Hausmaestro - Kriminalroman
hier im erwartungsfrohen Publikum eingefunden hatten.
Der Konzertmeister des kleinen Orchesters immerhin war ein waschechter Wiener, was man unschwer an dem weichen Tonfall erkennen konnte, mit dem er seine launigen Erläuterungen zu den gespielten Stücken zum Besten gab. Was das Publikum im Übrigen etwas ratlos über sich ergehen ließ, zumal es diese wohl allenfalls bruchstückhaft verstand. Seine englischen Ausführungen hingegen wurden vom Auditorium mit allgemeiner Heiterkeit aufgenommen, weniger vom Inhalt als von der Diktion her, da der Geiger offensichtlich eine rein humanistische Bildung genossen hatte, was sich dahingehend niederschlug, dass sein Englisch einen höchst eigenwilligen Akzent aufwies.
Zumindest den szenischen Höhepunkt des ersten Konzertteils bildete nach allgemeiner Auffassung die Darbietung einer durchaus attraktiven Sängerin, die im ungarischen Nationalkostüm die berühmteste Arie aus der Operette ›Maske in Blau‹ von Fred Raymond zum Besten gab. Die Darbietung an sich wäre von der musikalischen Seite her nicht weiter erwähnenswert gewesen, da sie sich wie auch die anderen Programmpunkte auf einem durchaus gehobenen Niveau bewegte, doch ließ es sich die Sängerin nicht nehmen, die letzte Strophe der kapriziösen ›Juliska aus Budapest‹, die über ›ein Herz aus Paprika, das kein’ in Ruhe lässt‹ verfügt, auf dem Kopf stehend zu singen, was nicht nur die kleine Laura zutiefst beeindruckte und das beherrschende Thema des Pausengesprächs darstellte.
Nach der Darbietung, bei der sich die gesamte Familie bestens unterhalten hatte – im zweiten Teil war es die in weißen Tüll gekleidete Balletttänzerin, die sich mit ihrem befrackten Tanzpartner in klassischer Manier zu den Klängen des ›Donauwalzers‹ bewegt hatte, die in der kleinen Laura die Idee reifen ließ, diesen entbehrungsreichen Beruf anzustreben, was allerdings nicht weiter ernst zu nehmen war, da sie ihren Berufswunsch im Wochentakt wechselte – trafen sie noch mit Martinas Flöte spielender Freundin zusammen, einer reizenden Südtirolerin übrigens, die, schwarzhaarig und grünäugig, unter anderen Umständen durchaus Kajetan Vogels Interesse geweckt hätte.
Nach einem, mit Rücksicht auf die schon bald vor Müdigkeit raunzende Laura, kurz gehaltenen Umtrunk im nahe gelegenen Gmoa-Keller hatte Vogel allen Grund dazu, mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Daher bereitete es ihm fast kein schlechtes Gewissen, als er auf dem Heimweg verkündete, dass er am Sonntag im Zusammenhang mit dem Dirigentenmord leider entsetzlich viel zu tun habe und daher den ganzen Tag beschäftigt sei.
Das in einem solchen Falle obligate Murren seiner Gattin blieb dieses Mal aus, allerdings harrte das Problem des Hundespaziergangs seiner Lösung, da Vogel in Aussicht gestellt hatte, möglicherweise erst am späten Abend nach Hause zurückzukehren, und sich Martina nicht in der Lage sah, mit dem Hund, der ihr nur äußerst gelegentlich gehorchte, einen größeren Spaziergang zu unternehmen.
Doch der Inspektor, geradezu ein Virtuose auf dem Gebiet des Entwerfens von spontanen Lügengespinsten, verfiel auch hier auf einen Ausweg: Den Hund könne er ja mitnehmen, da er ohnehin aufs Land fahren müsse, um ein Orchestermitglied zu befragen, das sein Wochenende im Burgenland verbringe, bevor es am Montag auf eine längere Auslandstournee führe.
So ward auch dieses Problem aus der Welt geschafft, und alle blickten glücklich einem ruhigen Sonntag entgegen.
Ganz anders als sein Kollege Walz, der sich, wie wir uns denken können, vor diesem Termin des endgültigen Abschieds regelrecht fürchtete, obwohl sich auch in der Südsteiermark der Himmel in makelloser Reinheit präsentierte.
Nach einer Nacht voll der verzweifelten Leidenschaft, bei der auch manche Träne vergossen wurde, war das traurige Liebespaar erst sehr spät aufgestanden.
Das reichhaltige Frühstück wurde schweigend eingenommen, die Worte waren ihnen während der Nacht ausgegangen, nur die munter plaudernde Hausfrau zeigte sich davon unbeeindruckt und gab ihnen Ratschläge, wohin heute am besten zu fahren sei.
Doch weder Clara noch Alfons verspürten große Lust, sich besonders weit vom Hotel fortzubewegen. Immerhin rafften sie sich zu einem Spaziergang durch die Weinberge auf, nicht ohne zuvor die Hausfrau zu bitten, ihr Zimmer möglichst rasch aufzuräumen, woraufhin sie Walz mit einem wissenden Lächeln bedachte.
Trotz der idyllischen Landschaft dauerte
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