Hausmaestro - Kriminalroman
benachteiligt. Dabei ist er selbst der Intrigant. Der Grill ist halt ein richtiger Ungustl. Aber so eine Behandlung, wie er sie durch den Maurer erfahren hat, hat selbst er nicht verdient!«
Prüfend blickte Misic seine Kollegen an, die alle zustimmend nickten, was er mit einem zufriedenen Grunzen kommentierte. »Und was hat er jetzt über den Maurer gesagt?«
»Herr Grill hat sich etwa im gleichen Sinne geäußert wie Sie«, sagte Walz vorsichtig.
»Wirklich?«, Misic lächelte Walz spöttisch an. »Das passt doch gar nicht zu ihm.«
Unbehaglich wich Walz Misics Blick aus und nahm einen Schluck Wein. »Da ich Sie alle hier versammelt habe, muss ich Ihnen leider noch eine unangenehme Frage stellen, die allerdings nur reine Routine ist.«
»Unter der Bedingung, dass wir dann zum gemütlichen Teil übergehen können … walten Sie Ihres Amtes, Herr Inspektor!«, sagte Misic, der seine gute Laune sofort wiedergefunden hatte.
»Wunderbar, also der Reihe nach: Wo waren Sie heute Nacht zwischen 23 und ein Uhr? Fangen wir mit Ihnen an, Herr Kammersänger.«
»Als echter Nachtmensch habe ich bis etwa um zwei Uhr in meinem Bett gelesen«, antwortete er aufgeräumt. »Danach hab ich mich umgedreht und bin sofort in einen tiefen Schlaf gefallen, wie man ihn nur hat, wenn man zuvor eine Flasche schweren burgenländischen Rotwein getrunken hat.«
»Gibt es dafür Zeugen?«, frage Walz lächelnd.
»Ja, meine Frau, die allerdings in einem anderen Zimmer schläft, weil es sie stört, wenn ich so lange lese … Und schnarchen tu ich angeblich auch«, fügte er vergnügt hinzu.
»Würde Ihre Frau es bemerken, wenn Sie in der Nacht das Haus verließen?«
»Gute Frage. Ich denke schon, hab es aber noch nie probiert … «, Misic schien Gefallen an dieser Befragung zu finden.
»Das genügt, danke. Nun zu Ihnen, Frau Bernreuter, wo waren Sie um die betreffende Zeit?«
»Heute Nacht? Seitdem dieser Maurer da ist, hab ich überhaupt nicht mehr schlafen können. Ich hab mir im Fernsehen irgendeinen dummen Film ang’schaut. Mit dem Elvis Presley, glaub ich.«
»Gibt es dafür Zeugen?«
»Nein, leider nicht, seit meiner Scheidung lebe ich allein.«
Die beiden anderen Sänger wollten zur Tatzeit ebenfalls zu Hause gewesen sein und führten jeweils ihre Ehefrauen als Zeugen an.
»So, und nachdem wir jetzt alle verdächtig sind, trinken wir erst einmal was«, rief Misic mit dröhnendem Bass der Bedienung zu. »Heidi, bring noch einen Liter Weißen und einen Traubensaft für die Frau Inspektor.«
»Herr Misic, ich muss Ihnen etwas gestehen«, ergriff nun plötzlich Clara das Wort. »Bisher war ich ein echter Fan von Magnus Maurer, aber nach dem, was ich heute gehört habe … Ich kann es einfach nicht glauben. War er immer schon so schrecklich?«
Dankbar über diese Unterbrechung konnte sich Walz nun endlich mit Genuss seinem schon fast kalt gewordenen Schweinsbraten widmen.
»Wollen Sie das jetzt für eine Sendung wissen oder ist diese Frage rein privater Natur?«, fragte Misic lauernd. Es war schon auffällig, wie schnell er seine Launen wechselte.
»Nein, keine Angst«, antwortete Clara lachend, »ich bin rein privat hier. Als ich hörte, dass Alfons sich heute Abend mit Ihnen beim Heurigen trifft, und er mich fragte, ob ich ihn begleiten wolle, hab ich gerne zugesagt, weil ich mich mit großem Vergnügen an unsere Sendung im letzten Jahr erinnert habe.«
»Dann passt’s«, sagte Misic zufrieden. »Das war ein richtiger Spaß damals. Sie haben das aber auch sehr gut gemacht … Ja, zwar war der Maurer noch ziemlich jung, trotzdem hab ich früher schon ein paarmal mit ihm zu tun gehabt. Auch damals war er nicht sehr freundlich, wenn Sie das meinen. Aber da ist er immerhin korrekt geblieben. Das musste er auch, denn wenn der sich zu jener Zeit blöd aufgeführt hätte, hätte man ihn einfach rausgeworfen. Ich glaube, dass ihm schlicht sein Ruhm zu Kopf gestiegen ist.«
»Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass er ein außergewöhnlicher Dirigent war?«
Misic holte tief Luft und beugte sich zu Clara hinüber. »Schauen Sie, zu einem wirklich guten Dirigenten gehört auch, dass er seine Musiker so weit motiviert, dass sie das Beste aus sich herausholen. Und das kann man nur, wenn man mit Freude musiziert. Angst ist dabei sicherlich der schlechteste Ratgeber. Nehmen wir zum Beispiel den Karajan, unter dem ich als Junger ja noch gesungen habe. Der war zwar auch launisch, aber er hat uns Sängern stets das Gefühl gegeben,
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