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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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Studienplatz. Der Esrom sollte Michael wahrscheinlich eine Lektion erteilen. Er sollte zu riechen bekommen, wie die Vorteile um seine Person stanken.
    Die Bullerei erschien erneut auf der Party. Jetzt beschlagnahmte sie Michaels Anlage. Michael spielte sich auf: Ihr wisst nicht, wer ich bin! Ihr bekommt es mit dem Bürgermeister zu tun! Er wurde zur Klärung mit auf die Wache mitgenommen. Wir diskutieren, ob die Polizei rechtens gehandelt hatte. Die Party war jetzt endgültig dabei, sich aufzulösen. Die meisten wollten noch ins ›Subito‹ gehen. Dort wollten sie der Lesung von Diedrich Diederichsen beiwohnen, aber keiner hatte Bock, Eintritt zu zahlen. Die Gruppendynamik nervte mich gerade. Ich wusste, dass die meisten eh nur in den ›Marktstuben‹ landen würden. Ich ging nicht mehr in die ›Marktstuben‹. Seit ich aus dem Vorwerkstift ausgezogen war, mied ich das Karoviertel. Zu viel Trauma. In den ›Marktstuben‹ hatte ich mit den zwei Lovern die Zeche geprellt. Dieser Diederichsen war ein angesagter Musikjournalist, den die Kunstszene wegen seiner Nähe zur Popkultur verehrte. Er interessierte mich nicht. Mir waren irgendwie die ganzen Künstler zuwider. Ich hatte genug. Ich hatte zu viel. Ich war froh, dass sie alle abhauten. Ich wollte alleine sein. Aber leider war das nicht möglich. Ich stand vor einer durchbrochenen Wand.

VII
    Weil ihre Eltern ihnen das vorgemacht haben, ziehen die meisten Paare in eine gemeinsame Wohnung, sobald sie ein Kind bekommen. Viele wohnen dort schon vorher zusammen oder nebeneinanderher, wie James und ich. Weil das seiner Vorstellung von Familie entsprach, hatte James aus unseren zwei Buden eine gemacht. Damit enttäuschte er mich zutiefst. Bis dahin hatte ich an ihm noch keine Anzeichen von Kleinbürgerlichkeit entdeckt. Er stand mir beim Klauen der Notenbücher zur Seite. Er freute sich über meine Alsterhausbeuten. Er summierte mit mir die Preise. Er gratulierte mir zu neuen Rekorden. Er beriet mich, wie ich sperrige Produkte aus den Läden entwenden konnte. Einmal hängte ich mir in dem Künstlerbedarfsladen › Schacht & Westerich‹ eine Mappe in der Größe von ein mal zwei Metern um die Schultern, ging damit an der Kasse vorbei und spazierte raus auf die Straße. Niemand hielt mich dabei auf. Das beeindruckte James enorm. Von da an schleppte ich hin und wieder noch voluminösere Artikel an, um James zu imponieren. Er verstand den Trip, auf dem ich mich befand, und belehrte mich nie.
    Er teilte meine Meinung, wenn ich über das intellektuelle Gequatsche der HaEfBeKa-Professoren und -Kommilitonen spottete. Seine Amoralität gefiel mir. Er verachtete Menschen, die traditionell und sauber lebten. Er wurde sofort renitent, wenn es Verbote gab. Er akzeptierte keine Autoritäten und flog spätestens nach drei Tagen aus jedem Job wieder raus. Im Alltag verhielt er sich punkig und ruppig. Elektrische Geräte reparierte er mit seiner speziellen Methode. Er öffnete deren Abdeckung und klopfte mit einem Gummihammer an ein paar Stellen rum, um sie wiederzubeleben. Wenn sie nicht sofort funktionierten, haute er sie mit dem Gummihammer kaputt. Dabei beschimpfte er den Hersteller als Trasher. Besonders liebte er es, mir seine experimentellen Kochkünste zu präsentieren. Versalzenen Speisen verabreichte er zusätzlich ordentlich Zucker. Er behauptete, dass das irische Küche sei. Wegen seines Künstlernamens gab er sich als Ire aus. Seine selbst gemachte Pizza belegte er viel zu üppig mit orientalischen Zutaten wie Lammfleisch, Rosinen, Koriander. Er nannte diese Mahlzeit ›Pizza Germanika‹, die aber wegen der Überdosis Käse mehr an eine Lasagne erinnerte. Der Name ›Pizza Germanika‹ stand für den deutschen Wohlstand und distanzierte sich von dem sparsam zubereiteten, dennoch in ganz Europa populär gewordenen italienischen Happen. James’ ›Pizza Germanika‹ war ein komplettes Menü und keine Abzockerei. Da war was dran. Man zahlte für einen Hamburger eine Mark, während die billigste Pizza Margarita das Fünffache kostete. Beide Snacks waren nichts anderes als warme Brötchen. Der Unterschied bestand einzig darin, dass der Hamburger Fleisch beinhaltete, während Pizzascheiben mit Tomatensoße bestrichen und mit Käse belegt wurden. Für jedes Extra blechte man eine Mark dazu. ›Pizza Germanika‹ übertrumpfte alle ihrer Art, auch wenn sie niemandem außer James mundete. Daran scheiterten die meisten seiner Gerichte.
    James fehlte einfach der Geschmack. Er

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