Haut aus Seide
der Hand auf die Tischplatte. »Schicken Sie mir die Akte. Ich möchte die Verhandlungen selbst übernehmen«, teilte er seinem Angestellten mit.
Andrew nickte, zögerte dann jedoch. »Ich werde Lela kein Sterbenswörtchen darüber verraten, dass Sie die Übernahme schon vor Ihrem Kennenlernen geplant haben.«
»Davon war ich auch nicht ausgegangen«, erwiderte Simon.
Andrew lächelte unsicher, nickte erneut und verließ dann den Raum.
Simon stieß einen tiefen Seufzer aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Es spielte gar keine Rolle, ob Andrew Lela davon erzählte oder nicht. Das Mädchen war schlau genug, um eins und eins zusammenzuzählen.
Dreizehn
Philip stand vor den raumhohen Fenstern und starrte zwanzig Stockwerke hinunter. Zwischen den Schatten der Türme von La Défense huschten Büroangestellte hin und her. Sie sahen genauso klein und machtlos aus, wie er sich in diesem Moment fühlte.
Die alte Freundin seiner Frau hatte mit den Amalfis gesprochen.
Philip hatte den ganzen Morgen damit zugebracht, nach irgendwelchen alternativen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Ohne Erfolg. Obwohl das Geschäftsklima in Paris sich in letzter Zeit verändert hatte, war die Firmenlandschaft doch noch immer von alten Herren geprägt. Leider war Philip nie einer von diesen alten Herren gewesen. Und jetzt war der Zug endgültig für ihn abgefahren. Die Neuigkeiten, die von Marie d’Ar dennes verbreitet worden waren, hatten auch den letzten Rest seiner geschäftlichen Glaubwürdigkeit zerstört. Eve hätte den Schaden zweifellos beheben können. Aber Philip war nun mal nicht von ihrem Schlag. Das hatte er schon vor seinen Anstrengungen gewusst, das Schicksal doch noch irgendwie wenden zu können. Allein der Versuch hatte ihn so erschöpft, dass er jetzt regelrecht schwankte. Halt suchend presste er die Fingerspitzen auf die Glasscheibe. Doch der Schmerz blieb – ein kalter, harter Stein auf seinem Herzen. Während der völlig
nutzlosen Anrufe hatte er sich zwei seiner Nägel blutig gebissen.
Eine Katastrophe, die alle bisherigen übertraf – sowohl die erste Präsentation seiner Designs als auch die Demütigung durch die Presse nach Evangelines Tod. Doch damals hatte nur er gelitten. Jetzt ging es um eine ganze Firma. Existenzgrundlagen und mit ihnen die Zukunft und Vergangenheit vieler Menschen würden verloren gehen. Die meisten würden das Ganze zwar sicher überstehen, aber einige eben nicht. Und das nur aufgrund seiner Unbesonnenheit und der Tatsache, dass er nicht in der Lage war, die gleiche Selbstsicherheit an den Tag zu legen, die seiner Frau so zu eigen gewesen war. Philip war nicht tough genug. Aber selbst wenn er die Uhr zurückdrehen und sein Rom-Wochenende mit Bea ungeschehen machen könnte, er würde es nicht tun. Die Liebe bedeutete ihm nun einmal mehr als die Firma, und Menschen waren ihm wichtiger als sein Stolz.
Als Nächstes stand Philip bevor, Bea über die Lage zu informieren. Er wusste genau, dass sie sich schuldig fühlen würde. Sie würde sich fragen, ob sie es überhaupt wert wäre, dass er ihretwegen alles verlor. Sie würde sich um ihn sorgen – und das war das Letzte, was er wollte. Sein eigenes Schicksal war ihm im Moment völlig gleichgültig. Seine Angestellten hatten oberste Priorität. Für sie musste Philip retten, was zu retten war. Vielleicht könnte er ja ein paar Vermögenswerte veräußern. Oder die Marke Meilleurs Amis als Lizenz veräußern. Er würde alles tun, um die Gehaltsschecks ausstellen und ein bisschen Zeit schinden zu können.
Philip ging zu seinem Schreibtisch, um den verzweifelten Buchhalter zurückzurufen, doch stattdessen kam
ihm Beas Nummer in den Sinn. So unangenehm seine Neuigkeiten auch waren, das Bedürfnis, ihre Stimme zu hören, war so groß, dass seine Augen brannten. Das muss Liebe sein, dachte er, das Gute wie das Schlechte teilen zu wollen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Das Ganze war eine wertvolle Lektion. Und dennoch hätte er sehr gern darauf verzichtet.
Philip fuhr erschrocken hoch, als sich plötzlich seine Sekretärin meldete.
»Ein Anruf aus Amerika«, teilte sie ihm durch die Gegensprechanlage mit. »Ein Mr. Simon Graves.«
Simon Graves. Wo hatte er diesen Namen nur schon mal gehört? Er war kein Bankier und auch keiner ihrer Lieferanten. Mit einem Schulterzucken nahm er den Hörer ab. Wer immer der Mann auch war, schlimmer konnte der Morgen nicht mehr werden.
Lela war gerade dabei, auf allen vieren den
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