Haut
Fedriges in seinem Gehirn. Er umklammerte seine Fußknöchel und starrte ins Feuer, auf die beiden Kaffeebecher, auf die Bratpfanne über dem Feuer, in der es brutzelte. Er wusste nicht, wann er sich jemals so müde gefühlt hatte, so betäubt, innerlich und äußerlich. Das Kinn sank ihm auf die Brust. Er musste die Ellbogen auf die Knie stemmen und den Kopf mit beiden Händen stützen.
»Warum ist Ihr Telefon abgeschaltet?« Der Walking Man wandte den Blick nicht vom Feuer. »Normalerweise behandeln Sie es doch wie ein zweites Herz.«
Caffery zog es aus der Brusttasche, legte es auf den Boden und starrte es an. Nicht wie ein Herz. Wie eine Schlange.
»Na?«
»Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich es einschalte. Fragen Sie mich nicht noch mal.«
Der Walking Man zuckte die Achseln. Er verteilte das Essen auf zwei Teller: für jeden vier dicke Scheiben Speck, drei Spiegeleier, zwei Würstchen und eine Scheibe geröstetes Brot. Da er den ganzen Tag umherwanderte, brauchte er Energie. Sein Teller war immer randvoll, und er sorgte dafür, dass auch seine Gäste gut aßen. Er richtete sich auf, stellte den einen Teller neben seine Schlafstelle und brachte den anderen Caffery. Als er dessen Gesicht sah, den gequälten Blick, den er auf das Essen warf, und die Tränen in seinen Augen, zögerte er. »Okay«, grunzte er. »Okay.«
Er ging ein paar Schritte beiseite, hockte sich hin und kratzte das Essen vom Teller auf den Boden. »Die Dachse werden Sie lieben.« Dann kehrte er zu seinem Schlafsack zurück; er hatte nur Socken an den Füßen, und wenn der Walking Man etwas pfleglich behandelte, waren es seine Füße. Er setzte sich hin, stellte den Blechteller auf die Knie, fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger durch den Bart und musterte Caffery mit schmalen Augen. »Sie wissen, wo Sie angekommen sind.« Er deutete mit dem Kopf auf das Telefon. »Oder?«
Caffery sah ihn mürrisch an. »Wo denn?«
Der Walking Man grinste. »An einer Wegkreuzung«, sagte er. »An einer fundamentalen Wegkreuzung. Und jetzt, jetzt müssen Sie Farbe bekennen. Ich weiß nicht, warum oder was passiert ist, aber wenn Sie dieses Telefon jetzt einschalten, müssen Sie eine Entscheidung treffen. Stimmt's?«
Caffery starrte den Walking Man an. Der Mistkerl hatte recht. Er hatte es begriffen, während er noch schlief. Halluzinationen allüberall, die ihn foppten. Am Morgen würde er mit Powers sprechen müssen. Er würde eine Entscheidung treffen müssen. Er würde ihm sagen müssen, was er über Misty Kitson wusste.
»Und diese Entscheidung steht schon seit Jahren an. Vielleicht sehen Sie es noch nicht, aber bei dieser Entscheidung geht es darum, ob Sie weiter auf den Tod starren oder sich umdrehen und sich für das Leben entscheiden. Das ist alles.«
Caffery schnaubte leise und verächtlich. »Sie halten mir eine Predigt über das Leben? Einer, der den Tod gewählt hat? Wie soll das denn gehen?«
»Vielleicht predigt Ihnen auch einer, der vom Tod gewählt worden ist.«
»Sie sind nicht tot.« Er betrachtete die Augen des Walking Man. Sie waren blau wie seine eigenen. Als wären sie verwandt. Aber Caffery wusste, dass die Weisheit in den Augen des Walking Man nicht die seine war. Noch nicht. »Sie leben noch.«
»Ja. O ja.« Der Walking Man schaute auf seine Hände. Drehte sie hin und her, als gehörten sie jemand anderem. »Es sieht so aus.«
»Sie haben einen Plan. Ich weiß nicht, was für einen, aber es gibt ihn. Deshalb haben Sie keineswegs den Tod gewählt.«
Der Walking Man lachte. Es klang nachsichtig, als wäre Caffery ein einfältiges Kind. Als würde es noch Jahre dauern, bis er zu reifen Gedanken oder Gefühlen fähig wäre. »Als Craig Evans meine Tochter ermordete« - er wischte sich den Schnurrbart ab -, »und als er mir erzählte, was er getan hatte... als er mir erzählte, wie oft er sie vergewaltigt hatte, bevor er es tat...« Er klopfte mit dem Finger an seine Lippen, als wagte er nicht, diesen Gedanken zu vollenden. »Als er mir das alles erzählte, wusste ich, dass die Entscheidung gefallen war. Nach allem, was sie erlitten hatte, musste sie getröstet werden. Und um sie zu trösten, musste ich ihr folgen.«
Caffery beugte sich vor. Es war das erste Mal, dass der Walking Man offen über den Tod seiner Tochter sprach. »Ihr wohin folgen?«
»In die nächste Welt natürlich. So musste es einfach sein. Es ist der natürliche Lauf der Dinge. Alles, was ich tue, jede Meile, die ich gehe, ist eine Vorbereitung für
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