Hausmaestro - Kriminalroman
ihr Ausflug nicht sehr lange, denn schon nach einem kurzen Weg blieb Walz plötzlich stehen, nahm Claras Gesicht in seine Hände und küsste sie mit solch verzehrender Leidenschaft, dass sie schweigend auf der Stelle umkehrten, um sich wieder hemmungslos ihrem Abschiedsschmerz hinzugeben.
Nicht nur einmal sehnte Walz dabei den kollektiven Liebestod herbei.
11. Kapitel (Sonntag)
»Wie vorauszusehen war, bräuchte ich heute deine geschätzte Hilfe, o du mein Walz«, sprach der ahnungslose Vogel seinem mit ganz anderen Problemen beschäftigten Kollegen aufs Band, nachdem er um neun Uhr morgens im Auto Platz genommen hatte, »also, offiziell verhören wir heute in Rust einen Orchestermusiker, der morgen auf eine Auslandstournee fährt, außerdem haben wir noch in Wien Etliches zu tun, was genau das sein soll, überlasse ich deiner schier überbordenden Fantasie – lass es mich halt nur wissen, wenn dich die Martina anrufen sollte, ich hab mein Handy eingeschaltet. Ich hoffe, du genießt dein Leben in der schönen Südsteiermark!«
Erst nachdem er um die Ecke gebogen war und sich so aus der Sichtweite seiner Gattin begeben hatte, hielt er nochmals an, um sein Kommen der darob sehr erfreuten Michelle anzukündigen – so viel Rücksicht musste immerhin sein.
Derart ermutigt brach Vogel frohgemut nach Podersdorf am Neusiedler See auf, wo Michelle sich in einer kleinen Pension direkt am See eingemietet hatte.
Nach einer etwa 50-minütigen Fahrt über eine menschenleere Autobahn und ebenso verlassene Landstraßen fand er sich in dem typisch burgenländischen Zentrum des Wassersports ein, das sich dank reichlich geflossener EU-Gelder ordentlich herausgeputzt hatte. Allerdings war dieser fremdfinanzierten Renovierung fast die gesamte alte gegendspezifische Bausubstanz zum Opfer gefallen, sodass dieses Dorf ebenso gut an einem Baggersee unweit von Oer-Erkenschwick gelegen sein konnte.
Gottlob war wenigstens das Bauernhaus, in dem Michelle wohnte, vor allzu geschmäcklerischen Verschönerungsversuchen bewahrt geblieben, das sich in geduckter und kleinfenstriger Ursprünglichkeit präsentierte.
Kaum war er in den Hof der Pension eingefahren, als ihm schon Michelle strahlend entgegengelaufen kam, den bellenden Bruno an ihrer Seite, der freudig an ihr hinauf sprang. Vogel war noch nicht ausgestiegen, als sie ihm schon glücklich um den Hals fiel.
Nur mit Mühe gelang es dem Inspektor, sich lachend aus ihrer Umklammerung zu lösen, um seine noch immer ihrer Freiheit beraubte Emily, die bereits ungeduldig an der lederbezogenen Autotür scharrte, endlich herauszulassen.
Die Eignerin der Pension, die neugierig aus ihrem mit roten Karovorhängen verzierten Küchenfenster schaute, musste den Eindruck haben, dass sie hier einem Augenblick vollkommenen Glücks beiwohnte.
Doch dieser Eindruck trog, denn Vogel war das Ganze gar nicht geheuer. Noch immer konnte er nicht einschätzen, was Michelle eigentlich von ihm erwartete. Über eines wurde er sich jedoch langsam im Klaren: Eine unkomplizierte Bettgeschichte, die ihm am ehesten zugesagt hätte, würde dies wohl nicht werden.
Aber Vogels Erwartungen an diesen Sonntag hatten sich schon dermaßen verfestigt, dass seine diesbezüglichen Bedenken vorerst völlig in den Hintergrund traten.
Und wenn schon, so beruhigte er sich insgeheim, bisher war ja noch nichts passiert, und wenn sie sich zu kapriziös gab, konnte er noch immer abreisen.
Nachdem sie die wild miteinander spielenden Hunde nur mit Mühe eingefangen hatten, gingen sie erst einmal ins Haus, um zu frühstücken.
Tatsächlich war diese Pension so klein, dass ihr Frühstückstisch in der Küche des Hauses gedeckt war, was der Besitzerin die willkommene Gelegenheit bot, den Begleiter ihres Gastes näher unter die Lupe zu nehmen. Denn Frau Magda Markovits, eine verwitwete Siebzigerin, die ihre Pension allein betrieb, hegte durchaus mütterliche Gefühle für Michelle, die schon seit einigen Jahren in gewisser Regelmäßigkeit ihre Gastfreundschaft in Anspruch nahm und mit der sie an diversen Abenden schon manches Gespräch geführt hatte, das über die Themen der üblichen Konversation weit hinausgegangen war.
Sie war also bestens im Bilde und musterte daher den Ankömmling mit unverhohlener Neugier, die auch Vogel nicht entgehen konnte. Da er nicht wusste, was Michelle ihr schon alles über ihn erzählt hatte, war ihm diese Situation ausgesprochen unangenehm.
Nachdem der Kaffee serviert war, der trotz der Art seiner
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