Haveljagd (German Edition)
eine Salbe. Sie sehen ja zum Fürchten aus«, sagte Lotte und verschwand auf den Flur.
Mücken. Er war wohl eingeschlafen, als Werner sich auf den Weg gemacht hatte, bei vollem Licht und offenem Fenster. Geradezu eine Einladung für die kleinen Plagegeister.
»Miau.« Manzettis Blick fiel auf das Bett zurück. Ein kleiner schwarzer Kopf kämpfte sich aus der verschlungenen Decke und zog den schlanken Körper nach.
Als er sich wieder auf den Bettrand setzte und mit seinem dicken Zeigefinger zwischen den Katzenohren hin und her rieb, rief er sich die gestrige Nacht in sein Gedächtnis zurück. Er sah auf die Uhr. Wo blieb Werner?
Er nahm sein Handy und wählte die Nummer des Journalisten. Bereits vor dem ersten Klingelzeichen sprang die Mailbox an. Mit gerunzelter Stirn stierte er auf das Telefon. Merkwürdig. Das Handy war die einzige Errungenschaft der Neuzeit, die Werner große Freude bereitete. Er war sogar süchtig danach, und würde es nie ausschalten, höchstens auf lautlos oder Vibration stellen.
Manzetti steckte das Telefon wieder weg und nahm sich die Katze unter den Arm. »Lotte«, sagte er, als er in die Küche trat. »Haben Sie vielleicht ein bisschen Milch? Außerdem sollten wir ein Katzenklo besorgen.«
»Was ist denn das? Die ist ja süß«, staunte Lotte und nahm Manzetti sofort das Kätzchen ab.
Werner, erzählte er betont langsam, habe die Katze gestern gekauft, für den kleinen Tim, und er, Manzetti, wäre sehr froh, wenn Lotte bis zu Michaelis’ Rückkehr mal eben eine temporäre Patenschaft übernehmen könnte.
Lotte willigte sofort ein, und versicherte dreimal, dass dies überhaupt kein Problem sei. Außerdem stünde oben auf dem Boden noch alles, was das Tierchen benötige. Einschließlich eines Katzenklos und eines Kratzbaums.
Manzetti nahm sich nur eine Tasse Kaffee und zog sich dann wieder in das Zimmer von Werner zurück. Dort verabredete er sich telefonisch zuerst mit Sonja und dann mit Bremer, bevor er sich auf den Weg nach Hause machte, wo er dringend unter die Dusche musste.
***
Noch im Bademantel öffnete er Sonja Brinkmann die Tür. Sie sah gereizt aus. Ihre Haare hatte sie nach hinten gestrichen und dort mit einem Gummiband zusammengebunden. Ordentlich war anders. Auch fehlte heute jede Schminke in ihrem Gesicht, und das war auffällig, denn sie hatte ansonsten ein Gespür dafür, Farbe dezent, aber wirksam aufzutragen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, denn es gefiel ihm nicht, was er da sah.
»Hast du einen Kaffee?«
»Bedien dich«, sagte er und zeigte auf den Kaffeeautomaten, den man bereits von der Eingangstür sehen konnte.
»Was ist denn mit dir los?«, wollte er dann wissen.
»Ach nichts. Es ist nur …« Sonja blieb stehen und drehte sich zu Manzetti um. »Wenn du deine Überstunden abfeierst, geht alles drunter und drüber.«
Das war keine neue Nachricht. Wolfgang Kaiser hatte ihm das auch schon gebeichtet, gleich am ersten Tag, als er seine Stunden reduziert hatte, und ihn gefragt, ob das sein Ernst sei. Niemand könne direkt unter der Fuchtel von Claasen arbeiten. Man würde regelrecht verrückt werden. Aber so war es nun mal. Im Supermarkt schmeckten auch nicht alle Weine.
»Das renkt sich wieder ein«, tröstete Manzetti. »Wenn er erst das eine oder andere Lob von höchster Stelle bekommen hat, wird er ruhiger werden.«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Sonja und ihre Miene verriet, dass sie wusste, wovon sie sprach. »Claasens Motto ist der vorauseilende Gehorsam. Er lebt in dem Wahn, die morgendlichen Gedanken des Ministers bereits auszuführen, bevor der überhaupt aufgestanden ist.« Man sah ihr an, dass sie sich vor der ganzen Anbiederei ekelte.
»Außerdem arbeite ich für den neuen Fall doch wieder mit vollem Einsatz. Und nun nimm dir einen Kaffee«, empfahl er.
Sonja drückte auf den silbrigen Knopf des Automaten. »Worüber willst du denn mit mir reden?«
»Inka Schneider.«
Sie sah ihn an, zuckte aber mit keiner Wimper.
»Was ist?«, wollte er wissen, denn ihr Blick war ihm eine Nuance zu keck.
Sonja hielt die Kaffeetasse vor der Brust und sah ihn an. »Wie gut kennst du Werner Michaelis privat?«
»Warum?« Er musste jetzt jede Faser seines Körpers entspannen, denn irgendwie hatte er plötzlich das Gefühl, als bräuchte er gleich all seine Konzentration, um sich und seinen Freund Werner zu verteidigen.
»Andrea, nicht eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten.«
»Gut«, sagte er.
»Geht das vielleicht auch etwas
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