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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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besann sich Stephen und trat auf die Bremse, so dass sie mit kreischenden Reifen im Schotterbett drei Meter vor der Brücke zum Stehen kamen.
    Nach einem letzten Schlenker, durch den es die Seite des Wagens eindrückte und ihn fast umwarf, raste das graubraune Auto an ihnen vorbei und verschwand in der Nacht. Stephen ließ den Kopf aufs Lenkrad sinken, während die Band einen unstrukturierten, atonalen Bläserriff improvisierte. Lara streckte die Hand aus, um die Musik abzustellen, und das Zirpen der Grillen in den umliegenden Feldern war wieder zu hören.
    »Sind alle heil geblieben?« Sie sah nach hinten zu ihren Söhnen, die zusammengekauert und blass dasaßen. Sie nickten stumm. »Stephen?«, fragte sie und legte ihm vorsichtig die Hand auf den Rücken.
    »Habe ich es nicht gesagt?«, sagte er endlich, hob den Kopf und lächelte. »Jede Menge Wahnsinnige auf den Straßen hier.«
    Lara versuchte, an seinen Augen zu erkennen, ob er glaubte, was er da sagte – ob er wirklich nicht wusste, was los war –, aber seine Miene war undurchdringlich. Mit einem Schulterzucken ließ er den Motor wieder an und lenkte den Wagen zurück auf die Straße.
    »Sehen wir zu, dass wir die Kinder nach Hause bringen«, erklärte er, jetzt wieder mit zur Verkleidung passender verstellter Stimme.
    »Go, Daddy, go«, rief Olly in derselben Tönung des tiefen Südens.
    Als sie in Trout Island ankamen, saßen Marcus und Selina auf der Veranda und rauchten. Auf dem schäbigen Plastiktisch vor der Hollywoodschaukel stand eine große, fast leere Flasche Yellowtail Pinot Grigio.
    »Wie war die Vorstellung?«, blökte Marcus quer durch den Vorgarten, nachdem Stephen den Motor ausgeschaltet hatte.
    »Super!«, rief Olly und sprang vom Rücksitz.
    »Was zu trinken, Stephen?«, fragte Selina, die aufgestanden war und die Stufen hinunter auf ihn zutänzelte.
    »Schhh!«, machte Marcus. »Mist.«
    »Marcus«, sagte Lara. »Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
    »Ich kann ein Geheimnis für mich behalten, Süße«, beteuerte Selina und lehnte sich an Stephens Auto. »Selina Mountford.« Sie beugte sich zu ihm und streckte ihm die Hand zum Gruß entgegen. »Ich bin eine große Bewunderin Ihrer Arbeit. Ich habe in Transform mitgespielt, aber ich glaube nicht, dass wir uns persönlich begegnet sind. Ich war eins der Wassermädchen.«
    »Hallo«, sagte Stephen, während er Jack aus seinem Kindersitz hob.
    »Machen Sie sich wegen mir keine Sorgen«, versicherte Selina. »Ich bin die Verschwiegenheit in Person. Es ist ja nicht so, als ob ich Zivilistin wäre. Ich verstehe, dass Sie sich bedeckt halten müssen. Bleiben Sie doch noch, setzen Sie sich zu uns.«
    »Tut mir leid. Ich muss zurück zu meinen Tieren.« Stephen reichte Lara den Kindersitz. »Tschüs, Jungs.« Er winkte Olly und Jack, die aufs Haus zugingen. »Tschüs, Lara.« Er gab ihr einen flüchtigen, unpersönlichen Kuss auf die Wange. »Marcus«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf ihn.
    »Cheers, Alter.« Marcus winkte. Er war aufgestanden und stützte sich schwankend aufs Verandageländer.
    »Danke, Stephen«, sagte Lara. »Es war ein toller Abend.«
    »War mir ein Vergnügen.« Er startete den Motor und fuhr davon. Erst als seine Rücklichter schon verschwunden waren, wurde Lara mit einem Stich bewusst, dass sie sich nicht für ein weiteres Treffen verabredet hatten.
    »Oll, könntest du Jack bettfertig machen?«, bat sie. Olly stöhnte und schnalzte mit der Zunge, nahm aber seinen schläfrigen kleinen Bruder auf den Arm und trug ihn ins Haus.
    Lara drehte sich zu Marcus um und lenkte den verspäteten Schock nach dem Beinahe-Autounfall in Wut auf ihren Mann um. »Dir ist schon klar, dass es ein Geheimnis sein sollte, dass Stephen hier ist?«
    »Jetzt komm aber.« Marcus fuchtelte mit den Armen. »Was ist schon Schlimmes dabei, wenn Selina Bescheid weiß?«
    »Du hast ja keine Ahnung«, erwiderte Lara.
    »Was soll das denn bitte heißen?«
    »Du kannst mir wirklich vertrauen, Lara«, versicherte Selina. »Zufällig habe ich eine Menge Freunde, die genauso berühmt sind wie Stephen Molloy – mindestens. Ich weiß, wie schwierig das ist. Ich bin cool.«
    »Hoffen wir mal, dass das stimmt«, gab Lara zurück. Sie fragte sich, inwiefern man es als cool bezeichnen konnte, Stephen etwas vorzusäuseln und mit der winzigen Rolle zu prahlen, die man vor acht Jahren in einem seiner Filme gespielt hatte, aber sie ersparte sich jeden weiteren Kommentar. »Er gibt sich sehr große Mühe,

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