer.«
    »Ist die Schule schlimm? Habt ihr so viele Hausaufgaben?«
    »Nö. Immer nur Transferdenken, das mache ich mit links, mein Gehirn ist schon ein einziger Kreisverkehr.«
    »Hm. Hast du Lust, mir mal kurz zu helfen?«
    »Naja. Womit denn?«
    »Na, das klingt ja sehr begeistert.«
    »Bin auch sehr begeistert. Worum geht’s denn?«
    »Mir kurz helfend zur Seite stehe n – eine wichtige Aufgabe.«
    »Soll ich ’ne Brust schleppen oder wie?«
    »Du hast es erfass t – aber nicht irgendwie schleppen, sondern vorsichtig tragen. Eine wichtige Aufgabe.«
    »Ich fühle mich geehrt. Möglicherweise bin ich zu doof dazu.«
    »Sach ma’ du bist ja ein richtiger kleiner Teufelsbraten, ganz wie dein Bruder, der lange Kerl.«
    »Können ja nicht alle Genies sei n – wir haben schon eine verdammt hohe Geniedichte hier im Haus.«
    »Also, hilfst du mir jetzt oder nicht?«
    »Wenn’s sein muss.«
    »Es muss, Julika, es muss. Sonst fehlt das Herzstück des Skulpturengartens. Ich musste mein wichtigstes Objekt wieder in Ordnung bringe n – Herr Olk hat so unsachgemäß gesprayt, dass eine Skulptur von mir plötzlich pink war.«
    »Olkpink.«
    Die Augen von Herrn Kanz begannen zu glänzen. Er sah mich schelmisch an: »Allerdings.«
    Wir gingen in sein Studio. Dort stand eine unscheinbare, kleine Brust. Oben rechts war eingeritzt »Para María«.
    »Hattest du mal eine spanische Freundin? Ist doch spanisch, oder?« Der Kanz wollte immer geduzt werden.
    »Eine chilenische Freundin. Si e – Gott danke ihr auf ewi g – hat mir den Anstoß zu meinem Œuvre, zu meinem unverwechselbaren Stil gegeben. Sie wäre sicher sehr stolz, wenn sie jetzt diesen, meinen Skulpturengarten sehen würd e … Ja, sie war meine Mus e … Ich habe mal eine Südamerikareise gemacht, als junger Mann, mit dem Motorra d …«
    »Ehrlich? Warst du auc h … in Patagonien?«
    »Aber sicher.« Der Kanz sah mich zufrieden an. »María stammte aus Patagonien.«
    Mir gefiel der Gedanke nicht, dass ausgerechnet er dort gewesen war. Ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen.
    »Echt? Und wie war es da?«
    »Toll. Die beste Zeit meines Lebens überhaupt. Da habe ich überall meine Duftmarke hinterlassen!« Der Kanz lachte meckernd. »Ich bin nur mit meinen Gepäcktaschen los, das wars! Wir haben ja doch ganz anders gelebt als ihr heute s o – viel risikobereiter, nicht so vollkasko-abgesicher t …«
    Ich gähnte betont. Eine effektvollere Waffe als Widerspruch. Das Gähnen hatte ich von Falk übernommen.
    Sofort runzelte der Kanz die Stirn. »Damals habe ich echt heiße Geschichten erlebt.« Er sah mich von oben herab an. »Nix für kleine Mädchen!«
    Ich ignorierte sein Grinsen und fragte: »Und,

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