Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Haut aus Seide

Titel: Haut aus Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Holly
Vom Netzwerk:
gelänge, diese Klage abzuschmettern?
    Er griff nach einem Briefbeschwerer und umklammerte ihn wurfbereit. Doch bevor er seinem Zorn freien Lauf lassen konnte, schien das Foto seines Vaters auf dem Schreibtisch ihn zu tadeln. Simon , sagte es sanft. Es liegt allein bei dir, eine Atmosphäre zu schaffen, in der deine Angestellten so etwas wie Mut aufbringen können. Was nützt es schon, wenn dein Temperament mit dir durchgeht und du ihnen eine Heidenangst einjagst? Die Sätze waren eine alte Lektion – eine der ersten, die Howard ihm erteilt hatte. Simon hatte seinen Zorn aus dem Waisenhaus mitgebracht. Vielleicht war er sogar schon damit auf die Welt gekommen, denn selbst das Zuhause, das Tess und Howard ihm bereitet hatten, hatte nicht dafür sorgen können, dass diese Wut verklang. Aber wenn sie ihm etwas beigebracht hatten, dann war es Selbstbeherrschung.
    Simon lockerte seinen Griff, stellte das Zähneknirschen ein und atmete tief durch. Dann zog er mit demonstrativer Ruhe einen Notizblock aus der Schreibtischschublade und fing an, verschiedene Diskussionspunkte aufzuschreiben. Er würde der Rechtsabteilung seine Position erklären und sie fragen, wie sie seinen Standpunkt zu unterstützen gedächte. Erst dann würde er entscheiden, ob und wessen Köpfe zu rollen hätten.
    Simon war gerade bei Punkt vier angelangt, als plötzlich Andrew den Kopf durch die Tür steckte.
    »Was?«, fuhr Simon ihn ohne nachzudenken an.

    Der offensichtlich unwillkommene Gast grinste. »Mrs. Winters hat mir gerade erzählt, was die Rechtsabteilung Ihnen ins Nest gelegt hat. Und ich dachte, da kämen ein paar gute Neuigkeiten gerade recht.«
    Simon seufzte. »Gute Neuigkeiten? Immer her damit. Kommen Sie rein.«
    Andrew hüpfte förmlich über den Teppich und setzte sich wie immer auf die Kante von Simons Schreibtisch. Er beugte sich weit genug vor, um auf den Notizblock schielen zu können. »Wir haben sie.«
    »Wir haben sie?«, wiederholte Simon fragend, obwohl er sofort wusste, worum es ging. Ihm wurde flau im Magen.
    » Meilleurs Amis! «, jauchzte Andrew. »Mein Kontakt hat mir verraten, dass die Bank gerade ihren Kredit gekündigt hat. Scheinbar macht sich einer ihrer Händler große Sorgen um ihre Zahlungsfähigkeit. Man hat seine Gelder eingefroren! Die Neuigkeiten haben sich natürlich blitzschnell verbreitet, und voilà , jetzt will kein Kreditgeber in der Gegend noch etwas von ihnen wissen.«
    »Und wie sieht’s in anderen Gegenden aus?«
    »Dazu fehlen ihm die Verbindungen. O Mann, wirklich großartig!« Andrew rieb sich die Hände. »Der Mann ist ein für alle Mal erledigt!«
    Plötzlich brach die Spitze von Simons Bleistift. Als er auf seinen Notizblock schaute, sah er ein großes L mit einem dicken Strich durch. Mist! Wie, zum Teufel, sollte er das nur Lela erklären?
    »Was ist denn los?«, fragte Andrew. »Ich dachte, Sie würden sich freuen.«
    »Ich freue mich ja«, sagte Simon alles andere als glücklich und sah dem verunsicherten Andrew ins Gesicht. »Das haben aber nicht Sie eingefädelt, oder?«

    Der Körper des jungen Mannes versteifte sich sichtlich. »Nein, hab ich nicht. Den Todesstoß hat Simon Carmichael sich ganz allein verpasst. Ich habe es nur geahnt. Der Mann hat eben kein taktisches Geschick. Und das braucht man nun mal, wenn man in Paris überleben will.«
    »Okay.« Simon tätschelte sein Knie. »Aber fragen musste ich.«
    »Das hätte ich doch niemals getan«, versicherte Andrew. »Ihre Anweisung lautete: Keine schmutzigen Tricks. Sie sagten, Sie wollten auf faire Weise gewinnen.«
    Und wenn dem nicht so gewesen wäre? , fragte Simon sich in Gedanken, obwohl er genau wusste, dass diese Frage überaus müßig war. Irgendwo in Paris ging eine Firma gerade den Bach herunter, und wenn Simon sie sich nicht unter den Nagel riss, dann würde es ganz sicher jemand anderes tun. Oder vielleicht auch niemand. Die moralische Verantwortung für seine Entscheidung musste der Geschäftsmann so oder so übernehmen.
    Er betrachtete seine Hände in Erinnerung der letzten Berührung von Lelas schlanken, rassigen Kurven. Noch nie hatte er für eine Frau so empfunden. Sie war ein Teil seines Lebens geworden. Jemand, mit dem er es teilen wollte. Jemand, den er liebte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Es gab keinen Ausweg. Lelas Reaktion würde sicher heftig ausfallen, aber ohne einen Kampf würde er sie nicht aufgeben. Er hatte überhaupt nicht vor, sie aufzugeben.
    Simon klatschte ganz und gar unbewusst mit

Weitere Kostenlose Bücher