Havanna für zwei
Verzweiflung zu kaschieren, die in ihr brodelte. Sie atmete mehrmals tief durch und wandte sich zur Tür.
Als sie hinausgehen wollte, betrat Judy Harley die Damentoilette.
»Hallo, Louise. Wie geht es deinem Vater? Kevin hat mir erzählt, was passiert ist.«
»Es geht ihm wieder besser, danke.«
Judy sah aus wie ein Star und trug eine feuerrote Designerbluse. »Das ist schön. Ich war so besorgt, als du unsere letzte kleine Soiree abgesagt hast. Deine armen Eltern! Es klang alles so furchtbar!«
Sie begaben sich in die Bar, wo Donal und Kevin schon mit ihren Guinness-Gläsern standen. Louise fragte sich, wie es so weit hatte kommen können, dass ihr einst so liebevoller Ehemann sich mehr um ihre Schwester sorgte als um sie.
Sophie rappelte sich auf, um ans Telefon zu gehen. Bisher waren ihr Montage nie verhasst gewesen. Am Abend zuvor war Greg mit einem Küsschen auf ihre Wange und mit einem Augenzwinkern zum Flughafen verschwunden, ohne ein Sterbenswörtchen davon zu sagen, dass er sich bei ihr melden würde, ganz zu schweigen davon, dass er sie wiedersehen wollte. Egal, wer der Anrufer war, er sollte lieber gute Nachrichten haben, sonst würde sie gleich wieder auflegen.
»Sophie, ich bin’s!«
»Was willst du, Louise?«
»Ich freue mich auch, von dir zu hören!«
»Ich hatte ein schreckliches Wochenende, und Brenda von der Irish Times hat mir eine SMS geschickt, dass sie mich nicht mehr braucht.«
»Ich dachte, du hättest Besuch von deinem fantastischen Kanadier?«
»Er ist früher abgereist. Und er ist weder fantastisch noch mein Kanadier!«
»Na schön. Wir müssen über Mums Geburtstag sprechen. Sie wird dieses Jahr siebzig. Wir geben im Yachtclub eine Party für sie.«
»Wann wollt ihr das machen?«
»Am zwanzigsten Juni – am eigentlichen Geburtstag.«
»Kommt Emma auch?«
»Natürlich! Und glaub nicht, dass sie glücklicher darüber ist, den Abend mit dir verbringen zu müssen!«
Sophie zuckte zusammen. »Ich komme nicht.«
»O doch! Und noch mehr als das, du wirst mir bei der Organisation helfen! Jetzt kannst du dich nicht mal mehr mit deiner Arbeit rausreden.«
»Warum veranstalten wir diese Farce?«
»Daddy wünscht sich das für sie. Es ist das Mindeste, was wir für ihn tun können.«
»Ich rede es ihm wieder aus.«
»Du tust nichts dergleichen. Ich habe eine Gästeliste erstellt, und du machst die Kalligraphie auf den Einladungen. Das kannst du schließlich gut.«
Sophie schmollte.
»Du kommst heute Nachmittag bei mir vorbei und hilfst mir dabei«, fuhr Louise unbeirrt fort.
Sophie wusste, dass Widerspruch zwecklos war. »Um wie viel Uhr?«
»Nach halb drei. Ich muss erst noch die Kinder von der Schule abholen.«
»Okay!« Sophie knallte den Hörer auf.
Frustriert vergrub sie ihr Gesicht im Kissen. Sie hasste ihre Schwestern und hatte auch für ihre Mutter nicht viel übrig. Sie hasste ihren Chef, weil er einfach abgehauen war und sie jetzt ohne Arbeit dastand. Und sie hasste Greg. Im Moment hasste sie die ganze Welt. Sie beschloss, auf dem Weg zu Louise bei ihrem Hausarzt vorbeizufahren. Sie brauchte Hilfe, um die nächsten Tage zu überstehen, und erst recht die Zeit bis zur Geburtstagsparty ihrer Mutter.
Als sie die Praxis betrat, war Doctor Lowe gerade zu einem Hausbesuch unterwegs und wurde von einem Kollegen vertreten, der neu in der Gegend war. Sophie wusste, was sie wollte: etwas zur Entspannung. Etwas, das ihr helfen würde, mit allem zurechtzukommen. Sie nahm gegenüber dem attraktiven Inder Platz, der sofort auf Sophies hübsches Gesicht hereinfiel.
Sie nahm kein Blatt vor den Mund und erzählte ihm, wie schrecklich ihr Chef sie enttäuscht hatte, dass sie in ihrem neuen Job nicht mehr als eine Lückenbüßerin war und dass sie etwas brauchte, um ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Der Arzt war nicht bereit, ihr Xanax zu verschreiben, aber Sophie war wild entschlossen. Sie hatte es schon einmal genommen und gute Erfahrungen damit gemacht. Und ehe er sich’s versah, hatte er ihr das gewünschte Rezept ausgestellt. Dr. Lowe war ja schon leicht rumzukriegen, aber dieser Typ hier war ein noch leichteres Opfer. Wenigstens hatte sie ihre Wirkung auf Männer nicht ganz eingebüßt.
Die Taste ihres Laptops klapperte, als Emma voller Stolz den Punkt tippte. Wenn sie in dem Tempo weiterarbeitete, wäre der Roman noch vor Felipes Ankunft fertig. Als ihr Telefon klingelte, wusste sie instinktiv, dass er es war.
»Hallo?«
»Hallo, Emma! Wie geht es dir?«
Es
Weitere Kostenlose Bücher