Haveljagd (German Edition)
hatte.
»Guten Tag«, sagte Frau von Woltersbrück, als sie die Tür öffnete.
Nach der Begrüßung zog Bremer gekonnt Manzettis Kriminalmarke aus der Hosentasche und ließ sie dorthin auch gleich wieder verschwinden. »Mein Name ist Lambert und ich komme vom Landeskriminalamt. Dürfte ich bitte reinkommen?«, fragte er mit eingefrorener Miene.
Susanne von Woltersbrück sah über Bremers Schulter hinweg und betrachtete den dunklen BMW und den ebenfalls mit einem dunklen Anzug und Sonnenbrille ausgestatteten Kollegen von Lambert. »Und was wünschen Sie?«
Lambert, alias Dr. Bremer, schaute verstohlen zu allen Seiten und antwortete dann fast unverständlich leise: »Es geht um Ihren Mann.«
»Um meinen Mann?«, wiederholte sie, worauf sich ihre dunklen Augen grüblerisch verengten.
Gut gemacht, lobte sich Bremer. Er hatte sich vorgenommen, Susanne von Woltersbrück erst ein wenig zu erschrecken, um ihr dann die Angst sofort wieder zu nehmen. Das würde nicht nur der Dame des Hauses eine große Erleichterung sein, sondern ihm in der Folge hoffentlich ihr Vertrauen einbringen.
»Keine Angst, Frau von Woltersbrück«, sagte er schon etwas lauter, damit die nächsten Worte auf gar keinen Fall ihre Wirkung verfehlten. »Wir gehören zum Personenschutzkommando und wollen ein paar Informationen sammeln, um nach der Wahl ohne Verzögerung den Schutz Ihres Mannes zu übernehmen.«
Frau von Woltersbrück trat sofort zur Seite und bot dem vermeintlichen Sicherheitsbeamten an einzutreten. Ihre Augen und die Mundwinkel verrieten, dass Bremers Strategie aufging.
»Was kann ich Ihnen denn zeigen?«, fragte sie und signalisierte damit ihre volle Unterstützung. Ein Mann, der so wichtig war, dass er sogar Personenschutz bekam, das war doch was. Damit ließe sich vortrefflich bei jeder Party alle Aufmerksamkeit gewinnen.
Bremer konnte die dazugehörenden Sätze schon hören: Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was für ein Leben das ist. Keine Minute haben wir mehr für uns. Immer sind Siegwards Bodygards um uns herum. Aber das ist nun mal das Los der Eliten eines Landes.
Bremer ersetzte schnell Eliten durch eine eigene Wortschöpfung und griff sich, als er, ohne die Lippen zu bewegen, Wichtigpopichtig vor sich hin sprach, an seinen Knopf im Ohr, als käme da gerade ein Funkspruch aus der Einsatzzentrale an.
»Ich würde gerne mit den Räumen beginnen, in denen wir Ihren Mann nur schwer oder gar nicht schützen können. Das Bad zum Beispiel«, wandte er sich an die Freifrau und zog seine Digitalkamera aus der Tasche.
»Das Bad?« Susanne von Woltersbrück war offensichtlich sehr überrascht.
»Ja, das Bad. Überall können wir sein, aber nicht im Bad.« Bremer lächelte. »Die Intimsphäre. Sie verstehen? Ihr Mann hat auch als Schutzperson ein Anrecht auf die eigene Intimsphäre. Da wollen wir nicht stören, wenn er duscht oder …«, Bremer wiegte den Kopf hin und her. »Sie wissen schon?«, fügte er hinzu, was so viel bedeuten sollte, wie der Umstand, dass auch der künftige Justizminister alleine dahin durfte, wohin selbst der Kaiser zu Fuß ging.
»Natürlich«, sagte sie. »Und was machen Sie dann mit unserem Bad?«
»Andere Fenster. Schusssichere Scheiben.«
Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie sofort eine neue Frage hatte, der Bremer umgehend zuvorkam. »Zahlt alles der Staat«, beruhigte er sie und folgte dann der zufriedenen Hausherrin in die erste Etage.
»Das ist unser Bad«, sagte sie und öffnete die Tür. »Gehen Sie ruhig hinein.«
Das tat Bremer und steuerte zielstrebig eines der Fenster an. »Sind alle gleich?«, fragte er.
»Oh, da müsste ich meinen Mann anrufen. Warten Sie.«
»Nein, nein. Das brauchen Sie nicht. Das sehe ich dann auch selbst.« Er öffnete das Fenster und klopfte mit dem Knöchel des Zeigefingers einmal von innen und zweimal von außen gegen die Scheibe. »Ah, ja. Siebener SG.«
Susanne von Woltersbrück trat neben Bremer und sah ihm über die Schulter. »Was bedeutet das?«
Er sah sie an und grinste über ihre Einfalt, was sie allerdings ganz anders deutete. »Sie brauchen mindestens Zweier-Sicherheitsglas, wenn nicht sogar Einser.« Er klopfte zufrieden noch einmal mit dem Finger gegen die Scheibe. »Doch. Wir nehmen lieber Einser, dann sind wir auf der ganz sicheren Seite. Einser hat auch die Kanzlerin in ihrem Sommerhaus in der Uckermark, und da brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.«
Bremer registrierte zufrieden, dass er sie mit dem bisschen Getue da hatte, wo
Weitere Kostenlose Bücher