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Haveljagd (German Edition)

Haveljagd (German Edition)

Titel: Haveljagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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Namen und heißt Tim, wie Sie ja nun wissen. Und Tim kam mit seiner Behinderung zur Welt.«
    »Nein«, sagte Manzetti ziemlich laut. »Sie wollen mir jetzt nicht erklären, dass …«
    »Doch. Genau das will ich. Die Agentur hatte einen Vertrag aufgesetzt, in dem jedes Detail geregelt war. Auch die Reklamation. Übrigens ist das kein Einzelfall, sondern gängige Praxis … Und in diesem Vertrag stand, dass die leiblichen Eltern umgerechnet 46.000 Euro zahlen, wovon 6.000 die Leihmutter erhält. Kommt das Kind allerdings krank zur Welt, zahlt die Leihmutter die Behandlungskosten aus eigener Tasche, und kommt das Kind, wie Tim, behindert zur Welt, muss die Leihmutter es behalten und sieht keinen Cent.«
    Manzetti war sprachlos. Er hatte sich viel vorstellen können, aber dafür reichte seine Fantasie nicht aus. Er erinnerte sich an eine heftige Debatte mit Kerstin, nachdem sie beide im Fernsehen eine Diskussion um genau diese Thematik verfolgt hatten. Auf der einen Seite saßen Lobbyisten, die vom Glück junger Eltern sprachen, die kinderlos geblieben waren, und nun durch den Segen der Wissenschaft doch Kinder hatten, und auf der anderen saßen Menschen, die über Moral und Ethik so abstrakt daherredeten, dass sie keiner verstehen konnte. Deshalb war deren Botschaft bei den Zuschauern wohl auch nicht angekommen. Von derart kriminellen Machenschaften war natürlich keine Rede gewesen.
    »Und wie ging es dann weiter?«, fragte er, mittlerweile rot angelaufen.
    »Oxana hatte nicht nur eine Schwester, sondern auch einen Bruder, und der brach später in die Räumlichkeiten dieser Agentur ein. Dort fand er das, was er suchte, nämlich die Unterlagen über die Schwangerschaft seiner Schwester und den Namen der leiblichen Eltern.«
    »Jetzt bin ich aber gespannt.«
    Nina nahm noch einen Schluck Apfelsaft und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. Dann sah sie Manzetti an und lächelte sogar ein bisschen. »Sie hat die Namen nicht genannt.«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
    »Doch. Als sie zu meinem Vater Kontakt aufgenommen hat, stand sie bereits mächtig unter Druck. Sie war nach Deutschland gekommen und hatte sich an die leiblichen Eltern gewandt, um ihnen ihr Kind persönlich zu bringen.«
    »Und?«
    »Können Sie sich das nicht vorstellen?«
    Doch, das konnte er. »Sie wollten es immer noch nicht.«
    »Mehr noch, sie haben ihr sogar gedroht, und da suchte sie Schutz bei meinem Vater, von dem sie durch ihre Schwester wusste, dass er ein gutes Herz hatte. Mein Vater nahm also Tim in Obhut und stand Oxana mit Rat und Tat zur Seite.«
    »Hat er wenigstens den Namen der Eltern erfahren?«
    »Anfangs nicht. Er wollte Oxana auch nicht noch mehr unter Druck setzen, fragte also nicht danach. Und eines Tages war sie plötzlich verschwunden.«
    Manzetti schrieb eifrig Zeile um Zeile in sein Notizbuch. »Was heißt das? Ist sie wieder nach Russland gegangen?«
    »Nein. Jedenfalls ist sie dort nie angekommen. Wir nehmen an, dass man sie …« Nina stockte. Irgendetwas lag ihr schwer auf der Zunge.
    »Sie ist tot?«, fragte Manzetti und hob den Kopf.
    Nina zuckte mit den Schultern. »Erst wollte ich das nicht glauben. Ich ging vielmehr davon aus, dass sie sich abgesetzt hat, nachdem sie sicher war, dass meine Eltern sich um Tim kümmern würden.«
    »Aber jetzt, da auch Ihre Eltern ermordet wurden, haben Sie Ihre Meinung geändert.«
    »Ja, das habe ich. Ich glaube, diese Leute sind zu allem fähig, wenn jemand ihr Geschäft bedroht.«
    »Wissen Sie, wer dahintersteckt?«
    »Nein. Mein Vater hat Tim zu mir gebracht und für viel Geld falsche Dokumente besorgt. Aber diese Sache ließ ihn nie zur Ruhe kommen. Er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, bis ihm eine junge Journalistin half.«
    »Inka Schneider«, kam es von Manzetti wie aus der Pistole geschossen.
    »Das vierte Opfer, wenn wir Oxana mitzählen.«
    »Wusste die Schneider, wer sich hinter der Agentur verbirgt?«
    »Ich glaube nicht. Aber sie hatte den Namen der Eltern von Tim. Fragen Sie mich aber nicht, wie sie das gemacht hat.«
    Manzetti erinnerte sich an Werners Worte. »Sie hat mal in Russland wegen einer Story recherchiert, vielleicht ist sie dabei auf diese Information gestoßen. Und wie heißen die Eltern nun?«
    Nina sah Manzetti hochkonzentriert an und holte tief Luft. »Siegward und Susanne von Woltersbrück.«
    Das zog Manzetti sprichwörtlich die Schuhe aus. Oberstaatsanwalt von Woltersbrück. Jetzt wurde ihm vieles klar.
    »Nina«, sagte er. »Kann es sein,

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