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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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große, frei stehende Holzhäuser mit Rasen im Vorgarten. Jenseits der Grundstücke an der Back und Main Street ragten fast senkrecht mit Bäumen bestandene Hügel empor. So weit die typische Kleinstadt-Filmkulisse. Nur dass fast alle Häuser leer und seltsam vernachlässigt wirkten. Der Rasen war nicht sauber gemäht, und die Farbe auf den Holzschindeln sah alles andere als frisch aus. Alte Eiszapfen-Lichterketten hingen von den Veranden, Spielsachen lagen in den Vorgärten, und auf jedem zweiten Rasen hing eine ausgeblichene Flagge von einem verwitterten Fahnenmast.
    Wo waren die Menschen?
    Am Ende der Back Street bogen sie in die First Street ein. Sie kamen am Theater vorbei und fanden sich kurz darauf erneut in der Main Street wieder. Sie passierten ein paar Kirchen, eine geschlossene »kostenlose« Leihbücherei, eine verwaiste Feuerwache, ein verrammeltes Diner sowie eine Reihe verlassen daliegender Antiquitätenläden. Lara schöpfte Hoffnung, als sie zu einem Holzhaus kamen, dessen hell erleuchtetes Neonschild es als »Deli« auswies, doch als sie die Tür öffnen wollte, fand sie diese fest verschlossen. Sie waren schon fast wieder bei ihrem Haus angelangt und hatten noch nicht einen einzigen geöffneten Laden gesehen.
    »Was essen wir denn bloß zum Frühstück, Jacky?«, fragte Lara. Jack zuckte mit den Schultern. Dann, gerade als sie schon aufgeben wollte, erspähte sie die Tankstelle schräg gegenüber von ihrem Haus.
    Am hinteren Ende des Vorplatzes, auf dem kein Mensch zu sehen war, stand eine Art Schuppen. Als Lara und Jack den nach Benzin riechenden Asphalt überquerten, wurde ihr klar, dass das, was sie zunächst für eine vom Jetlag ausgelöste Halluzination gehalten hatte, real war: Aus den Lautsprechern, die neben jeder Zapfsäule angebracht waren, tönte Musik.
    »Was fällt denen als Nächstes ein?«, wandte sie sich an Jack, als sie die Tür zum Schuppen aufstieß. Kaum hatte sie den nach Vanille duftenden Kaffee gerochen und einen Blick auf das Warensortiment im Laden geworfen, wusste sie, dass sie am Ziel waren.
    »Wie geht’s, wie steht’s ?«, kam eine näselnde Stimme von irgendwo hinter dem Kassentresen. Lara reckte den Hals und erspähte schließlich, inmitten des bunten Durcheinanders aus Donuts, Zigaretten, Kaffeemaschinen und Verkaufsaufstellern fast unsichtbar, eine übergewichtige Frau mittleren Alters mit mehreren Ringen in jedem Ohr und blonden Haaren, bei denen oben der schwarze Ansatz durchkam. In eine rote Uniform gequetscht, kaute sie mit offenem Mund Kaugummi und schaute in einen winzigen Handspiegel, während sie versuchte, sich verschmierte Wimperntusche unter dem Auge wegzuwischen.
    »Äh, hallo«, grüßte Lara. »Haben Sie auch Milch und Cornflakes und so?«
    »Hey, goldiger Akzent«, erwiderte die Frau. »Wo kommen Sie her?«
    »England.«
    »Nee, oder?«
    »Wir sind wegen des Theaters hier.«
    »Wegen was?«
    »Wegen des Theaters. Die Trout Island Theatre Company.«
    »Ach so. Okay.« Entweder sie verstand Lara nicht, oder aber sie wusste nicht, wovon die Rede war. »Milch ist hinten. Und Sachen fürs Frühstück finden Sie da drüben.« Mit einem dicken Finger zeigte sie auf den mittleren Gang.
    Lara kaufte auch noch Putzmittel ein, um dem schimmligen Kühlschrank zu Leibe zu rücken, ein Tetrapak Orangensaft und eine Packung Kekse, die sie an Ort und Stelle aufriss, um Jack einen zu geben. Da sie keinen Tee finden konnte, nahm sie mit einem Becher brühheißem Kaffee vorlieb, der sich trotz Plastikdeckel nur unter Schwierigkeiten zum Haus zurücktransportieren ließ, weil sie gleichzeitig den Buggy schieben musste.
    »Schon jemand auf?«, rief sie, sobald sie im Haus waren, erhielt aber keine Antwort. Lara beneidete Marcus und die Zwillinge um ihren Schlaf. Sie funktionierte noch immer ganz nach britischer Zeit; ihr Körper signalisierte ihr, dass es bereits nach Mittag sei, obwohl die Uhr im Laden noch nicht einmal neun Uhr angezeigt hatte.
    Plötzlich zerriss das Schrillen des Telefons, das auf einem Arthur-Miller-Beistelltisch stand, die Stille. Lara lief hin, um abzunehmen, bevor alle vom Klingeln aufwachten.
    »Hallo, Schatz.« Es war James, der sich nicht dafür entschuldigte, dass er zu so früher Stunde anrief. »Ich wollte mich nur nach meinem Star, seiner Gemahlin und ihren süßen kleinen Küken erkundigen. Geht es euch gut? Ist das Haus nicht ein Traum? Habt ihr alles, was ihr braucht?«
    »Mehr oder weniger«, sagte Lara und wünschte, sie hätte den

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