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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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aufgerappelt hatte und sich Stroh und Dreck von den Kleidern klopfte. Olly war jünger und nicht so kräftig gebaut wie Sean, aber dafür größer. Das und seine wütende Eifersucht verliehen ihm einen deutlichen Vorteil. Er stach dem älteren Jungen mit dem Finger vor die Brust. »Und hey, du, ›Mann‹. Wenn ich dich noch einmal dabei erwische, wie du meine Schwester befummelst, dann wirst du’s bereuen.«
    »Olly! Bella!«, rief Marcus erneut.
    »Ach ja?«, sagte Sean.
    »O ja.« Olly gab Sean noch einen letzten Schubs und ging dann zum Tor der Scheune. Seine Kiefer zuckten noch immer. »Bella?«
    Bella zögerte. Sie wollte nicht mit ihrem Bruder mitgehen, aber ihr blieb nichts anderes übrig.
    Nur weil sie sich das eine Mal nahegekommen waren – zu nahe –, glaubte Olly jetzt, dass sie sein Eigentum war, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich jemals von ihm befreien sollte. Er wollte einfach nicht begreifen, dass das, was sie getan hatten, falsch war. Dass sie damit sämtliche Grenzen überschritten hatten – falls Olly überhaupt Grenzen kannte, was sie bezweifelte. Er weigerte sich einzusehen, dass er sie, wenn sie halbwegs normal weiterleben wollten, in Frieden lassen musste. Zwei Jahre lang hatte sie zugelassen, dass er Jonny benutzte, um sie gegen andere Jungs abzuschirmen, und langsam reichte es ihr.
    Und obwohl sie sich meistens gegen ihn zu wehren wusste, hatte er, wenn er so war wie jetzt, etwas an sich, was ihr wirklich Angst machte. Sein Wille war derart stark, dass sie fürchtete, er würde vor nichts zurückschrecken, um das zu bekommen, was er haben wollte.
    »Komm schon, Bella«, hatte er damals zu ihr gesagt, als sie jünger gewesen waren. »Nur das eine Mal.« Sie hatte keine Chance gehabt. Und es war auch nicht bei dem einen Mal geblieben.
    Und jetzt war er zu allem Überfluss auch noch total high. Das machte die Situation noch schwieriger.
    Sie wollte bei Sean bleiben, musste aber aus der Scheune verschwinden und zu ihrem Vater gehen, weil der nach ihr rief. Aber vor allem hatte sie Angst: Sie musste Abstand zwischen Olly und diesen Jungen bringen, den sie gerade geküsst und in den sie sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit verliebt hatte.
    Ihre Entscheidung war getroffen. Sie folgte ihrem Bruder. Als sie neben Olly in den Toreingang der Scheune trat, drehte sie sich noch ein letztes Mal um, und Sean lächelte sie an.
    »Wir sehen uns«, rief er, und sie seufzte vor Erleichterung. Er war ein Kämpfer.
    »Nicht wenn ich dich zuerst erwische, Kumpel«, sagte Olly, zeigte drohend mit dem Finger auf ihn und zog Bella mit sich davon.
    »Du bist so ein Arschloch, Olly.« Sie versuchte, sich von ihm loszumachen, als sie über den Rasen liefen.
    »Das sag ich Dad«, drohte Olly.
    »Machst du nicht. Wenn doch, dann gibt es nämlich noch eine ganze Menge mehr, was ich über dich sagen könnte. Angefangen damit, dass du Gras geraucht und Bier getrunken hast, als du eigentlich mit mir zusammen auf Jack hättest aufpassen sollen. Und das ist noch längst nicht alles.«
    »Fick dich«, erwiderte Olly.
    »Herrgott noch mal«, sagte Bella und stapfte davon, um zu ihrem Vater zu gehen, der schon wieder nach ihnen rief.

14
    D ie Fische waren in ihrem glitzernden Aquarium hin und her geschwommen. Was zwischen den beiden Erwachsenen hinter der Scheibe vorging, hatte sie nicht gekümmert. Der Kleine hatte währenddessen munter drauflosgeplappert und seiner Mutter den Vornamen jedes einzelnen Aquariumbewohners aufgezählt.
    »Ich habe Betty versprochen, dass ich verschwunden bin, bevor das Essen serviert wird«, hatte Stephen gesagt und sich losgemacht, um etwas auf eine kleine gelbe Karte zu kritzeln, die er aus seiner Brusttasche gezogen hatte. »Hier ist meine E-Mail-Adresse. Schick mir deine.« Er hatte Lara die Karte gereicht und sich dann zu ihr gebeugt.
    Es war nur ein flüchtiger Kuss gewesen, aber auf die Lippen.
    Und als Lara nun in der Küche stand und Kräuter hackte, nachdem Betty sie dazu verdonnert hatte, ihr bei den allerletzten Vorbereitungen fürs Essen zur Hand zu gehen, spürte sie ihn immer noch. Sie hatte Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was Betty ihr gerade erzählte.
    »Als wir es gekauft haben, war es im gleichen Zustand wie die Scheune.« Lara vermutete, dass sie vom Farmhaus sprach. »Aber in einem lange zurückliegenden Leben war ich mal Schreiner, ich kann also gut mit Holz umgehen.« Während sie dies sagte, prügelte Betty mit einem hölzernen Kochlöffel auf einen

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