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Havelgeister (German Edition)

Havelgeister (German Edition)

Titel: Havelgeister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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Quittensamen, die auf eine nebulöse Spukgeschichte hinweisen, und drittens haben wir die beiden Jungs, denen vor geraumer Zeit jeweils ein Spenderherz eingesetzt wurde, von dem eines nun schon wieder verschwunden ist. Ich neige dazu, unsere Ermittlungen in diese Richtung zu intensivieren.« Er nahm den Kopf hoch und sah herausfordernd zu seinen Mitstreitern. »Gegenstimmen?«
    »Manzetti«, es war Bremer, der einen Einwand hatte, »ich würde keiner der drei Spuren den Vorzug geben. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass wir hier nur zu dritt sind, weil dieser komische Journalist sich im Kosovo herumdrückt, müssen wir uns auf eine konzentrieren. Lass uns also von mir aus mit den Organen anfangen, aber bitte lass uns auch hin und wieder prüfen, ob nicht alle drei Fäden an irgendeiner Stelle zusammenlaufen.«
    »Genau«, sagte Sebastian. »Ich habe mich mal in den Computer des FBI gehackt, und die machen das genauso. Da gibt es zum Beispiel Systeme, die über aufwendige Programme ständig nach Berührungspunkten suchen, und sei es, dass die gleichen Zigarettenstummel auftauchen. Ich könnte das, was wir brauchen, sogar für uns herunterladen.«
    »Dann mach das«, entschied Manzetti. »Und du Bremer, kannst derweil herausfinden, wo die beiden Jungs ihr Spenderherz bekommen haben. Ich wette auf ein und dieselbe Klinik. Ich fahre jetzt zu Kevins Mutter und anschließend zu seiner Oma, denn ich glaube, die beiden haben mir einiges zu erzählen.«

    ***

    Wenig später war Manzetti wieder auf dem Weg nach Hohenstücken. Auf die Tatsache, dass er vielleicht verfolgt werden würde, konnte er keine Rücksicht nehmen. Aber warum den beiden von der Brücke nicht ein bisschen Arbeit verschaffen? Wer rastet, der rostet.
    In der Stiefelgasse angekommen, probierte er gar nicht erst auf eine der Klingeln zu drücken, sondern trat gleich gegen die Tür, die sofort klein beigab und nach innen pendelte. Im vierten Stock versetzte er dem Türblatt der Familie Schuster zwei heftige Schläge und zückte schon mal den Dienstausweis.
    Der Glatzkopf riss wie vor zwei Tagen die Tür auf, grinste aber nicht gar so breit. Unter Umständen hatte ihn Manzettis Anklopfen übel gestimmt. »Die Rosi is nich da«, raunzte er in den Flur. »Sie will nich mehr arbeiten, un ick denk, da dran bist du Vogel schuld.«
    Manzetti war nicht in der Stimmung, darauf einzugehen. Er hielt dem Glatzkopf seinen Dienstausweis direkt vor die Nase.
    »Wusst ick doch, dass du nich sauber bist. Sie is trotzdem nich da. Is bein Frisör, die Schlampe. Möcht ma wissen, wo die die Kohle herhat.«
    »Bei welchem Frisör?«
    Jetzt erst begann der Glatzkopf breit zu grinsen. Wahrscheinlich hatte ihm ein Saufkumpan verraten, dass er auch Rechte habe, und die gedachte er wohl jetzt einzufordern. Manzetti dachte an den vermissten Kevin und dann krachten die Knöchel seiner rechten Faust auf den Solarplexus des glatzköpfigen Mannes.
    »Bei welchem Frisör?«
    Der Glatzkopf ging in die Knie und schnappte wie ein trockengelegter Karpfen nach Luft. Selbst einen vollen Aschenbecher hätte er mit eingeatmet, wenn man den vor seine Lippen gehalten hätte. Als er wieder einen Fuß aufstellen konnte, stieß Manzetti ihn in den Flur der Wohnung und kniete sich auf seine Brust.
    »Bei welchem Frisör?«
    Allein in der Wohnung und diesen rasenden Bullen über sich, kam der Glatzkopf endlich zur Einsicht.
    »Bermudadreieck«, hustete er, und Manzetti überließ ihn seinem Schicksal.
    Zwanzig Minuten später hielt er vor der Haarzauberei am Bermudadreieck und parkte sein Auto auf dem Gehweg, was ihm in diesem Moment ziemlich egal war. Er war in Eile, und nur das zählte. Er schaute sich nicht einmal um, ob ihm jemand gefolgt war.
    Im Frisörsalon herrschte Partystimmung. Nicht, weil es hier etwas zu feiern gab, sondern weil gute Laune einfach zum Geschäftsmodell gehörte. Hier war der Kunde nicht einfach König. Hier galt es, ihm ein unvergessliches Erlebnis zu verschaffen, den akkuraten Haarschnitt eingeschlossen. Die jungen Frauen arbeiteten hochkonzentriert, schnatterten dabei aber unentwegt und passten im Augenwinkel wie ein Luchs auf, dass kein Wunsch der Kundschaft unerfüllt blieb. Wenn doch die Lufthansa auch so an ihr Tageswerk gehen würde, ging es Manzetti durch den Kopf, und er musste unweigerlich an seinen letzten Flug von Berlin nach Pisa denken.
    Eine nicht mehr in den Zwanzigern befindliche Frau, die nicht weniger gut gelaunt war als die ganz jungen Dinger, kam mit

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