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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Bella, dann einem ungewohnt schweigsamen und ehrfürchtigen Olly die Hand. »Ich glaube, als ich eure Eltern das letzte Mal gesehen habe, hatten sie gerade die freudige Nachricht bekommen, dass ihr unterwegs seid. Aber von dem kleinen Kerl hier wusste ich noch nichts.« Er streckte auch Jack die Hand hin.
    Im Gegensatz zu James hatte sich Stephens Stimme einen gewissen britischen Einschlag bewahrt. Vor allem in den Vokalen war sein Manchester-Dialekt noch stark herauszuhören. Das überraschte Lara. Die letzten Jahre hatte sie ihn ausschließlich in amerikanischen Filmen gesehen und war davon ausgegangen, dass seine Leinwandstimme mit seiner privaten identisch war. Sie fragte sich, ob der Rest von ihm sich gegenüber früher auch so wenig verändert hatte.
    »Unser glücklicher Betriebsunfall«, sagte Marcus und strubbelte Jack durchs Haar. Lara wünschte, er würde den Mund halten. »Mensch, es ist wirklich toll, dich zu sehen. Wie klein doch die Welt ist.«
    Es war eigenartig, wie sehr sich Marcus über das Wiedersehen mit Stephen zu freuen schien. Er hatte dessen kometenhaften Aufstieg auf fast schon obsessive Weise mitverfolgt und immer wieder spitze Bemerkungen darüber gemacht, dass Stephen offenbar die richtigen Leute bumse oder die Iren eben immer Schwein hätten. Einmal hatte Lara sogar gehört, wie er in Gegenwart seiner Schauspielerkollegen, während sie sich eines Nachmittags gemeinsam einen von Stephens frühen Filmen im Fernsehen anschauten, geprahlt hatte, er selbst habe mehr Talent im kleinen Finger als Stephen Molloy in seinem ganzen Körper.
    Lüge, war es Lara, die in ihrer Arbeitsecke vor dem Apple gesessen hatte, durch den Kopf geschossen.
    »Ich habe ein Haus hier in der Nähe«, erklärte Stephen. »Eine Art geheimen Unterschlupf. Ich kenne James und Betty aus L. A., und ich unterstütze das Theater ein bisschen.«
    »Ein bisschen!«, rief Betty, klemmte sich die Champagnerflasche zwischen die Oberschenkel und zog den Korken. »Es ist ein bisschen mehr als ein bisschen.«
    »Und als James mir gesagt hat, dass du seinen Thane spielst – na ja …«
    »Hier, Stephen, das ist für dich.« James reichte ihm eine der Coladosen. »Für die Kinder habe ich auch welche. Oder dürfen die Zwillinge ein Schlückchen Blubberwasser?«
    »Klar dürfen sie das«, sagte Olly.
    »Es ist so schön, euch alle zu sehen«, verkündete Stephen. Aus seinem Gesicht strahlte aufrichtige Freude – etwas, was man in seinen Filmen eher selten sah, da er normalerweise als der düstere, verschlossene Held besetzt wurde.
    »Auf alte Freunde!« Betty erhob ihr Glas.
    »Auf alte Freunde«, wiederholten die Waylands und tippten ihre Gläser gegen Stephens Coladose.
    »Was für ein Zufall«, sagte Marcus.
    »Tja, wie du sagtest, die Welt ist klein«, erwiderte Stephen.
    Sie tranken, dann sahen sie sich an und wussten nicht recht, was sie sagen sollten. Jack wurde es allmählich langweilig, also zog er los, um sich das Aquarium aus der Nähe anzusehen.
    »Also dann«, sagte Stephen lächelnd und brach das Schweigen. Er hatte etwas an sich, dass einem unwillkürlich der Atem stockte. Vielleicht ist das der Ruhm, dachte Lara, doch dann erinnerte sie sich daran, dass er schon damals in Stratford dieselbe Wirkung auf andere Menschen gehabt hatte. Auf sie wenigstens.
    »Ich fürchte, ich muss zurück und das Essen für meine Gäste vorbereiten«, sagte Betty. »James, könntest du mir dabei behilflich sein?«
    »Aber –«
    »Hase.«
    James fügte sich und folgte seiner Lebensgefährtin hinaus. Erneut senkte sich Schweigen über den Raum, ein auffallender Gegensatz zu dem Geplauder und Gemurmel der Gäste draußen im Garten. Jemand schlug Akkorde auf einer Gitarre an, und eine Frau sang eine improvisierte Melodie dazu. Stephen nippte an seiner Cola light und sah sie alle der Reihe nach an. Doch sein Blick kehrte immer wieder zu Lara zurück. Ihr fiel auf, dass er auf den Fußballen stand und wippte, wie ein Rennpferd kurz vor dem Start.
    »Sollen wir auch nach draußen gehen?«, fragte Marcus an Stephen gewandt. Lara wusste, dass er, neben anderen Gründen, dringend eine Zigarette brauchte.
    »Ich denke nicht«, antwortete Stephen mit einem Lächeln. »Ich halte mich lieber bedeckt.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Lara und sah zu ihm auf. Dabei stellte sie fest, dass sie den Kopf genauso weit in den Nacken legen musste, wie wenn sie mit Olly sprach.
    »Na ja, es ist so: Außer James, Betty und Trudi – und jetzt euch –

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