Havanna für zwei
sagte Louise lächelnd.
Emma stand auf, um den Tee zuzubereiten. Für die beiden älteren Owens-Schwestern entwickelte sich alles zum Positiven.
»Du hast gesagt, Sophie sah heute gut aus?«
»Sie hat im Bett gesessen und …« Louise zögerte. »Sie hat viel über euch beide gesprochen, als ihr noch Kinder wart.«
Emma goss das Wasser in die Teekanne und tat den Deckel drauf. »Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht und verstehe jetzt, warum sie die Affäre mit Paul hatte.«
Louise nickte. »Das tun wir alle.«
»Sie wollte beachtet werden. Sie muss eben immer im Mittelpunkt stehen.«
»Sie ist einfach ein verwöhntes kleines Miststück!«
»Wir haben sie alle verhätschelt. Aber es ist nicht nur das. Sophie war nie so richtig glücklich. Stets unersättlich und auf der Suche nach dem nächsten Nervenkitzel. Diese Tortur bringt sie auf schreckliche Art und Weise auf den Boden der Tatsachen zurück.«
»Tja, ich finde, sie sieht inzwischen wirklich gut aus, aber nicht nur das. Sie ist guter Dinge und so ausgeglichen wie noch nie.«
Emma stellte die Teekanne und zwei Becher auf den Tisch. »Vielleicht musste sie diese Tortur durchmachen, um zu erkennen, wie ungeheuerlich sie sich verhalten hat.«
»Und was empfindest du jetzt für sie?«, fragte Louise, während sie den Tee einschenkte.
»Ich bin traurig, dass es so weit kommen musste. Dieses Leberversagen hat sie selbst verschuldet. Aber ich hoffe, dass die Krankheit ihre Rettung ist und ihr hilft, ein besseres Selbstgefühl zu entwickeln.«
»Genug philosophiert, Emma! Hast du vielleicht ein paar Kekse dazu?«
Emma lächelte. Sie verspürte eine große innere Gelassenheit. Felipe hatte ihr geholfen, ihre wahren Bedürfnisse zu erkennen und zu sich selbst zu finden.
»Sind Jaffa Cakes genehm?«
Louise nickte.
»Dann hole ich sie.«
Emma reichte Felipe ein großes braunes Paket mit Geschenken für Dehannys und Fernando.
»Danke für die wunderschöne Zeit, Emma.«
»Ich fasse es nicht, dass du schon abreist. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Ich weiß nicht, wie ich ohne dich klarkommen soll.«
Felipe nickte. »Ich werde dich auch vermissen, aber du bist stark, Emma. Und ich bin nicht weit weg. Du besuchst mich bald.«
»Versprochen. Ich freue mich jetzt schon.«
Die vergangenen drei Wochen hatten ihnen gezeigt, wie unterschiedlich ihre Lebensumstände waren – zwei Welten, die viel mehr voneinander trennte als nur der Atlantik.
»Vielleicht ist Reisen für mich schon bald unkomplizierter«, sagte Felipe.
»Wenn das Regime endet, wird ein großer Bedarf an Anwälten entstehen.«
Felipe nickte. Doch wie so viele andere glaubte er nicht, dass das bald geschehen würde.
»An dem Tag werde ich glücklich sein«, murmelte er.
»Danke für deine Hilfe.«
»Sophie ist deine Schwester. Sie braucht jetzt deine Unterstützung.«
»Ich weiß. Es wird nicht einfach für sie.«
Felipe umarmte Emma und drückte sie fest.
»Ich liebe dich.«
Emma ging das Herz auf. Er hatte sich sein Geständnis bis zur letzten Minute aufgehoben, doch tief in ihrer Seele wusste sie es schon.
»Und ich liebe …«
Er legte den Finger auf ihre Lippen. »Ich weiß.«
Larry nahm den Anruf entgegen.
»Mr Owens?«
»Ja.«
»Ich habe eine gute Nachricht.«
Wenn Larry Owens eines brauchte, dann gute Nachrichten.
»Ihre Tochter Sophie – alles deutet darauf hin, dass ihre Leber sich erholt. Wir glauben, dass sie vielleicht doch keine Lebertransplantation braucht.«
Larry brach in Tränen aus. Die beiden letzten Wochen waren grauenvoll gewesen. Maggie und er hatten Sophie jeden Tag besucht und waren bis spät in die Nacht bei ihr geblieben.
»Geht es Ihnen gut, Mr Owens?«
»Ja, danke, Herr Doktor.«
»Es tut mir leid, dass ich Sie heute nicht mehr angetroffen habe, aber wir konnten die abschließende Prognose eben erst stellen. Wir dachten, Sie würden es gern so schnell wie möglich erfahren.«
Maggie kam im Morgenmantel zu ihm in den Flur gestürzt. Sie war ungeschminkt und ihre sonst so schicke Frisur plattgedrückt.
»Was ist los? Alles in Ordnung mit Sophie?«
Larry legte auf und umarmte seine Frau.
»Sie ist über den Berg. Sie braucht keine Transplantation.«
Nun brach auch Maggie in Tränen aus. Schluchzend vergrub sie das Gesicht in den Händen.
»Dem Herrgott sei Dank!«
»Jetzt wird alles gut. Ich spüre es«, versicherte Larry ihr, und sie glaubte ihm.
Emma graute davor, ins Krankenhaus zu fahren, aber nicht so sehr wie neulich.
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