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Haveljagd (German Edition)

Haveljagd (German Edition)

Titel: Haveljagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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einzige Spur.«
    »Aber doch nicht wegen dreier Anrufversuche?«
    »Doch«, sagte Sonja. »Wegen dreier Anrufversuche und des vermissten Computers. Ich sehe das zwar anders, aber auf mich hört ja niemand.« Sonja sah auf die Uhr. »Sie durchsuchen gerade seine Wohnung.«
    »Was«, schrie Manzetti. »Wo ist dein Auto?«
    »Auf dem Hof der Direktion. Warum?«
    »Hol es und warte dann unten auf mich. Ich ziehe mir nur rasch etwas an.«

    ***

    Sonja parkte ihr Auto in der Havelstraße. Die Grabenstraße bot wie zumeist keinen freien Parkplatz. Als beide um die Ecke bogen, stockte Manzetti und zog Sonja mit kräftiger Hand in den nächsten Hausflur. Durch den Türspalt konnten sie beobachten, wie ein merkwürdiges Gespann zu einem der zivilen Dienstwagen stapfte. Voran mit dem steifen Blick einer Schaufensterpuppe Oberstaatsanwalt von Woltersbrück, hoch aufgeschossen auf klackernden Ledersohlen, und ihm folgend Polizeidirektor Claasen, in demütiger Pose einen Aktenkoffer schleppend.
    »Wir warten, bis sie weg sind«, raunte Manzetti und achtete darauf, dass der Türspalt nicht zu breit wurde.
    Als der Dienst-BMW weggefahren war, verließen sie ihr Versteck und gingen ins Nachbarhaus, in dem die Pension lag.
    »Sie sind ja ein netter Freund«, klagte Lotte, als sie Manzetti und Sonja die Tür öffnete.
    »Psst«, machte Manzetti und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Dann schob er Lotte in die Küche und schloss hinter sich ganz leise die Tür. Ihre großen braunen Augen schauten ihn fragend an.
    »Sind noch welche da?«, wollte er wissen.
    »Ja. Zwei«, flüsterte Lotte und zog sogar den Kopf ein.
    »Wo sind sie?«
    »Im Zimmer von Herrn Michaelis. Sie durchkramen jeden Schrank. Sogar das Bett haben sie auseinandergenommen.«
    »Oh, oh«, kam es von Sonja.
    Manzetti sah weiter auf Lotte. »Haben sie schon etwas gefunden?«
    Lotte zog die Schultern nach oben. »Keine Ahnung. Aber ist das nicht Ihre Polizei?« Offensichtlich verstand sie die Welt nicht mehr. Warum versteckt sich der Chef der Brandenburger Kripo vor den eigenen Leuten?
    »Doch, doch, ich meine, nein.« Er strich Lotte beruhigend mit einer Hand über ihren Oberarm. »Das ist sehr kompliziert. Ich erkläre es Ihnen später. Jetzt müssen wir erst einmal Werner helfen. Hat er sich schon gemeldet?«
    »Bei mir nicht«, antwortete Lotte.
    »Gut«, sagte er darauf. »Wenn er das tut, rufen Sie mich bitte sofort an.« Er zog eine Visitenkarte aus dem Sakko und drückte sie Lotte in die Hand. Dann drehte er sich zu Sonja. »Sonja, geh mal rein und frag die beiden, ob sie schon was gefunden haben.«
    »Aber …«
    »Nun mach schon.«
    »Aber wenn sie wissen wollen, was mich das angeht? Schließlich waren von Woltersbrück und Claasen bis eben noch hier.«
    »Dann sag ihnen, dass jemand aus dem Präsidium dich schickt, weil er Claasen nicht erreichen kann. Lass dir etwas einfallen.«
    Sonja zog zwar eine vielsagende Miene, verließ dann aber doch die Küche. Nach zwei Minuten war sie zurück.
    »Und?«, fragte Lotte.
    »Nichts. Sie haben nichts gefunden. Jedenfalls nicht das, wonach sie gesucht haben.«
    »Und was haben sie gefunden?«, wollte Manzetti wissen.
    »Nur ein Zufallsfund. § 108.« Sie drehte Lotte den Rücken zu und forderte Manzetti mit ziemlich eindeutigen Augenbewegungen auf, ihr zu folgen. Dann schüttelte sie Lotte die Hand und schloss hinter sich die Tür.
    Er holte sie erst im Treppenhaus ein. »Was meinst du mit § 108?«
    »Komm weg hier«, forderte Sonja. Sie wollte schnell auf die Straße, denn ihre Kollegen waren mit der Durchsuchung fast fertig und konnten jeden Moment auch im Treppenhaus erscheinen.
    Hinter dem Theaterkomplex blieb sie in ein Gebüsch gezwängt stehen und zündete sich eine Zigarette an. Mit ziemlich zittrigen Fingern behielt sie dabei den Eingang der Pension im Auge.
    »Was ist denn nun?«, forderte Manzetti.
    »108 Strafprozessordnung, Andrea.«
    »Ja, und? Sie haben einen Zufallsfund gemacht. Ich kenne die Gesetze.«
    »Ja. Sie haben was gefunden, das nichts mit dem Mord zu tun hat, aber möglicherweise mit einer anderen Straftat.«
    »Und welcher?«
    Sonja zog nervös an der Zigarette und presste den Rauch durch die Nase. »Sie haben ein Fotoalbum mit Hunderten Bildern entdeckt.«
    »Ja, und?«, fragte Manzetti. »Was war da drauf?«
    Sonja tapste von einem Bein auf das andere, als müsse sie mal. »Andrea, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
    »Ja, was denn?«
    »Kinderpornos.«
    Manzetti war fassungslos.

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