Havanna für zwei
sagen, dass du weggehst. Wenn du möchtest, können wir uns am Dienstagnachmittag in Howth treffen. Ich möchte mich von dir verabschieden.
Aoife
Jack schluckte. Er hatte einen Kloß im Hals. Er wollte sie unbedingt wiedersehen – selbst wenn es nur war, um sich von ihr zu verabschieden.
Er antwortete ihr sofort. Er würde die Stunden bis Dienstag zählen.
Louise rannte an der Aufnahme vorbei und bog nach links ab, wie Emma es ihr gesagt hatte. Der Gestank von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln tat ihrem Kater nicht gerade gut. Sie wünschte, Donal wäre bei ihr. Er bewältigte solche Krisen immer mit Bravour.
Ganz am Ende des Korridors stand Emma mit Felipe, der tröstend den Arm um sie gelegt hatte.
»Was ist los?«, fragte sie, als sie näher kam.
»Sie pumpen ihr den Magen aus.«
»Ach, Gott sei Dank, dass sie noch lebt!«
»Gerade noch so«, murmelte Emma.
»Ich hole dir einen Tee, Emma«, sagte Felipe. »Möchtest du auch einen, Louise?«
»Nein danke, Felipe.«
Louise ließ sich auf einen Stuhl vor dem OP sinken. »Nicht zu glauben, dass sie das getan hat.«
Emma setzte sich zu ihr und starrte ins Leere. Es war unfassbar für sie, dass sie schon wieder in der Notaufnahme gelandet war, diesmal mit ihrer Schwester. Sie war vor Schmerz wie betäubt.
»Vielleicht wollte sie mit einer dramatischen Romeo-und-Julia-Attitüde Selbstmord begehen«, spekulierte sie.
»Glaubst du?«
»Immerhin haben wir ihr nicht geglaubt, als sie behauptet hat, Paul geliebt zu haben. Vielleicht hat sie das wirklich getan und wollte es uns beweisen.«
»Gott, und wenn wir sie nicht gefunden hätten?«
»Ich glaube nicht, dass sie ganz bei Verstand war, als sie das getan hat. Du etwa?«
Louise schüttelte den Kopf. »Was hat sie genommen?«
»Am Bett lagen zwei leere Pillenflaschen und eine Schachtel Paracetamol.«
Eine Ärztin kam durch die OP-Türen und nahm ihre Maske ab.
»Sind Sie Sophie Owens’ Schwestern?«
»Ja«, sagten sie im Chor.
»Es ist uns gelungen, ihr fast alles aus dem Magen zu pumpen – Xanax und ein starkes Beruhigungsmittel –, aber den echten Schaden hat das Paracetamol angerichtet. Sie hat Glück, dass Sie sie noch rechtzeitig gefunden haben, aber ihre Leber ist in einem ziemlich schlechten Zustand.«
»Was heißt das?« Emma fühlte sich schrecklich wegen ihrer sarkastischen Bemerkung von eben.
»Das heißt, dass sie zum Überleben vielleicht eine Lebertransplantation braucht. Es ist ein gefährliches Verfahren, und es ist äußerst schwierig, einen Spender zu finden.«
Louise schrie entsetzt auf und brach in Tränen aus.
Emma legte den Arm um ihre Schwester und konnte immer noch nicht fassen, welche Schicksalsschläge ihre Familie in letzter Zeit verkraften musste.
»Dürfen wir zu ihr?«, schluchzte Louise.
»Nur kurz. Es wird ihr guttun, vertraute Stimmen zu hören. Sie ist immer noch ohne Bewusstsein, aber wir hoffen, dass sie bald zu sich kommt.«
Kapitel 26
Larry lief unruhig in der Küche auf und ab. Als es klingelte, eilte er zur Tür.
Draußen stand Alice.
»Ich bin so schnell gekommen wie möglich. Eine Nachbarin passt auf die Kinder auf.«
»Sie ist da drin.« Er deutete zum Wohnzimmer.
»Alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut. Ich will ins Krankenhaus zu meinen Töchtern.«
»Darfst du denn schon fahren?«
Nach der Bypass-Operation hatte Larry zwar noch keine Entwarnung von seinem Chirurgen, doch das war ihm egal. Er musste zu Sophie. Er schnappte sich seine Autoschlüssel, gab Maggie einen Kuss und verschwand durch die Tür.
Bei Alice ’ Anblick brach Maggie in Tränen aus.
Alice setzte sich zu ihrer Schwester auf die Couch und legte tröstend den Arm um sie.
»Na, na – sie wird schon wieder.«
»Was in Gottes Namen hat sie sich dabei gedacht? Sie ist zu verwöhnt! Daran ist Larry schuld. Er hat sie immer zu sehr verhätschelt. Weil sie das Nesthäkchen ist.«
»Niemand ist schuld. Lass uns beten, dass sie wieder gesund wird.«
»Warum passieren uns so viele schreckliche Dinge? Zuerst Emmas Mann, dann der Überfall und jetzt auch noch das … Wir sind gute Menschen. Womit haben wir das verdient?«
Alice stand auf. Sie wusste keine Antwort darauf, fragte sich aber, ob sich da ein Muster erkennen ließ.
»Jetzt mach ich dir erst mal eine schöne Tasse Tee, und danach sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
Maggie antwortete nicht. Sie schluchzte in ihr Kleenex-Tuch. Noch gestern Abend war alles perfekt gewesen, und jetzt war alles zerstört,
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