Hautnah
abwechslungsreich, aber nichtsdestotrotz ein Job. Und zwar einer, der dein ganzes Leben auffrisst.«
»Ja.« Lara hielt seinem Blick stand.
»Ich beneide Marcus.«
»Wirklich?« Das Dämmerlicht im Zimmer verbarg die Röte, die plötzlich auf ihren Wangen brannte.
»Ich habe es gut, das ist mir bewusst. Ich besitze ein Haus hier, eins in L. A. – es ist wunderschön, oben in den Hügeln gelegen, du müsstest es mal sehen. Dann noch ein Stadthaus in Manhattan und ein Haus in meiner alten Heimat, in der Nähe von Manchester. Aber in keinem von ihnen fühle ich mich daheim. Das Haus in England gehört mir seit dreizehn Jahren. Ich habe es mir von meiner ersten größeren Gage gekauft, ich hatte diese Idee, dass ich so den Kontakt zu meinen Wurzeln nicht verlieren würde. Alles in allem habe ich vielleicht dreißig Tage dort verbracht. Es stehen immer noch Umzugskisten herum, die ausgepackt werden müssen. Vor zwei Jahren habe ich ein paar Handwerker kommen lassen, um die Inneneinrichtung zu machen – sie haben bloß den Flur gestrichen, mehr nicht. Sie dachten, ich wäre gerade erst eingezogen. Und jetzt verkrieche ich mich hier ganz allein am Ende der Welt. Warum sollte ich Marcus nicht beneiden?«
Stephen machte einen Schritt auf sie zu, nahm ihre Hand und lächelte. Seine Finger waren kühl und trocken. Sie wusste, ohne hinzusehen, dass sie noch immer genauso lang und schlank waren wie früher.
»Soll ich dir was sagen?«, fragte er.
»Nur zu.« Sie versuchte zu ignorieren, wie gut sich seine Hand in ihrer anfühlte.
Er schluckte und sah ihr in die Augen. »Du bist das große Was wäre wenn in meinem Leben, Lara. Kein Tag vergeht, an dem ich mich nicht frage, was hätte passieren können, wenn wir … wenn ich nicht weggegangen wäre.«
Lara hörte ihm in wachsender Bestürzung zu. Er sprach genau die Gedanken aus, die sie all die Jahre lang in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins verbannt hatte.
»Dann hättest du eben nicht gehen dürfen«, entgegnete sie.
Jack kam durchs Zimmer auf sie zugelaufen und zog sie am Arm. »Mummy, guck mal, da unten am Grund schwimmt ein ganz dicker, hässlicher Fisch!«
13
B ella stand auf der Veranda. Ihr war noch immer ganz schwindlig bei der Erinnerung daran, Stephen Molloy so nah gewesen zu sein.
Durch die Arbeit ihres Vaters hatte sie bereits einige Schauspieler kennengelernt, die ein bisschen berühmt waren: Einmal waren zwei Darsteller aus EastEnders zum Abendessen da gewesen – vom Auftritt ihres Vaters in der Serie hatte sie nichts mitbekommen, damals war sie noch zu jung gewesen. Dann waren da noch dieser Typ aus der Ofenreiniger-Werbung und ein Theaterschauspieler, den sie zwar noch nie auf der Bühne gesehen hatte, dessen Name aber von Zeit zu Zeit im Feuilleton des Guardian auftauchte und den man hin und wieder im Radio hören konnte.
Aber Stephen Molloy – das war eine ganz andere Liga. Er war ein Megastar und absoluter Kassenmagnet. Trotz seines Rufs, sich mit jeder neuen Rolle komplett verwandeln zu können, wurde er überall auf der Welt wiedererkannt. Heerscharen von Fans lagen ihm zu Füßen. Und natürlich wusste Bella – wie jeder andere auch – über die Sache mit der Stalkerin Bescheid. Darüber war in der Heat, der Grazia und in den Showbiz-Seiten der Daily Mail, die sie oft schlechten Gewissens las, wenn sie eigentlich Hausaufgaben machen sollte, ausführlich berichtet worden.
Sie wusste auch, dass Stephen und ihr Vater sich früher gekannt hatten; Marcus hatte von ihm immer als »der, der es geschafft hat« gesprochen oder als »Molloy, die glückliche Drecksau«. Aber nie im Leben hätte sie damit gerechnet, ihm einmal persönlich gegenüberzustehen.
Das Schlimmste daran war, dass sie es für sich behalten musste. Was hatte man davon, einen Filmstar zu treffen, wenn man es danach nicht herumerzählen durfte?
Ihr Vater stand auf der anderen Seite des Rasens, rauchte und unterhielt sich mit irgendwelchen Schauspielern. Sie konnte sein Gelächter über die Stimmen der anderen hinweg hören. Olly hatte sich verkrümelt – vermutlich auf der Suche nach Bier und einem Versteck, wo er sich heimlich eine Zigarette genehmigen konnte. Also stand sie ganz allein da, trank ihren Champagner und genoss das Gefühl, das er in ihrem Kopf auslöste, so als würden die Bläschen direkt in ihrem Gehirn prickeln. Während sie unter den Gästen nach einem ganz bestimmten Gesicht Ausschau hielt, versuchte sie, sich daran zu erinnern, was sie
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