Hautnah: Sinnliche Begegnungen (German Edition)
Kopfschütteln.
„Na gut, dann …“ Ich seufzte. War es nötig gewesen, ihn derartig zu blamieren? „Schlaf gut.“
Während des Frühstücks sah er ständig nach draußen. Macy und ich unterhielten uns angeregt über die Arbeit. Jimmy wirkte eher teilnahmslos. Kaum war das Frühstück beendet, eilte er in den Garten. Mittlerweile verfluchte ich diese schönen Sommertage. Wieso konnte es nicht einmal regnen? Warum musste er dort draußen sitzen und Selbstgespräche führen?
„Ich glaube, er ist schwul …“, entwich es mir, als ich ihn betrachtete. Macy lachte. Sie stand auf und räumte den Tisch ab.
„Na und? Ist das schlimm? Er ist hübsch, intelligent …“
Ich schüttelte den Kopf. Sie verstand überhaupt nicht, was ich meinte.
„Wir sind für ihn verantwortlich … Homosexuelle haben auch heute noch oft Probleme in der Gesellschaft …“
„Er geht bald wieder in die Schule, dann haben seine Träumereien ein Ende.“
Wie konnte sie so gutgläubig sein? So etwas endet nie! , dachte ich und doch schwieg ich lieber.
Ich war ein Mann, Ende dreißig, stand mitten im Leben, hatte ein Haus und eine gut aussehende Frau, fuhr ein sportliches Auto und verdiente anständiges Geld.
Doch was mich aus der Fassung brachte war dieser Junge, der fortan in unserem Haus lebte und mich mehr und mehr ängstigte.
Ich hatte Spaghetti gekocht, sein Leibgericht. Macy hatte Nachtschicht im Heim und war außer Haus.
Ich rief ihn zum Abendessen. Er kam nicht sofort, was befremdlich war, denn ansonsten hatte er immer einen gesunden Appetit und er war noch im Wachstum. Obwohl er eine große Figur besaß, mich fast schon überragte, war er für sein Alter viel zu schmächtig. Vielleicht hatte es im Heim nicht genügend zu Essen gegeben? Ich lachte in mich hinein.
Jimmy kam nicht.
Ich stürmte zur Terrassentür, wurde wütend.
Und als ich ihn auf dem Rasen liegen sah, liebreizend, in einer lasziven Haltung, brannten bei mir alle Sicherungen durch. Ein Lächeln lag auf seinen feuchten Lippen, er säuselte Liebesschwüre in die schwüle Luft und seine schmale Hand lag zwischen seinen Beinen. Musste das sein? In unserem Garten? Für jedermann ersichtlich? Ich gab mir gar keine Mühe, seinen Worten zu folgen. Es machte mir Angst und doch …
„Kommst du endlich rein? Das Essen ist längst fertig!“
„Darf Will mitessen?“
„Nein!“
„Aber … wieso nicht?“ Seine großen Augen starrten mich fassungslos an. Er war tatsächlich erschüttert, enttäuscht. Und mir tat es leid, dennoch:
„Jetzt reicht es aber. Wie alt bist du denn?“
Er schwieg. Meine Worte trieben ihm Tränen in die Augen. Still kam er auf die Beine, schlurfte näher, nahm Platz und aß, doch ohne Appetit.
Am Ende des Tages war ich erleichtert, als die Sonne unterging und die Schatten im Garten verschwanden.
Am Wochenende hatte ich endlich die Möglichkeit, mit Macy über diese Sache zu sprechen, auch auf die Gefahr hin, dass sie mich wieder auslachen würde.
Während Jim im Garten lag und sich halb nackt sonnte, suchte ich das Gespräch mit ihr.
„Hast du auch gemerkt, dass Jimmy sich verändert hat?“ Ich ließ meine Frage ganz unbekümmert klingen, dabei reizte mich das Verhalten des Jungen mehr und mehr. „Er spricht plötzlich viel ungehemmter, als vorher … Er verhält sich lockerer, jugendlicher. Benutzt einen Gossen-Slang und ich frage mich, wo er den herhat?“
„Aus dem Fernsehen?“, vermutete sie achselzuckend. War es ihr wirklich so egal? Oder jagte ich einem Hirngespinst hinterher?
„Er sieht doch kaum fern. Jedenfalls nicht diese einfallslosen Serien.“
„Dann wird er es bei den Nachbarskindern aufgegabelt haben …“
„Er hat hier keine Freunde …“, erinnerte ich. „Und bisher habe ich diese vulgäre Aussprache auch noch nie bei ihm bemerkt, erst, seitdem dieser Will existiert.“
Ficken, Blasen, Fummeln, Lecken … All diese Worte hatten ich den Jungen in den Mund nehmen hören. Oder hatte ich mir das auch eingebildet?
„Fängst du schon wieder damit an?“ Sie rollte die Augen.
„Du musst es ja nicht ertragen. Du bist den ganzen Tag im Heim“, gab ich Kontra. „Aber ich habe es ständig vor Augen, höre, wie er mit diesem nicht vorhandenen Freund flirtet, sehe, wie er um die Büsche scharwenzelt, als würde er auf den Strich gehen – wie soll ich da arbeiten?“
Anstatt Verständnis zu zeigen, zog sich das Gesicht meiner Frau zusammen wie eine Gewitterwolke. Ihr Mund spitzte sich und
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